Mit 2430 Metern über Meer könnte es sich bei der Alp Furggen in Grengiols VS um die höchstgelegenste Alpkäserei der Schweiz handeln. Auf dieser Höhe bleiben die Kühe jedoch nicht mal ganz drei Wochen.
«Diese Alp ist sehr abenteuerlich», erzählt Jacqueline Drese aus Berlin, die diesen Sommer das erste Mal als Käserin auf der Alp Furggen in Grengiols arbeitet. «Wo sonst kann man während dem Melken junge Murmeltiere beim Herumbalgen beobachten oder den Sonnenaufgang geniessen?»
Kein fliessendes Wasser
Die Alp rund um das Breithorn ist auch bekannt für die vielen Edelweiss, die hier blühen. Dass das Leben auf dieser Alp, wo es weder fliessendes Wasser noch Duschen gibt, jedoch nicht nur romantisch, sondern auch sehr anstrengend und herausfordernd ist, haben viele Älpler vor ihr bereits erlebt. Die fünf Bauern aus Grengiols, welche in diesem Sommer rund 130 Stück Rindvieh sömmern – je etwa zur Hälfte Milchkühe und Rinder – beschäftigen jeweils einen Senn, zwei Hirten und einen Zusenn.
Immer wieder kommt es vor, dass einer der Alp schon in der ersten Woche den Rücken kehrt. Vor allem bei Regen und Schnee – in dieser Höhe keine Seltenheit – «friert es einen beim Melken unter freiem Himmel an Füssen und Händen», weiss auch Drese zu berichten. Für sie hat das Leben ohne Internet und Mobilfunknetz aber auch angenehme Seiten. «Man ist stressfreier», meint sie, «weil man nicht wie zu Hause nach Feierabend noch zehntausend andere Dinge zu erledigen hat.»
Nur selten Strom
Selbst Strom gibt es nur, wenn der Generator für die Melkmaschinen gestartet wird – in dieser Zeit lässt sich aber auch mal der Akku vom Handy aufladen, um wenigstens hin und wieder mal von einem «Nicht-Funkloch» aus – die entsprechenden Stellen sind dem Alppersonal gut bekannt – nach Hause zu telefonieren, und so wenigstens ein bisschen mit der Welt draussen im Kontakt zu bleiben.
Meist Ende Juni beginnt die Alpsaison auf 1970 Meter über Meer. Hier, im Sickerchäller, wird am meisten Milch produziert, so dass das Gemelk während der ersten vier bis fünf Wochen zweimal täglich verkäst werden muss. In der dritten oder vierten Woche steht jedoch bereits ein erster Umzug an. Insgesamt verfügt die Alp über fünf Stafel – der höchste, Furggen, liegt auf 2430 Meter über Meer und wird Anfang August erreicht. Spätestens jetzt genügt die Kapazität des Käsekessels, um nur noch einmal täglich käsen zu müssen.
Fünf Stafel
In dieser vermutlich höchstgelegenen Alpkäserei der Schweiz wird die Milch jedoch nur 17 bis 18 Tage lang verarbeitet, bevor es bereits wieder nach unten geht. Zunächst nur bis zur Brunegga, die immer noch auf 2336 Meter über Meer liegt. Im September, die letzten ein bis zwei Wochen vor dem Alpabtrieb, kehren sie schliesslich nochmals zum Sickerchäller zurück. Käsereien gibt es in allen fünf Stafeln, Reifungskeller dagegen nur ganz unten im Sickerchäller und ganz oben auf Furggen.
Weil es keinen Strom gibt, wird auch noch über dem offenen Feuer gekäst. Doch Drese, die bereits in Graubünden und im Muotatal drei Alpsommer lang Erfahrung sammeln konnte, gefällt gerade diese traditionelle Art der Käseherstellung, einschliesslich dem Pressen in Järben aus Holz. «Dadurch wird praktisch aus jedem Käse ein Unikat«, sagt Jacqueline Drese.
Dringender Sanierungsbedarf
Die Alp Furggen müsste eigentlich längst saniert werden. Seit einer ersten Begehung im Sommer 1998 wurde daraus jedoch eine unendliche Geschichte, die im vorletzten Jahr schliesslich mit dem Nein der Burgergemeinde Grengiols endete, weil man sich nicht über die Bedingungen zum Pachtvertrag einigen konnte. Mit dem Nein der Gemeinde verfielen jedoch bereits zugesagte Beiträge aus Subventionen oder Spenden, etwa vom Fonds Landschaft Schweiz oder aus einem Lotteriefonds. Der Alp, wo allein schon das Melken unter freiem Himmel eigentlich nicht mehr den heute gültigen Vorschriften entspricht, drohte das Aus.
Nachdem man sich letztes Jahr aber doch noch auf einen Pachtvertrag einigen konnte, entschlossen sich die Bauern, die Sanierung der Alp in die eigene Hand zu nehmen. «Wir haben Rückstellungen aus den Sömmerungsbeiträgen getätigt, dank denen wir nun nach und nach das Wichtigste realisieren können», berichtet Marcel Heinen von der Alpgenossenschaft. So konnte in diesem Sommer bereits mit dem Neubau einer Käserei im untersten Stafel begonnen werden, wobei auch viel in Eigenleistung getätigt wird – und dies während der Zeit, da auch auf dem Heimbetrieb am meisten Arbeit anfällt, namentlich das Heuen.
Später sollen ein gedeckter Melkstand angeschafft und in weiteren Phasen auch auf Furggen eine neue Käserei gebaut und Unterkünfte für das Alppersonal modernisiert werden. «Wir hätten schon auch noch einmal ein Subventionsgesuch stellen können, aber wir hätten wieder ganz bei null beginnen müssen, können es uns nun aber nicht mehr leisten, die Zeit noch einmal zu investieren», so Heinen. czb