Lignin kommt in grossen Mengen in Bäumen vor. Es sorgt dafür, dass das Holz der Bäume stabil bleibt. Verarbeitet man dieses Holz beispielsweise zu Papier, ist nur der Zelluloseanteil des Holzes interessant. Das Lignin bleibt übrig – immerhin knapp die Hälfte der Masse des Baumes.
50 Millionen Tonnen Lignin
«In der Zellstoffindustrie fallen weltweit jährlich rund 50 Millionen Tonnen Lignin an. Der Grossteil davon wird einfach verbrannt», sagt Martin Oschatz von der Universität Jena. Doch dafür, so macht der Professor für Chemie der Materialien für Energieanwendungen deutlich, sei Lignin viel zu schade. «Es besteht, wie Zellulose und andere Biopolymere, aus Kohlenwasserstoffbausteinen, die sich in der Chemie wesentlich sinnvoller nutzen lassen.»
Genau das haben Oschatz und ein interdisziplinäres Forschungsteam des an der Universität an-gesiedelten Center for Energy and Environmental Chemistry (CEEC Jena) nun vor. Ihr neuer Verbund «LignUp» hat zum Ziel, Lignin vom Abfallprodukt zum Wertstoff aufzuwerten. Das Projekt wird in den kommenden sechs Jahren von der Carl-Zeiss-Stiftung im Rahmen des Programms «CZS Durchbrüche» mit knapp fünf Millionen Euro (4.86 mio CHf) gefördert.
Einheimischer Rohstoff
Konkret haben die Forscherinnen den Einsatz von Lignin als Ausgangsstoff für Funktionsmaterialien im Blick, die dabei helfen, Energiespeicher nachhaltiger zu machen. «Batterien enthalten meist noch kritische Metalle, wie Lithium, Kobalt oder Mangan, deren Gewinnung mit hohem Aufwand verbunden und deren Ressourcen begrenzt sind», so Oschatz.
Er und das «LignUp»-Team wollen daher nach neuen Batteriematerialien suchen, die auf Basis von Lignin hergestellt werden können und die diese Metalle nicht mehr benötigen. Aus Lignin lassen sich zudem neuartige Filtermaterialien synthetisieren, die Metalle aus wässrigen Lösungen selektiv abtrennen können. Damit liessen sich kritische Metalle in nachhaltigen Batterierecycling-Prozessen zurückgewinnen oder in der wasserbasierten Erzaufbereitung umweltschonend extrahieren.
Lignin als Basis für Elektroden
Aus Lignin gewonnene Kohlenstoff-Aktivmaterialien könnten zum Beispiel als Elektrodenmaterial in Speicher-Kondensatoren und Natriumbatterien zum Einsatz kommen und dort kritische Metalle ersetzen. Solche und andere nachhaltige Energiespeicher wie metallfreie Redox-Flow-Batterien sind bereits seit längerem ein Forschungsschwerpunkt des CEEC Jena, aus dem sich auch das Kern-Team des «LignUp»-Projekts rekrutiert. Externe Forscher bringen ebenfalls ihre Expertise ein.
Lignin-basierte Funktionsmaterialien
In der zweiten Säule des Projekts geht es um die Erschliessung neuer Quellen für kritische Metalle. «Bereits heute wird versucht, aus Meerwasser oder aus speziellen bergbaulichen Wässern durch Membranen oder Adsorptionsmaterialien interessante Metalle abzuscheiden. Künftig kommen noch wasserbasierte Recyclingverfahren für Metalle hinzu – etwa aus dem Batterierecycling. Wir wollen daher eine Materialbibliothek aufbauen und Synthesewege entwickeln, mit denen sich neue Funktionsmaterialien aus Ligninbestandteilen massschneidern lassen, die für die Gewinnung von Metallen aus Wasser besser geeignet sind», sagt Martin Oschatz.