Rund um das Brandenburger Tor in Berlin kamen Landwirte, Handwerker und Spediteure zusammen. Die Polizei sprach von rund 6000 Fahrzeugen und 8'500 Teilnehmer. Der Deutsche Bauernverband sprach von fast 30'000 Demonstranten. Der Anlass war der Höhepunkt einer Aktionswoche. Diese protestierten gegen den Wegfall von Steuervergünstigungen.
Keine Vergünstigung mehr bei Agrardiesel
Die Bundesregierung will im Haushalt 2024 die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Rückvergütung kürzen. Derzeit können die Bauern 21,48 Cent pro Liter zurückfordern. Die Abschaffung der Rückerstattung bei der Mineralölsteuer soll nicht in einem Schritt vollzogen werden. Sie soll erst bis 2026 vollständig erfolgen.
2024 soll die Rückerstattung zunächst um 40 Prozent gekürzt werden. In den Jahren 2025 und 2026 wird jeweils eine weitere Reduzierung um 30 % erfolgen. Die Rückvergütung für das Jahr 2023 ist nicht betroffen. Die Befreiung der Traktoren von der Fahrzeugsteuer soll beibehalten werden.
Bauernverband hält an Forderung fest
Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, bekräftigte am Montag die Position des Verbands. «Zieht die Regierung die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück. Es reicht, zu viel ist zu viel.», sagte er am Brandenburger Tor. Die Branche sei gesprächsbereit. Der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei aber nicht fair, sondern faul. «Den nehmen wir nicht hin», stellte Rukwied klar. Die Demonstration sei ein Zeichen an die Politik für einen Neuanfang. «So kann es nicht weitergehen», führte er aus.
Der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nahm die Einladung des Bauernverbandes an, vor den Bauern zu sprechen. Er zeigte Verständnis für die Situation der Landwirte. Mit den Sparplänen habe man zu schnell zu viel verlangt von den Bauern. Deshalb habe die Regierung die Kürzungen abgeschwächt.
Lindner: «Kann nicht mehr Hilfe versprechen»
Er machte den Landwirtinnen und Landwirte keine Hoffnung auf weitere Zusagen. «Ich kann Ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt», sagte Lindner. Steigende Zinsen würden den Bundeshaushalt in Milliardenhöhe belasten. Zudem stünden hohe Investitionen in die Sicherheit und Infrastruktur an. Deshalb müsse jede Branche Kürzungen hinnehmen.
Der Finanzminister versprach hingegen Entlastung bei den Belastungen. Es brauche eine Agrarpolitik, die die wirtschaftliche Existenz sichere, sagte er. Lindner machte sich für mehr Freiheit und Anerkennung stark. Er will die «ideologische Bevormundung» beenden. Er hinterfragte die EU-Pläne für Flächenstilllegungen. Zudem will er Anpassungen bei der Einkommenssteuer. Schwankende Gewinne sollen berücksichtigt werden. Eine Tarifglättung oder eine steuerfreie Risikorücklage werde von ihm geprüft, führte Lindner aus.
Bauern: «Es ist eine Sauerei»
Bei den Landwirtinnen und Landwirten konnte Lindner gar nicht punkten. Seine Rede wurde von einem gellenden Pfeifkonzert und Rufen wie «Hau ab» oder «Du kannst nach Hause gehen» begleitet. Landwirte zeigten sich über die Rede von Lindner sehr enttäuscht. Ein Bauer sagte gegenüber der Tagesschau von SRF: «Lindner hat nichts gelernt. Es war umsonst, nach Berlin zu reisen.» Man werde weiter demonstrieren.
Eine Bäuerin hielt fest: «Es ist einfach eine Sauerei, was die Regierung macht. Die soll zu uns Landwirten stehen.»
Dieselsteuer in Deutschland
In Deutschland wird für Diesel für Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft aktuell eine Steuervergünstigung von 0,2148 Euro pro Liter gewährt (der Normalsteuersatz beträgt 0,47 Euro pro Liter). Nach den Plänen der Bundesregierung soll diese Agrardieselvergünstigung bis 2026 wegfallen. Die einzelnen Betriebe werden sehr unterschiedlich betroffen sein, die Zusatzkosten bei einigen Ackerbaubetrieben dürften deutlich im fünfstelligen Bereich liegen, hiess aus dem Bundesland Niedersachsen Anfang Januar. Die dortige Regierung lehnt die Sparpläne in der Landwirtschaft ab.
Der Wegfall von der Befreiung der Fahrzeugsteuer hätte Mehrbelastungen von bis zu 1’000 Euro je Traktor und Jahr, je nach Alter und Leistung, nach sich gezogen, schrieb das Bundesland Niedersachsen weiter.