Adrian Hirt ist Mitbegründer des Vereins «Nationaltier Schweiz» und möchte einen respektvollen Umgang mit Kühen fördern.
«Schweizer Bauer»: Sie sind Mitbegründer des Vereins «Nationaltier Schweiz», wieso braucht es diesen Verein?
Adrian Hirt: Wir möchten, dass der Fokus mehr auf die Kuh gelegt wird. Sie prägt unser Landschaftsbild, ist allgegenwärtig und trotzdem ganz vielen Leuten nicht präsent. Die Idee zum Verein und die durch den Verein lancierte Umfrage nach dem «Schweizer Nationaltier» kam von der Agentur FIRN/YES! aus Chur, die die Neuaufstellung meiner Firma Alpahirt AG orchestriert hat.
Was sind die Ziele des Vereins?
Einen respektvollen Umgang mit Kühen fördern, eine natürliche Fütterung, eine wesensgerechte Haltung, kurze Transportwege der Tiere im Berggebiet sicherstellen, regional schlachten und verarbeiten. Leute und innovative Projekte, die sich dem verpflichten, unterstützen. Zum Beispiel Betriebe, die vollkommen auf «Birchermüesli-Mischungen», sprich Kraftfuttereinsatz, verzichten. Alpahirt spendet zurzeit pro online verkauften Salsiz einen Franken an den Verein. Pro Jahr werden durch Alpahirt 120 ältere Mutterkühe regional geschlachtet und verarbeitet, ab dem Herbst werden erste Bündner Lederprodukte aus diesen Tieren – Tischsets (oder Schreibtischunterlagen), Pfannenuntersetzer (oder Mauspads), Serviettenhalter und Glasuntersetzer – zum Verkauf angeboten. 8Prozent der Einnahmen durch den Lederverkauf werden an den Verein gehen. Der Verein hat keinen kommerziellen Zweck und will keinen Gewinn erwirtschaften. Er ist unabhängig, parteipolitisch neutral, nicht religiös und verfolgt keine kommerziellen Zwecke.
Was macht der Verein im Moment?
Nichts. Er wurde erst gerade gegründet. Wir wollen der ganzen Sache etwas Zeit geben und sich entwickeln lassen. Wir werden diesen Sommer einige Bauern auf den Alpen besuchen und vielleicht auch noch den Zweck etwas anpassen. Wir möchten den Verein spätestens im Frühling 2022 so richtig zum Leben erwecken.
Sie haben gemeinsam mit Claudio Zuccolini die Umfrage «Nationaltier Schweiz» lanciert. Wieso?
Die Idee kam Richi Brändli bei der Plakatkampagne zur Indonesienabstimmung im Frühling. Dort wurde mit dem Bären als Nationaltier geworben. Wir als Bündner haben natürlich sofort gefunden: «Gehts noch, wenn schon, dann ist doch der Steinbock das Nationaltier.» Nach ein paar Diskussionen mussten wir uns eingestehen, dass eigentlich doch die Kuh das Nationaltier sein sollte im Milch- und Käseland Schweiz. Wir wollten wissen, was andere Leute dazu meinen, und haben eine Umfrage gestartet. Dabei konnte zwischen dem Bären, dem Löwen, dem Steinbock und eben der Kuh als Nationaltier gewählt werden. Wir haben uns der Einfachheit halber auf diese vier Tiere geeinigt für die Umfrage. Zur Disskussion standen zum Beispiel auch noch das Murmeltier, der Adler oder der Bernhardiner. Insgeheim haben wir gehofft, dass es die Kuh wird. So ist es dann auch gekommen. Mit 52 Prozent wurde sie deutlich zum Nationaltier gewählt, bei der Umfrage haben über 15000 Leute mitgemacht.
Welchen Bezug haben Sie persönlich zum Nationaltier?
Mein Grossvater hatte eine Jagdhütte auf der Alp Farur oberhalb von Tschiertschen, im Sommer war ich immer dort und habe beim Melken und Kühetreiben geholfen. Ich habe schon seit klein auf einen sehr guten Bezug zu Kühen. Als Lebensmittelingenieur ist mir besonders aufgefallen, dass Lebensmittel immer weniger kosten und wir immer mehr Geld für Freizeit und Gesundheit ausgeben. Was eigentlich paradox ist, denn Lebensmittel leisten ja einen elementaren Beitrag zur Gesundheit. Nach dem Studium wollte ich mein Wissen und meine Energie nicht mehr länger in die Herstellung von Fertiggerichten investieren. Stattdessen ist mir aufgefallen, dass es echtes Bündnerfleisch, wie es mein Grossvater immer selbst hergestellt hat, einfach nicht mehr gibt. 80 Prozent wurden damals aus Importfleisch mit chemisch hergestelltem Pöckelsalz produziert. Alles Dinge, die mein Grossvater bei seinem Bündnerfleisch nicht benutzt hat. Er hat immer gesagt, dass es wichtig ist, was für Fleisch man verwendet. Er kaufte deshalb im Herbst immer einen Stotzen einer alten Kuh und hat ihn mit Rotwein, Salz und Gewürzen verarbeitet. Eine ausgemagerte Milchkuh gebe nichts Gutes, hat er immer gesagt. Ich wollte diesen Geschmack und diese Qualität zurückholen und habe mich im Fleischbereich weitergebildet, war unter anderem auf einer Rinderfarm in Kanada, habe eine Metzgerei in Jamaica geleitet, bin zurück in die Schweiz gekommen und habe bei der Fenaco im Qualitätsmanagement gearbeitet und schliesslich die AlpenHirt AG – Markenname «Alpahirt» gegründet.
Was ist das Besondere an Kühen?
Dass unsere Alpen nicht so schön wären ohne sie. Die Alpen wären weniger vielfältig und verbuschter. Sie sind sehr gmögige Tiere und strahlen viel Ruhe aus. Die Kuh ist ein Tier, das wir uns auf viele verschiedene Arten zunutze gemacht haben. Wir können aus ihrer Milch verschiedene köstliche Produkte wie Joghurt, Butter und Käse herstellen und am Ende ihres Lebens auch noch gutes Fleisch konsumieren – vorausgesetzt, das Tier wurde gut ernährt. Wir essen uns gesund am Fleisch, wenn sich die Kuh auch gesund ernährt hat. Gesund ernährt heisst für mich wesensgerecht.
Was ist Fleisch für Sie?
Ich selber esse nicht mehr viel Fleisch. Für mich ist Fleisch ein Genussmittel. Genuss hängt bei mir mit Gewissen zusammen. Ich hasse nichts mehr als Fleischaktionen. Ich werde nie verstehen, dass Fleisch günstiger ist als Vegiprodukte.
Beenden Sie die Sätze. Kühe sind…
… einfach zufriedenstellende Tiere, die wir Menschen für unsere Ernährung nutzbar gemacht haben.
Landwirtschaft ist…
…Lebensmittelproduktion.
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