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Hier sind Fleiss und Unternehmertum gefragt

Tamara und Adrian Steinmann sind mit ihren zwei Töchtern vom Bauernhof im Neuenburger Jura auf einen Betrieb an der Ostküste Kanadas gezogen. Für die Erfüllung ihres Traums sind Anpassung und harte Arbeit gefragt.

Susanne Künsch |

Es ist zehn  Uhr morgens auf der «Ferme Gerise» im kanadischen Quebec. Sechs Stunden hinter der Schweizer Zeit. Adrian Steinmann musste noch Kälber verladen, dann hat er Zeit für ein Interview, denn die Tage sind lang auf der 100 Hektaren grossen Farm mit zusätzlich 25 Hektaren Pachtland und 85  Kühen.

«Der Ertrag muss stimmen»

«Hier gibt es kein Kässeli für Landwirte, hier ist Unternehmertum im wahrsten Sinn des Wortes gefragt», sagt der Neo-Kanadier. Die Wirtschaftlichkeit der Farm werde regelmässig und knallhart vom Banker kontrolliert. Und Steinmann weiter: «Man muss gut rechnen können, und der Ertrag muss stimmen, wer mit dem nicht klarkommt, ist hier am falschen Platz.» Anders als in der Schweiz arbeite man jedoch mit Bankern zusammen, die sich in der Landwirtschaft auskennen würden.

Die Steinmanns, die die Farm erst in zwei Jahren kaufen können und vorerst als Betriebsleiter agieren, können für das erste Jahr sehr gute Zahlen vorweisen. «Obwohl wir manchmal nicht weiterwussten, viel mehr Vieh und Arbeit zu bewältigen hatten – wir sind ehrgeizig und proaktiv und wollen Probleme lösen und erfolgreich sein», sagt die 42-jährige Tamara Steinmann-Hess. Sie wisse aber auch, dass sie das Projekt Auswandern ohne einen verlässlichen Partner, auf den man Hundertprozent zählen könne, nie in Angriff genommen hätte.

Deponie als Startschuss

Vor dem Abenteuer Kanada betrieben die Steinmanns mit viel Elan einen Betrieb mit Gruyère-Milch in Le Cerneux-Péquignot NE im Brévine-Tal. Wäre da nicht eine geplante Aushub und Bauschuttdeponie angrenzend an seinen Betrieb gewesen. Dazu der 44-jährige Landwirt: «Die Vorstellung, für unsere Kinder an einem solchen Ort etwas aufzubauen, stimmte für uns nicht.» Ein Bekannter der Familie, der bereits nach Kanada ausgewandert war, machte den Vorschlag, sich doch in Kanada nach einer geeigneten Farm umzusehen. 

Tunnel bedroht Existenz

Für den Bauschutt, der durch die Tunnelumfahrung in Le Locle anfallen wird, soll eine neue Deponie geschaffen werden. Betroffen von dem Projekt wäre auch Steinmann gewesen. Insgesamt drei Millionen Tonnen Bauschutt müssen während der geplanten Projektphase von 2025 bis 2030 verschoben werden. Adrian Steinmann, der seine Felder unmittelbar neben der geplanten Baudeponie hat, sah dadurch seine Existenz bedroht. Er befürchtete, dass die Emissionen der Baugrube seine Futterproduktion gefährden werden.-> Den ganzen Artikel gibt es hier

«Wir machten ein Inserat im Holsteinheft von Quebec und erhielten sehr viele Antworten.» So reiste die Familie im Sommer 2022 nach Kanada, um sich nach einem geeigneten Betrieb umzusehen. Gar nicht so einfach, wie sich 6000 Kilometer später herausstellte. Nur so viel von Adrian Steinmann: «Es waren keine Ferien!»

Schwerer Abschied

Für die 14-jährige Julia und die 9-jährige Laura brachte der Wechsel in ein anderes Land naturgemäss viele Änderungen mit sich. Tamara Steinmann erinnert sich: «Der Abschied von unseren Kühen im Brévine-Tal war tränenreich und einschneidend für die Kinder. Bis heute haben sie zu unseren Kühen hier in Quebec keinen gleichwertigen Bezug gefunden.» Worauf die Eltern aber besonders stolz sind: Die Kinder konnten ohne Schuljahrverlust, wie das oft der Fall ist bei einem Landeswechsel, nahtlos auf dem vorherigen Niveau weitermachen.

Inzwischen hätten sich die Kinder gut integriert, fast schon besser, als dies im Brévine-Tal der Fall gewesen sei, so Adrian Steinmann. Einen Sprachvorteil hatten die Kinder bereits, denn sie sind zweisprachig aufgewachsen. Zum Leidwesen des Vaters, der sich wohl oder übel das «français québécois» noch aneignen musste, wie er lachend zugibt.

Kein Wilder Westen

Obwohl die Weite und schiere Grösse des Landes beeindrucken, ist Kanada schon lange kein Wilder Westen mehr. «Die Zeiten, in denen man hier einfach Wald roden konnte, sind schon lange vorbei. Im Gegenteil, auch hier gibt es auf den Betrieben die blaue Kontrolle, und die ganze Gesetzgebung ist nicht weniger straff als in der Schweiz», hält der Landwirt fest. Nur allein die ganze Administration rund um die Immigration sei manchmal langwierig und schlichtweg überfordernd. So arbeiten die Steinmanns mit Immigrationsanwälten zusammen, die den ganzen Prozess unterstützen.

Die Auflagen, gerade in Quebec, sind streng, offenbar strenger als weiter westlich in Alberta, weiss Steinmann. Zudem habe Kanada letzthin die Immigrationsauflagen zusätzlich verschärft. So heisst es für die Familie Steinmann, noch einige Zeit durchzuhalten auf der «Ferme Gerise», bis die zweijährige Frist, die verstreichen muss, bevor die Farm gekauft werden kann, abgelaufen ist. Vorläufig dürfen auch keine Investitionen auf dem Betrieb getätigt werden, und der bisherige Besitzer müsste immer präsent sein auf dem Betrieb, mit Betonung auf «müsste».

Auf ein Glas

Was denn nun am meisten vermisst werde? Da braucht es offenbar keine lange Überlegung, denn wie aus einem Munde: «Die Kulinarik». Schweizer Schokolade, Käse und Wein. Tamara Steinmann träumt von einem feinen Schweizer Cordon bleu. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und so erstaunt es wenig, dass ein guter Schwatz mit Freunden bei einem guten Glas Wein vermisst wird.

«Die Frauen auf den anderen Betrieben verstehen, dass man wenig Zeit hat, um Beziehungen zu pflegen. Auch wird hier weniger als in der Schweiz von typischer Frauenarbeit oder typischer Männerarbeit gesprochen», hält Tamara Steinmann fest. Die Kanadier seien grundsätzlich offen, hätten aber natürlich nicht dieselbe Mentalität wie die Schweizer.

Kommentare (21)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Guzi | 10.03.2025
    Wünsche der Familie Steinmann viel
    Glück in Kanada .Hätte gerne eine Adresse oder E-Mail von der Familie um ihnen in Kanada zu helfen das Sie es schaffen den Hof zu kaufen.
  • Christian | 11.02.2025
    Wer noch nie in der Fremde gearbeitet und gelebt hat kann das vielleicht nicht nachvollziehen. Mein Motto war stets "Du musst lernen mit anderen Augen zu denken " will heißen: Iedes Land und Region hat seine Eigenheiten. Du kannst nicht deinen gewohnten heimischen Standard 1 zu 1 anwenden oder umsetzen. Veränderungen brauchen Zeit. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, es braucht Mut, Können und Ausdauer und wenn Du die richtigen Menschen an Deiner Seite hast kannst Du viel erreichen und glücklich sein. Ich wünsche den Steinmanns weiterhin toi toi toi und habt Sorge zu einander, Ihr seid ein tolles Team.
  • Harald Reist | 09.02.2025
    Wir wuenschen der Familie Steinmann alles Gute fuer die Zukunft. Wir hatten vor 32 Jahren in Nova Scotia einen Mutterkueh Betrieb uebernommen und leben nun als Rentner immer noch in Nova Scotia. Die Schweiz ist fuer uns keine Option mehr.
  • Conny | 25.01.2025

    Die armen Tiere (Milchkühe) eingesperrt ohne Auslauf ein Leben lang keine Wiese keine Sonne keine frische Luft einfach screcklich... Darauf kann man nicht stolz sein!!! Ich habe nicht gewusst das es in Canada noch solche Haltungsformen gibt! Bin echt schockiert mein Tierherz weint😢Hoffe die Steinmanns ändern alles zum Guten für die Tiere...

  • René | 24.01.2025
    Ich habe so meine Bedenken. Sie können erst in zwei Jahren kaufen und investieren bereits jetzt schon so viel. Als Bauer ist der Kanadier vielleicht eine Niete aber er könnte sehr verschlagen sein und mit dem Vertrag und dem Kaufpreis so lange warten, bist die CH-Familie nicht mehr anders kann. Zu viel in den Betrieb investiert, Kinder haben Freunde gefunden usw. Diverse Abhängigkeiten eben. Ich hoffe, es kommt gut.
  • Bergler | 19.01.2025
    Verlass in der Partnerschaft ist fundamental! Weiter so👍🏻
  • Ylenia | 19.01.2025
    Kühe eng in Stall und völlig dreckig der eigenen Extremente - nennt dies normal! Die armen Seelen.. ausgebäutet für die Menschen… VEGAN FÜR DIE TIERE♥️
  • Ueli Stucki | 18.01.2025
    So viel unwissen im Bezug auf die Landwirtschaft in diesen Kommentaren traurig.
    Noch schlimmer ist der NEID der Berufskollegen. Viele hätten nicht den Mut so etwas zu Riskieren aber wenn man den Betrieb von PAPI zum einfachen Ertragswert übernehmen kann oder etwas Bauland verkaufen konnte ist es einfach über Leute herzuziehen die etwas Riskieren .Das kenne ich. Neid ist nicht die schönst ,aber grösste Art der Anerkennung!!! Ich wünsche Steinmanns viel Glück und Erfolg in Canada!
    • Sandra | 18.01.2025
      Ueli Stucki hat vollkommen recht. Ich wünsche Familie Steinmann ganz viel Glück! Sobald der Betrieb ihnen gehört, wird es auch einfacher und ruhiger werden. Es ist auf jeden Fall nicht einfach, wenn sie angestellt sind und noch nicht selber wirklich entscheiden können.
  • Jakobli | 18.01.2025
    Wenn Steinmann zum Besten gibt, dass es in Kanada keine Kässeli gebe, dann ist er noch nicht ganz dort angekommen. Sehr wohl wird die Milchproduktion stark unterstützt! Und zwar ist der Milchpreis nur dank Staatshilfe so hoch...
  • Bürki Fritz | 18.01.2025
    Die Kühe das ganze Jahr im Stall... eine Schande. Und noch eine große Klape im TV.
  • Verena | 18.01.2025
    Das ist so traurig zu sehen dass diese Kühe immer still stehen müssen obschon sie doch vier Beine haben. Traurig wie Menschen das als normal anschauen. Bitte Familie Steinmann ändert das sofort und alle andern Bauern auch die so etwas zulassen.
    • Ketzer | 18.01.2025
      In der Schweiz würde man ein Tier Halteverbot aussprechen.
      Und trotzdem werden hier alle Milchbauern als Tierquäler bezeichnet
  • sandra | 18.01.2025
    Das ganze Jahr sind diese Kühe im Stall angebunden.
    Können sich nicht bewegen und haben keinen Auslauf.
    Wie vereinbart ihr das mit eurem Gewissen? Oder habt ihr gar keines? Würdet ihr euch und eure Kinder auch das ganze Jahr über eingesperrt halten? Jahr für Jahr?
    In der heutigen Zeit, sollte das verboten sein.
    Stellt um und zwar am Besten auf einen Gnadenhof.
    Die Kühe sind für euch nur Produktionsmaschinen!
    • trix | 08.02.2025
      die steinmanns weden, sobald die Farm ihnen gehört, vieles ändern. ist jetzt schon viel sauberer und den tieren geht es besser
  • Bauer mit Familie | 18.01.2025
    War schon in der Schule einer der alles besser wissen wollte und rechthaberisch sowie arrogant.
    Danach als Berater tätig.
    Ich kann mir gut vorstellen dass er in ein paar Jahren zurück ist und sagt da es Behörden technisch nicht geklappt hat.........
    • Martin Wolf | 18.01.2025
      Neid?
    • Helena | 18.01.2025
      Den Neid muss man sich wohl auch verdient haben...?
    • Tierbetrieb | 18.01.2025

      Scheint was dran zu sein.


      Töchter und Ehefrau sind am arbeiten und hält einen Schwatz .....


      Jaja war bei der Kunz kunath als Vertreter/Berater unterwegs. Und die anderen schauten zum Hof??? Oder wie kann man sich das vorstellen?

  • Ketzer | 18.01.2025
    Eine tolle Tochter haben die!
  • Gesunder Menschenverstand | 17.01.2025
    Mit so dreckigen Kühen wie im ersten Bild wäre man in der Schweiz schon mit einem Bein im Gefängnis.
    Nichts für Ungut, viel Glück in Kanada.
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