Forscherinnen und Forscher des deutschen Fraunhofer-Instituts haben gemeinsam mit der TU Dresden ein Verfahren entwickelt, bei dem aus Molke wertvolles Ethylacetat in hoher Reinheit gewonnen wird. Dieses kann beispielsweise für die Herstellung umweltfreundlicher Klebstoffe verwendet werden und ersetzt damit das herkömmliche Ethylacetat aus fossilen Rohstoffen. Auch die aufwendige Entsorgung der bei der Molke-Verarbeitung entstehenden Melasse wird damit überflüssig.
In der Milchindustrie fallen täglich grosse Mengen Molke als Nebenprodukt an. Allein in Deutschland sind das Jahr für Jahr 12,6 Millionen Tonnen. So entstehen bei der Herstellung eines Kilogramms Käse beispielsweise neun Kilogramm Molke. Sie wird teilweise weiterverarbeitet, etwa zu Trinkmolke mit Fruchtzusatz oder anderen Mischgetränken. Trennt man die in der Molke enthaltene Laktose sowie die Proteine ab, lassen sich diese ebenfalls nutzen, etwa als Rohstoff in der Pharmazie oder auch in Babynahrung. Doch nach Abtrennung von Proteinen und Laktose bleibt eine Melasse zurück. Deren Entsorgung ist aufgrund des relativ hohen Salzgehalts äusserst aufwendig und teuer.
Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Hermsdorf (D) haben nun gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden ein Verfahren entwickelt, bei dem aus der Melasse wertvolles Ethylacetat (Essigsäureethylester) – ein farbloses Lösungsmittel – gewonnen wird. Dieses kommt vielfach bei der Herstellung von Klebstoffen, Druckfarben oder Lacken zum Einsatz und kann auch zur Reinigung von Oberflächen eingesetzt werden.
Bisher wird Ethylacetat aus Erdgas und Erdölderivaten erzeugt. Das Ethylacetat aus der Molke ist dagegen ein Produkt, das wegen seiner leichten mikrobiellen Abbaubarkeit den umweltschädlichen Lösungsmitteln deutlich überlegen und zudem unabhängig von den Preisschwankungen bei Erdgas und Erdöl ist. Ein weiterer Vorteil: Das von der TU Dresden und dem Fraunhofer IKTS entwickelte Verfahren macht die aufwendige Entsorgung der Melasse überflüssig. Das abgeschiedene Ethylacetat bietet einen hohen Reinheitsgrad von 97,5 Prozent und lässt sich damit ohne weitere Bearbeitungsschritte sofort als Rohstoff nutzen.
Fermentieren der Melasse und Trennung in der Membran
Der Trennungsprozess ist grundsätzlich nicht kompliziert. Im ersten Schritt wird die Melasse im Bioreaktor fermentiert. Der Reaktor wird dabei belüftet, um aerobe Bedingungen einzustellen. Es entsteht ein Gas-Dampf-Gemisch, das als Bestandteil Ethylacetat enthält. Dieses wird dann durch spezielle Kompositmembranen abgetrennt. «Als Abfallprodukt bleibt ein Gas-Wasserdampf-Gemisch zurück, das problemlos in die Umwelt abgegeben werden kann», sagt Dr. Marcus Weyd, Leiter der Gruppe Membranverfahrenstechnik und Modellierung.
Verwertungsmöglichkeiten für Melasse gesucht
Entstanden ist die Idee aus einer Initiative der Technischen Universität Dresden, die nach Verwertungsmöglichkeiten für die Melasse suchte und sich dabei an das Fraunhofer IKTS wandte. Das Team der TU beschäftigte sich mit dem Fermentationsprozess, das Fraunhofer-Team kümmerte sich um die Entwicklung und Optimierung der Membrantechnik. Das Deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat das Vorhaben im Rahmen Projektes AIF 20311 BR unterstützt.
Im nächsten Schritt wollen die Forscherinnen und Forscher die Grösse der Membranmodule skalieren, um so die Technologie für den industriellen Einsatz zur Verfügung stellen zu können.