Milch für Gruyère-Käse darf spätestens ab 2022 nur noch ohne Roboter gemolken werden. Der Antrag wurde klar gutgeheissen. Die Sortenorganisation will die Marke weiter stärken.
In einem landschaftlich reizvollen Ort trafen sich die Delegierten der Sortenorganisation Gruyère. St. Saphorin (VD) gehört zum Gebiet des Lavaux, welches wiederum zur Liste der Weltkulturerbe der Unesco gehört. Von hier stammt der bekannte Wein, aber nicht nur. Für den Gruyère hat der malerische Ort am Ufer des Genfersees historische Bedeutung.
Ohne Charta kein AOC
Denn in St. Saphorin wurde am 2. Juli 1992 die «Charte de Gruyère» unterzeichnet. Diese regelte, wo der Gruyère produzierte werden darf, aus welchen Inhaltsstoffen er sich zusammensetzt, wie er produziert wird und wie er zu reifen hat. «Ohne dieses Gründungsdokument gäbe es keine kontrollierte Herkunftsbezeichnung AOC in unserem Land. Und ohne dieses Dokument hätte die Sortenorganisation Gruyère nicht ihre gegenwärtige Form», betonte deren Geschäftsführer Philippe Bardet am vergangenen Montag.
Gegründet wurde die Sortenorganisation am 2. Juni 1997, zu den Produkten mit geschützter Herkunftsbezeichnung (AOC) gehört der Gruyère seit dem 12. Juli 2001. Die AOC-Mitgliedschaft habe dem Käse neue Perspektiven eröffnet.
Mehr Käse, weniger Bauern und Käsereien
Ein Jubiläum bietet die Möglichkeit, auf die Vergangenheit zurückzublicken. Vor 20 Jahren verarbeiteten noch 235 Käsereien Milch von 3500 Produzenten zu 19’800 Tonnen Gruyère. Heute hingegen beträgt die Produktionsmenge rund 29’000 Tonnen.
Die Anzahl Käsereien sank auf 172, die der Milchbauern auf 2300. Der Exportanteil an der Gesamtmenge erhöhte sich leicht von 36 auf 40 Prozent und betrug 2011 rund 11700 Tonnen. Knapp 90 Prozent der Produktion entfallen auf die Kantone Freiburg (50%), Waadt (30%) und Neuenburg (10%). Die Produktionsmenge wurde seit 2005 um lediglich 1000 Tonnen erhöht.
Sorgen im Gastrokanal
Das vergangene Jahr machte auch der Sortenorganisation Sorgen. Trotz eines sehr ungünstigen Wechselkurses sanken die Ausfuhren nur marginal. Wichtigste Märkte bleiben Deutschland, Frankreich und die USA. Der Start ins Exportgeschäft ist 2012, trotz Preiserhöhungen, gelungen. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Ausfuhren in den ersten fünf Monaten um 200 auf insgesamt 4556 Tonnen.
Und in den USA wird Milchverarbeiter Emmi nach der medialen Haue ab Mai 2013 keinen US-Gruyère mehr produzieren. Süffisant fügte Bardet an: «Die USA sind Champions im Liberalisieren, aber auch Champions im Protektionismus.»
In der Schweiz verliefen die Absätze im Detailhandel zufriedenstellend, betonte Oswald Kessler, Präsident der Sortenorganisation. Mehr Sorgen bereitet ihm die Substitution des Gruyère im Gastro- und Industriekanal durch billigen Importkäse.
Marke weiter stärken
Deshalb müsse der Gruyère als Marke weiter gestärkt werden. Es gebe einen Trend hin zu regionalen und handwerklich hergestellten Produkten. Deshalb gelte es, den Gruyère gegenüber industriell produzierten Käsen abzugrenzen. Hierbei seien sämtliche Akteure gefordert – Milchproduzenten, Käser, Affineure und Händler. Zudem soll der Schutz der Marke auf der ganzen Welt verstärkt werden. Seit dem 1. Dezember anerkennen die EU und die Schweiz AOC-Produkte gegenseitig.
Auch die Ausdehnung der Produktionsmenge müsse vorsichtig angegangen werden. Zuerst müssten Absatzmöglichkeiten gefunden werden, sagte Kessler. Im Herbst sollen Gespräche mit den interessierten Käsereien geführt werden.
Roboter werden verbannt
Die Delegierten stimmten an der Versammlung mit nur einer Gegenstimme dem Verbot für die Installation von neuen Roboter-Melkanlagen zu. Bisher wurde jeweils das Moratorium verlängert. Als Gründe wurden die Milchqualität sowie die Nichtvereinbarkeit mit dem Pflichtenheft angegeben. Jene neun Käsereimilchproduzenten, die momentan Roboter einsetzen, müssen diese bis zum 2.Juli 2022 ersetzen.