Die IG Anbindestall lud Vertreter der zuständigen Bundesämter zu einem Augenschein auf einen modernen Anbindestall ein. Der teilweise emotionale Austausch endete versöhnlich mit einer Gegeneinladung.
Gleich zwei Erfolge konnte Hansrudolf Scheuner als Präsident der IG Anbindestall am Donnerstag in Bleiken BE vermelden. Zum einen konnte die IG an der Simmentaler Reinzuchtausstellung vom vergangenen Wochenende ihr 1000. Mitglied aufnehmen. Und zum anderen konnte Scheuner hochrangige Vertreter aus der Bundesverwaltung auf dem Hof von Daniel und Adelheid Graf begrüssen.
BLV- und BLW-Vertreter
Zwar liessen sich die Bundesräte Johann Schneider-Ammann und Alain Berset sowie die Direktoren der Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) entschuldigen. Aber mit Peter Zbinden, beim BLW für den Fachbereich Öko- und Ethoprogramme zuständig, sowie mit Kaspar Jörger, Leiter Tierschutz beim BLV, und Katharina Friedli von Agroscope waren kompetente Fachpersonen in den 2013 gebauten Anbindestall für 48 Kühe gekommen.
Direkt am lebenden Tier versuchten die Mitglieder der IG, den Vertretern des Bundes die Vorzüge dieses Aufstallungssystems näherzubringen. «Schauen Sie diesen Viehbestand an. Da sehen sie nie ein Klauenleiden», meinte Scheuner zu den Anwesenden. Er kritisierte weiter die Aussage von Beat Wechsler vom BLV in einem Zeitungsartikel, wonach das soziale Verhalten der Kühe im Anbindestall eingeschränkt sei: «Das zeigt die komplette Unkenntnis von Theoretikern, die so etwas schreiben.»
Keine «Theoretiker»
Kaspar Jörger wollte nicht hinnehmen, dass Scheuner ihn und seine Mitarbeiter als «Theoretiker» bezeichnete: «Wir wollen nicht aus lauter Freude die Bauern plagen, sondern wir setzen uns für die Tiere ein.» Es habe niemand vom BLV je gesagt, dass man keine Anbindeställe mehr bauen solle. Und der moderne Anbindestall von Familie Graf sei vorbildlich: «Das ist ein sehr gutes Beispiel, wie man Tiere angebunden halten kann.» Aber man dürfe Anbindestall und Laufstall nicht gegeneinander ausspielen.
Jörgers Kollegin Katharina Friedli stimmte Scheuner in einem Punkt zu: «Die Klauengesundheit ist im Laufstall eine Herausforderung.» Mit allem anderen sei sie hingegen nicht einverstanden. Es sei viel schwieriger, einen Anbindestall für die wichtigsten Funktionen wie Liegen, Fressen, Stehen oder gar Laufen einzurichen. «Gehen etwa ist für die Kuh ja gar nicht möglich», fügte sie an.
Verbot aufheben
Eine der Forderungen der IG ist, elektrische Kuhtrainer, die seit 2013 in Neubauten verboten sind, wieder zuzulassen. «Mit dem Verbot von Kuhtrainern in neuen Ställen stirbt der Anbindestall», betonte Konrad Klötzli. Eigentlich sei der Kuhtrainer ein Kuhreinhaltegerät. Und die heute noch zugelassenen Geräte seien mit ihrer Energie von 0,09 Joule, die auf das Tier übertragen werde, von der Stromstärke her harmlos. «Weidegeräte sind mit bis zu 10 Joule zehnmal stärker», betonte er. Er forderte deshalb den BLV-Vertreter Jörger auf, den Kuhtrainer zu berühren. Mit der Bemerkung «Ich war Tierarzt. Ich habe früher oft einen Schlag gekriegt», griff dieser beherzt zu.
Mit einer Einladung zu einem Gegenbesuch in den Forschungsstall der Agroscope in Tänikon TG durch Jörger endete das Treffen versöhnlich.
Und auch Peter Zbinden vom BLW öffnete für die Anliegen der IG eine Türe. Sie solle einen Antrag an die Kerngruppe Tierwohlbestimmungen einreichen. Wenn diese dann den Antrag behandle, dann könne die IG eine Abordnung an die Sitzung schicken.