Immer weniger Schweizer Bauern müssen eine immer grössere Wohnbevölkerung ernähren. Heute kommen auf einen Bauernbetrieb mehr als 150 Einwohner. Dabei hat die landwirtschaftliche Nutzfläche stark abgenommen.
Im Jahr 1905 wohnten in der Schweiz 3,5 Millionen Menschen. Damals gab es noch rund 240000 Bauernbetriebe. Jeder Betrieb musste also statistisch gesehen 14,51 Personen ernähren (siehe Grafik «Wohnbevölkerung pro Landwirtschaftsbetrieb»). Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Wohnbevölkerung um den Faktor 2,5 gewachsen: von 3,3 Millionen Personen im Jahr 1900 auf rund 8,2 Millionen im Jahr 2014. Die Anzahl Landwirtschaftsbetriebe nahm weiterhin deutlich ab. Zusammen mit dem Bevölkerungswachstum führte dies dazu, dass es heute einen Betrieb pro 150 Einwohner gibt.
Weniger Kulturland
Gleichzeitig hat sich die landwirtschaftliche Nutzfläche massiv verringert. Flächen für die Nahrungsmittelproduktion sind insbesondere als Folge des Siedlungsbaus verschwunden, aber auch weil der Wald vorgestossen ist.
Im Jahr 1912 betrug die land- und alpwirtschaftlich genutzte Fläche 2'321'000 Hektaren. Detailliertere Zahlen über die Veränderung der Bodennutzung gibt es erst seit der fortlaufenden Erhebung der Arealstatistik in den 1980er-Jahren. In der Arealstatistik 2004/2009 wurden gerade mal noch 1'481'669 Hektaren ausgewiesen.
Demnach gingen in den 24Jahren zwischen 1983 und 2007 pro Sekunde 1,12 m2 Landwirtschaftsfläche (inkl. Sömmerungsweiden) verloren. Dies entspricht einem Areal von 851 km² – in etwa der Grösse des Kantons Jura (839 km2) – und einem Verlust von 5,4%. Zu knapp zwei Dritteln (65%) waren die Landwirtschaftsflächen des Talgebiets, zu gut einem Drittel (35%) die Alpwirtschaftsflächen vom Verlust betroffen. Die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN), also die landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen ohne Sömmerungsgebiet, betrug 2013 noch 1'049'900 Hektaren.
Nur Holland hat weniger
Es erstaunt kaum, dass die Schweiz auch im internationalen Vergleich wenig LN pro Einwohner hat (siehe Grafik «landwirtschaftliche Nutzfläche pro Person, 2010»). Pro Einwohner stehen 1331 m2 zur Lebensmittelproduktion zur Verfügung. Damit hat heute die Schweiz gemäss Zahlen von 2010 nach Holland (1124 m2) in Europa am zweitwenigsten Nutzfläche pro Einwohner.
Doch mit dem momentan raschen Bevölkerungswachstum von an die 100000 Menschen pro Jahr ist es absehbar, dass die Schweiz weniger Nutzfläche pro Einwohner hat als Holland. Sogar wenn die LN stabil bleiben würde, würde die Schweiz bei 9,34 Millionen Einwohnern gleichauf mit Holland zu liegen kommen. Das wäre in etwa 11 Jahren der Fall. Da aber das Kulturland abnimmt, wird es noch früher so weit sein. Zu beachten ist zudem, dass in den flachen Niederlanden praktisch die ganze Nutzfläche viel besser zu bewirtschaften ist als in der gebirgigen Schweiz, wo erhebliche Teile der LN im Berggebiet liegen.
Der Abstand zwischen der Schweiz und Deutschland, das 2043 m2 pro Einwohner hat, ist bereits gross. Die Spitzenreiter wie Spanien (5090 m2), Dänemark (4760 m2) oder Ungarn (4693 m2) haben ein Mehrfaches der Fläche pro Einwohner zur Verfügung.
Produktivitätssteigerung
Dennoch konnte in der Schweiz die landwirtschaftliche Produktivität massiv gesteigert werden. Voraussetzung für die Produktivitätssteigerung war der technische und züchterische Fortschritt (siehe Grafik «Bevölkerung und Landwirtschaft»). Die Gesamtmenge der produzierten Landwirtschaftserzeugnisse stagnierte allerdings seit den 1990er- Jahren insbesondere aufgrund von Extensivierung und Bemühungen zur Ökologisierung wieder.