Am Junglandwirtekongress motivierte Coop-Chef-Food-Einkäufer Christian Guggisberg die Jungbauern, effizienter und innovativer zu werden. Und Emmi-Chefeinkäufer Manuel Hauser fragte: «Was kommt nach Bio?»
Preisdruck aus der EU, gefallene Milchkontingente, Überproduktionen und ein starker Franken: Was die über 200 Nachwuchsbauern am Junglandwirtekongress vergangenen Samstag am Inforama in Zollikofen erfuhren, war nicht unbedingt neu. Viel weniger als die Schwierigkeiten erklärten die Referenten an der ganztägigen Veranstaltung, die von der Junglandwirtkommission organisiert wird, die Hintergründe und die Bedürfnisse der Konsumenten.
"Schweizer lehnen Massentierhaltung ab"
So zum Beispiel Christian Guggisberg, Leiter Beschaffung Food bei Coop. Er erklärte den grossen Erfolg von Labels wie Pro Specie Rara, Pro Montagna oder Slow Food mit der starken Identifikation der Konsumenten mit den Lebensmitteln, die sie ässen. Darum fordert er etwa Raus auch für QM-Fleisch, ohne darauf hinzuweisen, dass die stets geforderte Effizienz auch ohne Massentierhaltung möglich sei, denn: «Die Schweizer lehnen Massentierhaltung stark ab, daher kommt der Erfolg dieser Labels.» Und daher komme auch die Ungeliebtheit von Industrieprodukten aus dem Ausland und immer mehr auch von Diätprodukten.
Schweizer Peperoni
Er sieht weiterhin grosses Potenzial im Biomarkt, in Produkten aus Mutterkuhhaltung, in regional Produziertem und: Schweizer Peperoni. Über 400 Tonnen dieser Schoten werden jährlich in die Schweiz importiert. «Hier gibt es ein riesiges Potenzial», erläuterte Guggisberg und empfahl den Jungbauern weitere Produkte, für die er einen Markt sieht: Weidegans, Flower Sprouts, Hochstamm-Apfelsaft oder etwa Schweizer Spargel. «Die Zukunft liegt in Ihren Händen.»
Der Junglandwirt von heute bewege sich in einem Umfeld aus sinkenden Lebensmittelpreisen, hohem Geldabfluss aufgrund des Einkaufstourismus ins angrenzende Ausland, das sich abzeichnende Ende der weissen Linie und des sich anbahnenden Freihandels mit der EU. Und dann verlange man von ihm auch noch mehr Effizienz und Innovation.
Davon gab sich auch Manuel Hauser, Leiter Einkauf bei Emmi, überzeugt: «Die Rahmenbedingungen sind instabil, wir müssen uns auf die Öffnung der Grenzen vorbereiten. Dadurch werden Nachhaltigkeit und Swissness eine noch grössere Rolle spielen.» Obschon Emmi im Ausland die grössten Erfolge mit der Marke «Caffè Latte» feiert – und das nicht wegen der Swissness, sondern wegen einer nachhaltigen und nicht minder erfolgreichen Marketing-Kampagne.
Negativrekord Milchpreis
Den Milchmarkt sieht Hauser weltweit als Wachstumsmarkt mit sogar steigenden Preisen. Nichtsdestotrotz warnte er vor den grossen Schwankungen, denen die Landwirte ausgesetzt sind und mahnte: «2015 wird vom Milchpreis her ein negatives Rekordjahr. Und wenn sich die weisse Linie öffnet, wird der Milchpreis dahingehen, wo er im umliegenden Ausland ist, Punkt.» Vor Guggisbergs optimistischer Äusserung der verheissungsvollen Zukunft von Bioprodukten warnte er: «Jeder Trend hat ein Ende. Sie müssen sich fragen: Was kommt nach Bio?»
Auch Hauser legte den Fokus auf den Konsumenten. Dieser kaufte vor 50 Jahren, um sich zu ernähren; heute stünden Genuss, Gesundheit, Regionalität und Natürlichkeit im Mittelpunkt. «Unser Trumpf ist das Tierwohl, doch Europa holt auf», erklärte er. Ausserdem müsse die Antibiotika-Diskussion ernsthaft geführt werden. «Wer es schafft, gut mit den Veränderungen zurechtzukommen und auf die Kundenbedürfnisse einzugehen, wird erfolgreich sein.»