Markus Dietschi ist Getreideproduzent in Selzach SO und hat zu den Brotgetreiderichtpreisen einen Blogbeitrag geschrieben, der auf viel Resonanz gestossen ist. Er erzählt, weshalb es ihm den «Nuggi rausgejagt» hat.
«Schweizer Bauer»: Sie haben einen Blogbeitrag zu den Brotgetreidepreisen geschrieben und publiziert, können Sie kurz zusammenfassen, um was es dort geht?
Markus Dietschi: Seit einigen Wochen werde ich als Ackerbauer immer wieder von Konsumenten auf den Anbau von Brotgetreide angesprochen. Für sie ist klar: In der aktuellen Krise sollten wir in der Schweiz so viel Getreide wie möglich anbauen, um nicht noch mehr vom Ausland abhängig zu sein. Nach den aktuellen Preisverhandlungen steht fest: Die Landwirte verdienen beim Getreideanbau trotz steigender Preise auf dem Weltmarkt und der massiv gestiegenen Produktionskosten weniger als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig hat der Bundesrat bereits dreimal das Zollkontingent bis aktuell 60’000 Tonnen angehoben. Die Schweiz kauft somit auf dem Weltmarkt Getreide ein, welches dann ärmeren Ländern fehlt. Anstatt mit einer fairen Preiserhöhung den Brotgetreideanbau in der Schweiz zu fördern, passiert genau das Gegenteil.
Können Sie das ausführen?
Die Preise für Lebensmittel sind in den letzten Jahren gestiegen, und in der gleichen Zeit erhielt der Landwirt immer weniger für seine Erzeugnisse. Man muss wohl nicht Hellseher sein, um zu wissen, dass die Mehrkosten durch den leicht höheren Produzentenpreis durch Verarbeiter und Handel an die Konsumenten weitergegeben werden. Wir Landwirte haben immer klargemacht, dass wir keinen Profit aus der Krise schlagen werden. Uns geht es lediglich darum, die Mehrkosten zu decken. Leider ist dies nun beim Brotgetreide nicht der Fall. Meine Enttäuschung über diese Richtpreiserhöhung kann somit kaum in Worte gefasst werden.
Wie sind Sie darauf gekommen, den Blog zu schreiben?
Ich habe vor rund 1,5 Jahren angefangen, meine Gedanken in Form von Blogeinträgen aufzuschreiben und auf meiner Homepage zu veröffentlichen. Den Blogbeitrag zum Brotgetreidepreis habe ich direkt nach der Publikation der Preise geschrieben. Es hat mir einfach den «Nuggi rausgejagt», als ich von dem Ergebnis der Verhandlungen erfahren habe. Ich bin wirklich sauer. Meiner Meinung nach ist das einer der grössten Fehlentscheide der letzten 20 Jahre.
Wie waren die Reaktionen auf Ihren Blog?
Ich habe einige Reaktionen und Kommentare erhalten, und der Beitrag hat sich ziemlich verbreitet. Ich hatte an einem Tag 16’900 Besucher auf meiner Seite. Ich möchte wirklich verstehen, weshalb die Verhandlungen so schlecht herausgekommen sind, und hatte auch ein Telefonat mit dem Präsidenten des Schweizerischen Getreideproduzentenverbandes (SGPV), Fritz Glauser.
Und?
Die Machtverhältnisse bei den Verhandlungen seien sehr einseitig, und der SGPV werde regelrecht von den Verarbeitern überfahren. Diese ungleiche Machtverteilung merkt man ja immer wieder, aber dieses Mal besonders eindeutig. Im September wird es Nachverhandlungen geben. Um den Anbau für nächstes Jahr zu fördern, ist das zu spät.
Wieso meinen Sie?
Mit der Richtpreisentscheidung von 3 bis 5 Franken ist ein Zeichen gesetzt worden, und zwar ein falsches. Wer will schon mehr Brotgetreide säen, wenn die Mehrkosten nicht einmal gedeckt werden? Ausserdem müssen wir jetzt das Saatgut bestellen und unsere Fruchtfolgen planen. Deshalb nützen die Nachverhandlungen nichts. Ich will auf keine Art und Weise den SGPV angreifen, es braucht den Verband, und er ist wichtig. Für mich ist die Situation als solche unverständlich und völlig inakzeptabel. Ich appelliere an die Machtseite bei diesen Verhandlungen. Ich hatte gedacht, dass sie aufgrund der heutigen Zeit mit Krieg in Europa Vernunft walten lässt.
Inwieweit sind Sie von den Brotgetreidepreisen betroffen?
Ich baue auf meinem Betrieb zwischen 10 bis 14 ha Brotgetreide und 5 bis 9 ha Futtergetreide an. Ich setze mich für die Anliegen der Landwirtschaft ein, weil es nicht nur mich betrifft, sondern die ganze Branche.
Können Sie irgendetwas dagegen machen, oder sind Sie im System gefangen?
Was wir machen können, ist rausgehen, uns an die Bevölkerung wenden und ihr die Situation erklären. Viele Leute aus der Bevölkerung wissen nicht, was da im Hintergrund abgeht. Ein Richtpreis von 8 Franken würde einen Schweizer Haushalt nur 5 Franken mehr kosten pro Jahr. In Anbetracht der aktuellen Weltlage gibt es keine plausible Erklärung für den tiefen Richtpreis, das tut einem richtig weh und ist lächerlich. Ich bin sicher, dass wir Landwirte in diesem Fall einen grossen Rückhalt von der Bevölkerung erhalten würden.
(Bild: zvg)
Wie erreichen das die Bauern?
Wir produzierenden Landwirte müssen auf die Bevölkerung zugehen, mit fundierten Gesprächen und Leserbriefen den Leuten in unserem Umfeld die Zusammenhänge erklären – nicht nur in Bezug auf den Brotgetreidepreis, sondern in allen Bereichen unserer Arbeit und Produktionsweise. Wenn jeder Landwirt das macht, wir uns gegenseitig wachrütteln und unseren Beitrag leisten, dann können wir etwas erreichen. Wir sind alle gefordert, um die Bevölkerung zu informieren und den Bezug zur Landwirtschaft wiederherzustellen, diese Aufgabe können wir nicht nur den Verbänden überlassen.
Was würden Sie sich wünschen?
Dass das Brotgetreide von der Fenaco und den Getreidezentren am Lager gehalten wird und man den Verkauf bis im September stoppt. Ich weiss, dass dies in der Theorie einfach tönt, aber in der Praxis schwierig umzusetzen ist. Aber es kann ja nicht sein, dass der Bundesrat noch vor der Ernte das Zollkontingent um weitere 20’000 Tonnen Getreide erhöht, welches zum Weltmarktpreis eingeführt werden kann. Die Erntemenge ist noch nicht mal bekannt, und trotzdem wird das Kontingent bereits erhöht. Das hat für mich das Fass zum Überlaufen gebracht. Das ist völlig daneben und darf nicht passieren. Das bedeutet nur eine zusätzliche Margenerhöhung für die Abnehmer.
Beenden Sie die Sätze:
Die Brotgetreidepreise sind … seit Jahren viel zu tief.
Brotgetreide ist … lebenswichtig.
Landwirtschaft ist … systemrelevant.
Die Schweizer Qualität kommt nicht an die ausländische ran. Aber man meint den Preis, nicht die Qualität !
Wir CH-Bauern liefernTop Qualität ! Leider auf kleinen Flächen, unsere Abnehmer müssen sehr unterschiedliche Posten weitergeben, Wenn ich 500g Brot kaufe, erhält der Bauer 50 Rp !!!
Das import wesen ist sowiso fragwürdig.
Bio, Demeter usw. Ergibt teilweise mehr
Getreide als beim konvenzionellem Anbau.
Man könnte überspitzt auch sagen:
Jede Hektar die nicht am Standort Optimum geführt wird, vergrössert den Hunger der Welt.
Damit sind IP Suisse, Bio, Demeter etc. mitverantwortlich am Hunger der Ärmsten in der Welt.
Aber die Beiträge die damit "erwirtschaftet" werden beruhigen das Gewissen ungemein.
Unsere "Gewerkschsaften" üben zuwenig Druck aus. Xylon hats angedeutet, das Getreide bunkern und abwarten. Vielen fehlt dazu wahrscheinlich die genügende Finanzierung um abzuwarten. Auf die Fenaco ist nicht immer Verlass!
Das " Zämestaa" fehlt oft.
Was wäre dann, das für eine Lösung um den Preis für Brotgetreide zu verbessern?
Adrian
Aber das müssten alle machen!!!!!!!!!!
Die Bauern haben verlernt zu kämpfen und zusammen zu stehen.
Hauptsache wir haben für alles und jeden einen Verband oder eine Organisation.
Ich frage mich nur wo sind sie und was machen sie mit unserem Geld???
Das ist das Problem, wie macht man das sogar SBV ist nicht unabhängig