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„Höherer Milchpreis statt Dividende“

Viele Bauernfamilien mit Milchwirtschaftsbetrieb sind verzweifelt. Nun bringt sich der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) ein. Dieser zeigt nicht einfach auf die Politik, sondern appelliert an Verarbeiter und Detailhändler.

Daniel Salzmann |

 

 

Viele Bauernfamilien mit Milchwirtschaftsbetrieb sind verzweifelt. Nun bringt sich der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) ein. Dieser zeigt nicht einfach auf die Politik, sondern appelliert an Verarbeiter und Detailhändler.

An den Milchgipfel von vergangenem Freitag in Bern waren auch die Bäuerinnen und Landfrauen eingeladen. Bäuerin Liselotte Peter aus Kefikon TG, verheiratet mit Nordostmilch-Verwaltungsrat Ernst Peter, redete der versammelten Elite der Milchbranche ins Gewissen. In ihrem Statement, das dem „Schweizer Bauer“ vorliegt, sagte sie: „Viele Bauernfamilien mit Milchwirtschaftsbetrieb stehen vor dem Abgrund!“ 

Währung ist nur ein Feigenblatt

Laut Peter geht es nicht nur um den Kleinbetrieb mit 15 Kühen, der mit dem Milchzahltag kaum die anstehenden Betriebsrechnungen zahlen, geschweige denn vom Milchgeld leben könne. „Nein, es geht auch um grosse, gut geführte, initiative Betriebe, die dem Ruf (Ihrem Ruf!) gefolgt sind, arbeitseffiziente, tierhaltungsgerechte, grosse Betriebe aufzubauen. Genau diese Betriebe sind aufs stärkste in Gefahr!“, so Peter.

Peter machte klar: „Politische und währungspolitische Schwierigkeiten sind nur ein Teil der ganzen Malaise und dürfen auf keinen Fall als Feigenblatt für andere Gründe hinhalten. Der ungenügende Milchpreis ist kein heutiges Problem, es hat sich einfach stark akzentuiert.“ Damit nahm Peter die von der Branche gerne vorgebrachten Verweise auf den Wechselkurs Franken-Euro, das Russland-Embargo sowie das Ende der EU-Quote auf und machte klar, dass die Milchpreise schon seit Jahren zu tief sind – wenn es darum geht, dass der Milchproduzenten auf einen vergleichbaren Stundenlohn kommt und neue Ställe aus der Milchproduktion selbst finanzieren kann. Für Peter ist deshalb klar: „Es muss sofort etwas passieren!“

Zielkonflikte bei Ämterkumulationen

Mit ihren Lösungsansätzen trat Liselotte Peter dem einen oder anderen anwesenden Molkerei-, Verbands- oder Politikboss bildlich gesprochen ans Schienbein. Sie sagte etwa: „Bei Neubesetzungen innerhalb der Branche: Setzt klare Massstäbe bezüglich Ämterkumulierung, um glaubwürdig zu bleiben.“ Namen hat Peter keine genannt.

Aber gut möglich, dass sie an die fünf Molkerei-Verwaltungsräte im SMP-Vorstand gedacht hat. Von den Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) etwa sitzen beide Vertreter im SMP-Vorstand gleichzeitig im Emmi-Verwaltungsrat. Das kritisierten alt SMP-Präsident Peter Gfeller (der die Milchproduktion aufgegeben hat) und alt SMP-Direktor Albert Rösti (mittlerweile SVP-Parteipräsident) schon vor Jahren, als sie unter Protest zurücktraten.

Emmis Rekordgewinn im Visier

Dann richtete sich Peter an die Verarbeiter: „Verteilt in dieser kritischen Zeit die Gewinne auf alle Marktpartner. Zahlt Gewinne nicht in Dividende aus, sondern in Form eines höheren Milchpreises.“ Schon vorher hatte sie gesagt: „Rekordgewinne bei den einen haben in diesen Zeiten nichts zu suchen, denn sie sind auf dem Buckel der anderen Partner entstanden!“

Damit zielte sie auf die grösste Schweizer Molkerei Emmi, die im Jahr 2015 einen Rekordgewinn erzielt und die Dividende erhöht hat. (Emmi selbst betont allerdings, der höhere Gewinn sei vor allem dem Auslandgeschäft zu verdanken).

Unregelmässigkeiten innerhalb BOM ahnden

Aber auch die Branchenorganisation Milch (BOM) kam an die Reihe. Sanktionsmassnahmen bei Unregelmässigkeiten und ungenauen Deklarationen müssen rigoros durchgesetzt werden“, so Peter. Dazu gibt’s ja die Geschichte, dass zwei Bauern aus der Region Greifensee gegen ihre eigene Organisation, die Emmi-Direktlieferanten-Organisation Zenoos, klagen mussten, damit die BOM ihr eigenes Reglement durchsetzt: Wer auf C-Milch verzichtet, darf dafür nicht mit einer kleineren A-Menge bestraft werden.

Peter war diesbezüglich klarer als das Manifest der Verbände, in dem es heisst: „ Die beschlossene Segmentierung bei der Milch ist konsequent umzusetzen.“ Und: „Die Einhaltung der Regelung betreffend freiwilliger Lieferung von C-Milch ist ebenfalls einzuhalten.“ Für solche Forderungen bräuchte es ja keinen Milchgipfel, das kann die BOM bei ihren Mitgliedern umsetzen beziehungsweise durchsetzen. Zu vermuten ist, dass dies der Schweizerische Bauernverband ins Manifest gedrückt hat, denn SMP und BOM gestehen sich damit teilweise eigenes fehlendes Durchsetzungsvermögen ein.

Einkaufstourismus nicht wegen Milch

Zurück zu Peter, die auch den Detailhandel ins Visier nahm: „Verkauft den Mehrwert unserer Produkte besser an die Konsumenten. Erwiesenermassen sind nicht die Milchprodukte der Auslöser für den Einkaufstourismus, also sind Preissenkungen für Milch im Laden unnütz und unnötig.“ Denn der Einkaufstourismus wird ja immer wieder bemüht, wenn es darum geht, der Forderung nach höheren Preisen für Schweizer Milchprodukte eine Absage zu erteilen.

Auch von Seiten der Milchproduzenten, die sich zum Sprachrohr von Milchindustrie und Detailhandel machen. Einen Kontrapunkt setzte Coop-Mann Christian Guggisberg bei seiner Verabschiedung aus dem BOM-Vorstand: „Der Schweizer Franken ist so stark, dass eine weitere Senkung des Milchpreises nichts mehr bringt, um den Einkaufstourismus einzudämmen.“

Marktpartnerschaft endlich leben

Und Peter sprach auch aus, was Bauernverbandspräsident Markus Ritter immer wieder kritisiert: Die Margen von Verarbeitern und Händlern sind gestiegen. Liselotte Peter sagte an die Adresse der Detailhandelsbosse: „Eure Margen wurden markant ausgebaut, was für uns Produzenten eine unerträgliche und demotivierende Situation ist.“

Die Vizepräsidentin des SBLV zitierte die Charta „Qualitätsstrategie der Schweizerischen Land- und Ernährungswirtschaft“, die auch von Emmi, Cremo, Coop und Migros unterzeichnet worden ist. Darin stehe wörtlich: „„Wir leben eine Marktpartnerschaft, die auf gegenseitiger Wertschätzung, Fairness, Respekt und Vertrauen basiert. Durch wettbewerbsorientierte Zusammenarbeit im Inland schaffen wir Qualität und Mehrwerte für alle.“ Peter sagte, es sei nun an der Zeit, diese Marktpartnerschaft auch zu leben. Der heutige Milchgipfel solle zuerst Weckruf sein, dann Lösungen aufzeigen, die sofort umgesetzt werden müssten. „Es muss sofort etwas passieren!“, betont Liselotte Peter.

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