Das revidierte Jagdgesetz zielt laut den Gegnern daneben. Statt einer vernünftigen Regelung für den Umgang mit dem Wolf habe das Parlament einen «völlig unverständlichen Angriff auf zahlreiche Arten geschützter Tiere» verabschiedet.
Das von Umwelt- und Tierschutzorganisationen ergriffene Referendum unterstützen Parlamentarier aus verschiedenen politischen Lagern. Am Montag präsentierten Vertreterinnen und Vertreter von SP, FDP, Grünen, GLP und EVP ihre Argumente gegen die Vorlage.
«Es ist eine schlechte Revision», urteilte Nationalrat Christophe Clivaz (Grüne/VS) vor den Bundeshausmedien. Sie biete keine Antwort auf die anerkannten Herausforderungen im Umgang mit dem Wolf. Es gehe ihm nicht darum, die Bedürfnisse der Stadt- und der Landbevölkerung gegeneinander auszuspielen. Dass selbst viele Förster und Jäger gegen das Gesetz seien, zeige, dass das Jagdgesetz missraten sei.
Herdenschutz stärken
Im Kampagnen-Logo des Nein-Komitees steht ein Luchs im Fadenkreuz. Dieses Wildtier sei bei einem Ja ebenso potenziell vom Abschuss bedroht wie der Biber, der Höckerschwan, der Graureiher, der Wolf und der Fischotter, sagte der Solothurner FDP-Nationalrat Kurt Fluri.
Ein präventiver Abschuss - ohne dass sich Volk und Parlament dazu äussern könnten - gehe ihm gegen den Strich. Vielmehr sei auch die Landwirtschaft gefordert, sich im Umgang mit Wildtieren «clever» anzupassen. Dazu gehörten etwa wirksame Herdenschutzmassnahmen. Die öffentliche Hand könnte solche mitfinanzieren. Tierhalter bleiben gemäss Fluri auf der Hälfte der Mehrkosten sitzen. Vielerorts komme Nachlässigkeit und Unwissen dazu, führte er aus.
Dem Herdenschutz fehle die starke Lobby der arrivierten Bauernverbände, so die Gegner. «Statt sich für die Interessen der Älpler einzusetzen und den Herdenschutz wirklich auf allen Ebenen zu stärken, versuchen die Bauernverbände ein missratenes Jagdgesetz als Lösung zu verkaufen», sagte Kurt Fluri (SO) dazu. Ihn stört zudem, dass die blosse Vermutung, Tiere könnten einen Schaden anrichten, und sogar ohne dass dieser besonders gross sein müsste, künftig schon einen Abschuss rechtfertigen soll.
«Verfassung verletzt»
Wirkten die Schutzmassnahmen nicht, könnten die Kantone schon heute über den Abschuss von einzelnen Wölfen und anderen Tieren, die Schaden anrichten, entscheiden, argumentierte die Tessiner Nationalrätin Greta Gysin (Grüne). Es brauche aber die Zustimmung des Bundes. «Der Jagdverband meint aber, ein Recht zu haben, aus Spass zu töten.»
Die Schweiz riskiere «einen grossen Rückschritt», sagte auch die Waadtländer GLP-Grossrätin Claire Richard. Laut dem Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch wird mit der Revision des Jagdgesetzes die Verfassung verletzt. Mit der vorliegenden Revision erfolge eine Kompetenzverschiebung vom Bund zu den Kantonen. «Der Bund hätte bei einem Ja nur noch ein Recht auf Anhörung.»
Jositsch befürchtet künftig ein «Wirrwarr des Schutzniveaus bedrohter Tierarten». Je nach Gusto der Kantonsregierung könnten sogenannte Bestandsregulierungen auch zur blossen Verhütung von Schäden bewilligt werden. Es genüge also eine bloss mutmassliche Schädigung, ohne dass diese besonders gross sein müsste.
Zweiter Anlauf notwendig
Im Entwurf der entsprechenden Jagdverordnung schreibt der Bundesrat, dass Wölfe nur in der Nähe von Siedlungen oder Schafherden geschossen werden dürften. Generell müssten die Kantone gegenüber dem Bund vorgängig begründen, weshalb Abschüsse erforderlich seien. Dabei müssten sie die Verhältnismässigkeit wahren.
Die Verschlechterung beim Schutz der Wildtiere im revidierten Gesetz könne die Verordnung aber nicht korrigieren, sagte Nationalrat Nik Gugger (EVP/ZH). Das Parlament habe einen «völlig unverständlichen Angriff auf zahlreiche Arten geschützter Säugetiere und Vögel» lanciert. Er machte klar: «Niemand würde sich gegen ein Gesetz mit Augenmass stellen.»
Das revidierte Gesetz erlaubt den Kantonen unter bestimmten Bedingungen, Wolfsrudel vorausschauend zu regulieren. Damit hat das Parlament auf die wachsende Zahl von Wölfen reagiert. Der Wolf bleibt aber auch mit dem revidierten Jagdgesetz eine geschützte Tierart und darf nicht gejagt werden. Die Rudel bleiben erhalten.
Nicht zulässig wäre gemäss Bundesrat beispielsweise der Wolfsabschuss, wenn sich die Rudel fernab von Siedlungen oder Schafherden aufhalten. Generell müssten die Kantone gegenüber dem Bund vorgängig begründen, weshalb Abschüsse erforderlich seien. Dabei müssten sie die Verhältnismässigkeit wahren. Weiter sind die Kantone in Gebieten mit Wolfsrudeln verpflichtet, die Bauern über Massnahmen zum Schutz von Herden informieren. Ziel der Regulierung sei es, dass die Rudel ihre natürliche Scheu behalten und Siedlungen fernbleiben.