Wer sich in der Adventszeit in Dänemark umsieht, könnte meinen, im Weihnachtswunderland zu sein. Die Dänen feiern die schönste Zeit im Jahr mit viel Herzblut und verrückten Traditionen. Alle Jahre wieder kürt ein UNO-Bericht die Dänen zum glücklichsten Volk der Welt. Und hat Recht.
Die temperament- und humorvollen «Italiener des Nordens» wissen, wie man das Leben geniesst. Sogar im Winter, wenn es draussen nicht nur bitterkalt ist, sondern auch um vier Uhr nachmittags dunkel wird. Dann zünden sie drinnen in der Stube eben ein paar Kerzen mehr an und machen es sich «hyggelig» (etwa: gemütlich).
Nur die Vorweihnachtszeit kann die Dänen noch glücklicher machen, als sie es ohnehin schon sind. Ein kleiner Streifzug durch ihre Weihnachtstraditionen:
FEIERN: Wer in der Adventszeit nicht mindestens zu vier «Julefrokost»-Feiern eingeladen ist, hat etwas falsch gemacht. Viele Dänen planen ihre Adventswochenenden akribisch nach den jeweiligen Brunch-Feiern mit Freunden, im Büro oder im Sportverein. Auf den Tisch kommen deftige Speisen im Überfluss, Hering und Braten, und obwohl es viel Smørrebrød gibt, ist die Grundlage nie solide genug. Denn schon vor dem ersten Gang haben für gewöhnlich die ersten beiden Gläschen «Akvavit» den Magen erreicht. Dies artet wenige Stunden nach Beginn in exzessives Tanzen und Sich-in-den-Armen-Liegen aus.
GEMÜTLICHKEIT: Das Wort «hyggelig» taucht immer dann auf, wenn ein Däne etwas Schönes, Nettes oder Gemütliches beschreibt - also ständig. Nicht nur ein Abend bei Freunden kann «hyggelig» sein, sondern alles: eine Urlaubsreise, ein Mensch oder ein gutes Buch. Das Substantiv dazu ist die «Hygge» - und für die Weihnachtszeit gibt es einen extra Begriff: «Julehygge», die Weihnachtsgemütlichkeit.
GLÜHWEIN: Heisst Gløgg und wird in verschiedenen Stärken und Geschmacksrichtungen ausgeschenkt und mit Apfelkrapfen serviert, um die «Julehygge» zu fördern. Meistens drin sind Mandeln und Rosinen. Hilft gegen kalte Füsse und wird wie in Deutschland bevorzugt auf einem der vielen Weihnachtsmärkte getrunken.
KALENDER: Nicht nur der klassische Adventskalender mit Schokolade wird in der Vorweihnachtszeit verschenkt. Eine Weihnachtskerze mit 24 Zahlen darauf muss bis Heiligabend heruntergebrannt sein. Im Fernsehen werden etliche «Julekalender» ausgestrahlt - Weihnachtsserien mit 24 Folgen, (nicht nur) für Kinder.
KERZEN: Werden nicht nur im Winter zu jeder Gelegenheit angezündet, um es «hyggelig» zu machen, aber vor allem dann. Ein dänisches (Design-)Wohnzimmer ohne Kerzenlicht ist keins.
RADFAHREN: Ist im Winter in Dänemark durch Schnee, Eis und noch mehr Wind als sonst entschieden anstrengender, beugt aber fiesen Erkältungen vor und schützt vor Winterspeck, hervorgerufen nicht nur durch «Julefrokost»-Feiern, sondern auch durch:
WEIHNACHTSBIER: Der erste Freitag im November ist in Dänemark ein Festtag - der «J-Dag». Dann rollen Tausende blauer Tuborg-Lastwagen durch das Land und bringen das sehnsüchtig erwartete Weihnachtsbier («Julebryg») in die Kneipen. Obwohl es nur zehn Wochen im Jahr erhältlich ist, ist es nach Angaben der Carlsberg-Gruppe eins der meistverkauften Biere in Dänemark. Seit 1990 feiern die Dänen seine Ankunft wild. Weil früher am Tag darauf zu viele Klassenräume und Büros leer blieben, wurde der Saisonstart 2003 auf Freitag verlegt.
WEIHNACHTSPARADE: In der dänischen Kleinstadt Tønder (deutsch: Tondern) direkt an der Grenze zu Deutschland beginnt die Weihnachtszeit mit einer Parade. Dutzende Weihnachtsmänner und -frauen sowie Nissen - kleine dänische Wichteln - ziehen dann durch die Strassen. In Tønder war 1993 der erste Weihnachtsmarkt Dänemarks nach skandinavischen Traditionen entstanden. Inzwischen gilt sie bei den Dänen als die Weihnachtsstadt schlechthin.


