Die Flut von Initiativen ebbt nicht ab. Sechs neue Volksbegehren stehen für die Sommersession vom 2. bis zum 20. Juni auf der Traktandenliste der eidgenössischen Räte. Gleichzeitig gilt es, bereits angenommene Initiativen umzusetzen. Der Ständerat packt in der kommenden Session gleich zwei heisse Eisen an.
In der zweiten Sessionswoche entscheidet er über die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Unter dem Druck der Durchsetzungsinitiative hatte sich der Nationalrat im März für einen Gesetzesentwurf ganz im Sinne der SVP ausgesprochen.
Welchen Kurs der Ständerat einschlägt, ist offen. Nach eingehenden Anhörungen entscheidet die vorberatende Kommission voraussichtlich morgen Dienstag über ihre Anträge. Gleichzeitig will sie ihre Abstimmungsempfehlung zur Durchsetzungsinitiative bekannt geben.
Umstrittene Ausnahmen
Der zweite grosse Brocken im Ständerat ist die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, die zum Sessionsende auf dem Programm steht. Auch dazu liegt noch keine Empfehlung der Kommission vor. Die Auseinandersetzung dürfte heftig sein: Übernimmt das Parlament alle vom Bundesrat vorgeschlagenen Ausnahmen, wollen die Initianten noch einmal das Volk anrufen.
Daneben fassen die Räte ihre Abstimmungsempfehlungen zu einer ganzen Reihe neuer Volksbegehren. Der Ständerat entscheidet über die Erbschaftssteuer-Initiative und die Initiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» der GLP. Die Stipendieninitiative steht in beiden Kammern auf der Traktandenliste. Zu reden geben wird vor allem der indirekte Gegenvorschlag, den der Bundesrat vorgelegt hat.
Der Nationalrat diskutiert in der ersten Sessionswoche auch über die Initiative für steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen der CVP. Mehr Zündstoff birgt allerdings die Ecopop-Initiative, die zu Beginn der zweiten Sessionswoche auf dem Programm steht. Deren Gültigkeit ist umstritten, da eine Minderheit der Kommission die Einheit der Materie verletzt sieht. Der Ständerat hatte die Gültigkeit bestätigt, die Ecopop-Initiative aber zur Ablehnung empfohlen.
Differenzen und Blockaden
Differenzen gilt es beim Lebensmittelgesetz auszuräumen. Dabei geht es unter anderem um die Deklarationspflicht für Rohstoffe von verpackten Lebensmitteln. Die Revision des Bürgerrechtsgesetzes könnte gar scheitern, weil sich die Räte über zentrale Punkte bisher nicht einigen konnten.
Eine Blockade droht auch beim Kartellgesetz. Der Nationalrat war in der Frühjahrssession nicht auf den Entwurf eingetreten. Die Kommission des Ständerats möchte die Arbeiten an der Vorlage aber fortsetzen. Bei der Krankenkassen-Aufsicht hingegen hat der Nationalrat den Weg freigemacht für eine inhaltliche Diskussion. Diese ist in der letzten Sessionswoche geplant.
Gebührenpflicht für alle
Als Zweitrat packt die kleine Kammer die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes an, mit der eine generelle Gebührenpflicht eingeführt werden soll. Im Gegensatz zum Nationalrat lehnt die Ständeratskommission ein Opting Out ab. Auch beim Sanktionsrecht, das wieder mehr Freiheits- statt Geldstrafen vorsieht, ist die vorberatende Kommission nicht in allen Punkten mit dem Nationalrat einig.
Noch offen ist, ob der Bundesrat das Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich neu verhandeln muss, wie es der Ständerat verlangt. Der Nationalrat war in der ersten Runde nicht auf die Vorlage eingetreten, jetzt muss er sich noch einmal damit befassen Weitere Themen der Sommersession sind die Verlängerung der Referendumsfrist, die Einführung des elektronischen Patientendossiers, die Regelung der Fantransporte oder die Missbrauchsbekämpfung beim Telefonverkauf.
Bedeutende Revisionsprojekte
Neben den Initiativen wollen die Räte mehrere grosse Revisionsprojekte vorantreiben. Als Erstrat diskutiert der Nationalrat etwa über die Änderung des Unterhaltsrechts. Der Bundesrat möchte den Kindesunterhalt so regeln, dass dem Kind aufgrund des Zivilstands der Eltern keine Nachteile entstehen.
Traktandiert sind auch die Vorschläge zur Umsetzung der GAFI-Empfehlungen, mit der die Schweiz die Regeln im Kampf gegen Geldwäscherei dem aktuellen internationalen Standard anpassen soll. Weiter entscheidet der Nationalrat über die Aufhebung des Verbots der Präimplantationsdiagnostik. Seine Kommission will dabei weiter gehen als der Ständerat, der sich für eine zurückhaltende Liberalisierung ausgesprochen hatte. Die kleine Kammer will die zweite Beratung über diese Vorlage noch in der Sommersession durchführen.