Jasmin Bottlang fühlt sich wohl zwischen den Tieren.
Hans-Peter Widmer
Die 19-jährige Jasmin Bottlang weiss, was sie will. Als Bauerntochter aus dem Weiler Hettenschwil bei Leuggern entschied sie sich ohne Wenn und Aber für die Ausbildung zur Landwirtin und schloss die Lehre am Landwirtschaftszentrum Liebegg diesen Sommer mit der Note 5,7 ab. Ob sie dereinst den Familienbetrieb übernimmt, ist offen. Sie macht jetzt für alle Fälle an der BMS in Aarau noch die Berufsmatur, die ihr auch ein Agronomiestudium ermöglichen würde.
Denn da sind noch zwei jüngere Brüder, die das gleiche Berufsziel wie ihre Schwester haben. Der eine steht bereits im zweiten Landwirtschaftslehrjahr, der andere geht noch zur Schule, will aber ebenfalls Bauer werden. Jasmin erkennt immerhin unterschiedliche geschwisterliche Vorlieben: Sie selber bevorzuge Tiere, sagt sie, ihre Brüder fokussierten eher aufs «Traktörle». Dass sich alle drei Bottlang-Kinder der Landwirtschaft zuwenden, sei dem Vorbild von Vater Martin zuzuschreiben und kein Zufall, erklärt Jasmin Bottlang: «Wir sind nie zur Hofarbeit gezwungen worden, sondern von klein auf natürlich und freiwillig in alle Verrichtungen auf dem Betrieb hineingewachsen.»
Selbstbedienungs-Hofladen ist von Bedeutung
Der Mühlehof am Guntenbach – früher eine Mühle, deren Wasserrad zugunsten von mehr Wohnraum für zwei Familiengenerationen abgebrochen wurde – wäre mit 22 Hektaren Nutzfläche wohl zu klein für drei Betriebsleitende, obschon er vielseitig ist. Die Bottlangs halten 14 Mutterkühe und 70 Leghennen. Sie bauen 70 Aren Grünspargel, 15 Aren Erdbeeren, etwas Gemüse und Obst sowie vier Tafeltraubensorten für die Direktvermarktung an. Dazu betreiben sie Ackerbau mit Getreide, Raps, Silomais und haben noch 120 Aren Schüttelzwetschgen. Von zentraler Bedeutung ist der Selbstbedienungs-Hofladen.
Der grösste Teil der Betriebsprodukte wird direkt vermarktet: Eier, Früchte, Gemüse, Obst- und Traubensaft, Honig, Sirup und Konfitüre. Das Sortiment ist gefragt. Die Stammkundschaft rekrutiert sich über die Umgebung hinaus bis nach Zürich. Ein kleiner Teil der Erzeugnisse wird in Volg-Läden und Restaurants abgesetzt. In den Spargel- und Erdbeererntezeiten helfen Drittpersonen auf dem Betrieb mit.
Mutter Verena Hartmann Bottlang arbeitet als Architektin noch Teilzeit in einem Architekturbüro. Die Familie ist Kontakt gewohnt und kommunikativ. Diese Offenheit spürt man auch bei Jasmin Bottlang: Sie schildert präzise, was daheim läuft und welche Erfahrungen sie auf drei Lehrbetrieben sowie in der Landwirtschaftsschule gemacht hat. Jasmin Bottlang suchte sich die Orte für die praktische Lehre anhand des Verzeichnisses, das die Liebegg zur Verfügung stellt, sorgfältig aus.
Lehrbetriebe sorgfältig ausgesucht
Sie entschied sich für drei unterschiedliche Kantonsgegenden und achtete vor allem auf Tierhaltungen, ihren Lieblingsbereich – möglichst als ergänzende Erfahrung zum elterlichen Betrieb. Das erste Lehrjahr absolvierte sie im Fricktal, auf dem Stockacherhof in Wittnau, beim jungen Betriebsleiterund umsichtigen Berufsbildnerpaar Tamara und Markus Uebelmann-Vogt.
Der Schwerpunkt Futterbau, Mutterkühe und Milchvieh erfüllte die Erwartungen voll und ganz. Im zweiten Lehrjahr zügelte die junge Frau auf den Biobetrieb von Christa und Michel Strub nach Attelwil im Suhrental mit einer Vielzahl von Nutztieren: Charolais-Mutterkühe, Hühner, Schweine, Spiegelschafe und Kaninchen. Sie bekam hier auch Einblick in einen anderen Hofladen, der das vielseitige eigene Fleischsortiment sowie andere Produkte anbot. Dazu lernte sie einen weiteren Verkaufskanal, den Aarauer Wochenmarkt, kennen. Der Hof wurde 2016 im Fernsehen bekannt, als Christa Strub am «Landfrauenküche»- Wettbewerb mitwirkte.
Biopachtbetrieb der Stadt Zürich
Jasmin Bottlangs dritter Lehrort war Burgers Hof auf dem Friedlisberg, nahe der aargauisch-zürcherischen Kantonsgrenze. Ein 45 Hektaren grosser Biopachtbetrieb der Stadt Zürich, geführt von Ana Burger und ihrem Ehemann Lukas Burger. Die grasbasierte Milchwirtschaft mit 60 Kühen der Rassen Jersey und Kiwi Cross (Kreuzung aus neuseeländischen Holstein und Jersey) vermittelte ihr neue Züchtungs- und Produktionskenntnisse.
Die auf den Lehrbetrieben gesammelten Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten zum elterlichen Hof bezeichnet Jasmin Bottlang als spannend. Sie meint damit nicht nur das erworbene Fachwissen, sondern auch die Erlebnisse in neuen sozialen Umfeldern. Darin unterscheide sich die Landwirtschaftslehre von anderen Berufsausbildungen, bestätigt die frisch diplomierte Landwirtin, weil man als 16-Jährige von zu Hause ausziehe und mit einer neuen Familie zusammenlebe.
Klares Ziel: Führung eines Betriebs
Das Miteinanderauskommen mache viel aus. Jasmin Bottlang ist darauf gefasst, dass Bauern nicht einfacher wird, schon wegen der steigenden Vorschriftenflut. Das wirke sich auch auf die Ausbildung aus, ist sie überzeugt. Die Schullastigkeit in der Lehre habe sie bereits gespürt. Aber sie könne sich über die Ausbildungsqualität nicht beklagen.
Was gedenkt sie in den nächsten fünf, zehn Jahren zu unternehmen? «Ich öffne mir den Weg für Weiterbildungsmöglichkeiten: Ob das ein Agrarstudium an der Fachhochschule oder die Meisterprüfung ist, lasse ich im Moment offen, auch einen Auslandaufenthalt schliesse ich nicht aus, doch am Ende ist die Führung eines Landwirtschaftsbetriebs mein klares Ziel.»
Kommentare (1)