Zu Beginn des letzten Jahres ist das Projekt „Bio Speisesoja Schweiz“ mit dem Ziel ins Leben gerufen worden, die inländische Produktion und Verarbeitung von biologisch angebauter Soja zu fördern. Zur allgemeinen Überraschung war das Interesse seitens der Landwirte so stark, dass das Angebot vorübergehend grösser war als die Nachfrage.
Wenn im Zusammenhang mit Ernährung von Soja die Rede ist, geht es meistens um Tierfutter. In der Tat werden rund drei Viertel der weltweiten Sojaproduktion als Futtermittel verwendet, vorwiegend in der Aufzucht von Schweinen und Geflügel.
Schweiz unbedeutend
Fachleute preisen die Sojapflanze nicht nur als ökologisch wertvoll (weil viel weniger Dünger benötigt wird), sondern auch als eine der effizientesten Nutzpflanzen: Während pro Hektar Soja 400 kg an verwertbarem Protein gewonnen werden können, sind es beispielsweise bei Reis und Mais zwischen 250 und 300 kg und im Rahmen der Viehzucht sogar nur 50 kg Protein. Angebaut wird Soja zu 80 Prozent in Argentinien, Brasilien und den USA. Laut dem "Soja Netzwerk Schweiz" hat sich die Nachfrage nach Soja in den letzten 40 Jahren verfünffacht.
Im internationalen Vergleich spielt die Schweiz bis jetzt eine vernachlässigbare Rolle: Ihr Anteil an der Weltproduktion beträgt nur 0,001 Prozent, der Anteil am globalen Verbrauch bloss 0,1 Prozent. Schon im Jahr 2004 erkannten Coop und WWF aber die Problematik des aufkommenden Soja-Booms und riefen die "Basler Kriterien" ins Leben, die einen nachhaltigen Sojaanbau zum Ziel hatten. Die Weiterentwicklung dieser Vereinbarung führte 2016 zur Gründung des Vereins "Soja Netzwerk Schweiz" mit 19 Gründungsmitgliedern.
Ökologisch produziertes Futtermittel
Im Vordergrund stand anfänglich das Bemühen, der massiven Abholzung lateinamerikanischer Regenwälder zu Gunsten riesiger Soja-Plantagen etwas entgegenzusetzen und generell eine ökologisch und sozial vertretbare Produktion zu fördern. Das vorrangige Ziel bestand darin, beim Import den Anteil an verantwortungsbewusst produzierter Soja markant zu erhöhen - ein Ziel, das im Jahr 2016 mit einem Anteil von 99 Prozent erreicht wurde.
Soja als Nahrungsmittel für Menschen spielte anfänglich keine grosse Rolle in der Schweiz. Soja pur war in den Lebensmittelgeschäften höchstens anzutreffen in Form von Sojasprossen, darüber hinaus fand es als Öl oder Sojaschrot Eingang als Bestandteil beispielsweise von Margarine, Mayonnaise oder Backwaren.
Soja auf dem Speiseplan
Auf den Speiseplan kam reines Soja erst später in Form von Tofu ("Bohnenquark"), insbesondere nachdem die vegetarische Küche in breiten Kreisen salonfähig geworden war. Tofu wird aus Sojabohnen hergestellt, die zu Sojamilch verarbeitet werden; diese wird anschliessend in entwässerter Form zu festen Blöcken gepresst, ähnlich dem Verfahren zur Herstellung von Käse aus Milch.
Mit wachsender Popularität der fleischlosen Ernährung wurde die Nachfrage nach Soja-Produkten immer grösser und hat gegenwärtig mit der Attraktivität einer veganen Lebensweise einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Seit einigen Jahren erfreuen sich zudem landwirtschaftliche Erzeugnisse aus biologischem Anbau einer gesteigerten Beliebtheit, auch hat die Zahl der Menschen zugenommen, die glauben oder wissen, dass sie an einer Laktose-Intoleranz leiden und deshalb auf tierische Milchprodukte verzichten. Aus diesen Gründen lag es auf der Hand, den verschiedenen Bedürfnissen der Kundschaft entgegenzukommen.
Hohe Standards in der Schweiz
Soja wird auf rund sechs Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut und ist einer der meistgehandelten Rohstoffe. Im Jahr 2014 wurden weltweit rund 312 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet, hauptsächlich in Argentinien, Brasilien und den USA. Grösste Importeure von Soja sind China die EU, die zusammen mehr als 66 % der gehandelten Sojamenge einführen.
Weitaus der grösste Teil der Soja-Produktion stammt von gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Von den drei Hauptlieferanten bietet nur Brasilien grössere Mengen gentechfreier Soja an, ausserdem wird solche auch aus Europa importiert, hauptsächlich aus der Donau-Region. In der Schweiz muss gentechnisch verändertes Futtermittel deklariert werden. Schon heute aber sind 99 Prozent der in die Schweiz importierten Soja für Futtermittelzwecke gentechfrei und entsprechen den Standards des Soja-Netzwerks Schweiz; verschiedene Programme wie IP-Suisse, Naturafarm und Bio Suisse/Knospe verlangen eine Tierfütterung garantiert ohne GVO. ml
Ganze Wertschöpfungskette in der Schweiz
Anfang 2016 schlossen sich deshalb verschiedene Akteure zusammen, um den biologischen Anbau von Soja in der Schweiz zu fördern und die Palette von Sojaprodukten zu erweitern. Zu den Zielen gehörte auch die Züchtung neuer Sorten. Soja weist den Vorteil auf, dass fast kein Dünger benötigt wird, weil die Pflanze ihren Bedarf an Stickstoff zu zwei Dritteln selber deckt.
Umgekehrt ist das Unkraut nach wie vor ein grosses Problem im Anbau von Bio-Soja, da die Handarbeit die Anbaukosten stark in die Höhe treibt. Zwar hat die Forschungsanstalt Agroscope seit 30 Jahren wertvolle Arbeit geleistet, um Sorten zu züchten, die auch im schweizerischen Klima gedeihen, doch mit Blick auf den Anbau nach biologischen Grundsätzen "wird die Anbautechnik noch weiter optimiert werden müssen", so Co-Projektleiter Matthias Klaiss vom FiBL.
Das vor gut einem Jahr vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) ins Leben gerufene Projekt "Bio Speisesoja Schweiz" wird vom FiBL koordiniert und finanziell unterstützt von Bio-Suisse und dem Coop-Fonds für Nachhaltigkeit. Das Ziel besteht darin, die ganze Wertschöpfungskette für Bio-Speisesoja in der Schweiz zu optimieren, von der Züchtung, Sortenprüfung, Saatgutvermehrung und Anbauberatung bis hin zur Produkteentwicklung und zum Verkauf im Detailhandel.
Bio-Soja nicht nur für Tofu
Aufgrund der starken Nachfrage nach Bio-Soja konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Landwirte innert kurzer Zeit genügend biologisch angebaute Soja würden liefern können, doch schliesslich war das Gegenteil der Fall.
"Aufgrund erfreulich gestiegener Anbauflächen und einer guten Ernte im Jahr 2016 steht zurzeit eine grössere Menge an Speisesoja zur Verfügung, als nachgefragt wird", stellt Lukas Inderfurth von Bio-Suisse fest. Es wurde deshalb beschlossen, die Anbaufläche im laufenden Jahr vorübergehend zu reduzieren, doch ab 2018 soll die Fläche wieder vergrössert werden, auch in der Annahme, dass Bio-Soja schon bald nicht nur zur Tofu-Verarbeitung, sondern auch für andere Soja-Produkte verwendet werden kann.
Angebot in der Schweiz grösser als Nachfrage
Laut Coop-Mediensprecherin Andrea Bergmann "prüft Coop derzeit, in welchen Produkt-Bereichen noch Potential für einheimisches Soja besteht." Insgesamt zeigt sich Coop mit der der Entwicklung des Projekts "sehr zufrieden". Aufbereitungsstelle für die Bio-Soja-Ernte ist die Mühle Rytz in Biberen BE. Gegenüber dem LID bestätigt Verwaltungsratspräsident Peter Rytz, dass ab dem Jahr 2015 die Produktion von biologisch angebauter Soja in der Schweiz schneller gewachsen ist als die Nachfrage.
Da aber davon ausgegangen werden dürfe, dass Schweizer Bio-Soja künftig auch für andere Produkte verwendet werden könne, geht auch Rytz davon aus, dass die Anbaufläche im kommenden Jahr wieder auf insgesamt 300 ha vergrössert werden wird. Die Bio-Bauern jedenfalls seien bereit. Zu einer gesteigerten Produktion werde gewiss auch der anhaltende Trend zu einer vegetarischen oder veganen Ernährung beitragen.
Soja - eine effiziente Nutzpflanze
Soja ist eine der wichtigsten und effizientesten Nutzpflanze weltweit. Die relativ günstigen Produktionskosten und hohen Proteinwerte sowie ihre Eiweisszusammensetzung erlauben eine vielseitige Verwendung. Soja wird als Tierfutter, aber auch für Kosmetik, Druckfarben, Plastik sowie als Agrartreibstoff verwendet. Rund 75 % der weltweit produzierten Soja wird für die Nutztierfütterung eingesetzt. In verarbeiteter Form wird Soja aber auch immer wichtiger als Bestandteil der menschlichen Ernährung: Eine Sojabohne besteht zu 34 Prozent aus Protein und zu 18 % aus Fett. Sie enthält ausserdem einen Anteil von 22 % an Ballaststoffen sowie eine Anzahl wichtiger Vitamine und Mineralien. ml