Belgien ist bekannt für seine Pommes Frites. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Absatz regelrecht eingebrochen. Den Bauern drohen herbe Verluste, da hunderte Tonnen Erdäpfel vor der Vernichtung stehen.
Kein Land auf der Welt verarbeitet mehr Kartoffeln zu Frites als Belgien. Doch bringt das Coronavirus Verarbeiter und Bauern in die Bredouille. Denn der Absatz von Pommes Frites ist zusammengebrochen.
90 Prozent in Export
Der belgische Kartoffel-Dachverband ruft die Belgier deshalb dazu auf, zwei Mal die Woche Pommes zu essen, damit wegen der Corona-Krise und den damit verbundenen Restaurantschliessungen nicht 750’000 Tonnen Kartoffeln vernichtet werden müssen. Das berichtet die Nachrichtensendung «heute» auf ZDF. Insgesamt gehen 90 Prozent der belgischen Kartoffeln in den Export.
«Wegen der Coronakrise und dem damit verbundenen Lockdown ist die Nachfrage um 50 Prozent geringer», sagt Marc van Herreweghe, Geschäftsführer von Mydibel, zu «heute». Das Unternehmen verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich 250'000 Tonnen Kartoffeln.
Die Pommes Frites aus Belgien gehen zu einem grossen Teil in den Export. Doch auch im Ausland ist die Nachfrage eingebrochen. Die Tiefkühllager sind voll. Der April sei furchtbar schlechter Monat. «Und der Mai wird nicht viel besser», fährt er fort. Das Unternehmen sucht nun nach Alternativen. So könnten die Kartoffeln zu Tierfutter überführt werden oder in Biogasanlagen landen.
750'000 Tonnen stehen vor Vernichtung
Die Coronakrise ist für Belgien zu einer Kartoffel-Krise geworden. Denn in den Lagern der Bauern liegen noch riesige Mengen an Erdäpfeln der Ernte 2019. Rund 750'000 Tonnen Kartoffeln stehen vor der Vernichtung. Den Landwirten drohen enorme finanzielle Einbussen. «Die noch unverkauften Kartoffeln sind von einem Tag auf den anderen wertlos geworden. Die Bauern erhalten dafür nicht mehr. Im Gegenteil: Sie müssen womöglich noch für die Vernichtung zahlen», warnt Romain Coons vom Branchenverband Belgapom.
Die Branche hat die Belgierinnen und Belgier dazu aufgerufen, Bauern und Verarbeitern zu helfen. So soll die Bevölkerung einmal zusätzlich pro Woche Kartoffelprodukte kaufen. «In Belgien isst einmal pro Woche Pommes. Wenn man es nicht übertreibt, verträgt es während der Coronakrise auch eine zweite Portion pro Woche», sagt Coons.
Die Kartoffelbranche ruft auch nach öffentlicher Unterstützung. Es sei das erste Mal, dass die Kartoffelwirtschaft die Regierung um Hilfe bitte, sagte Romain Coons zu «Euronews». Die Schwierigkeiten häuften sich. Und die Kartoffel sei nirgendwo Teil der EU-Gesetzgebung oder der Rettungspläne. Es gelte daher, eine rasche Lösung zu finden, die auch die Bauern einschliesse. Die EU-Kommission gestattet es den Marktteilnehmern, für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten auf ihrer Ebene Marktmassnahmen selbst planen und durchführen. Im Kartoffelsektor dürfen Marktrücknahmen vorgenommen werden. Auch die Lagerhaltung durch private Marktteilnehmer wird erlaubt.
Der Dachverband der Bauern- und Genossenschaftsverbände der EU, Copa-Cogeca, will mehr Unterstützung für die Kartoffelproduzenten in der Corona-Krise. Es müsse Beihilfen für die private Lagerhaltung von Pommes Frites und Zuschüsse für Marktrücknahmen geben, um überschüssige Kartoffeln im EU-Markt in den Griff zu bekommen. Copa-Cogeca schätzt die Überschüsse auf 2 bis 3 Millionen Tonnen. Dies insbesondere bei Pommes wegen der geschlossenen Gastronomie sowie wegen fehlender Exporte.