Die Kirschessigfliege hat sich in den letzten Wochen massiv vermehrt. Kirschen, die nicht mit Netzen geschützt wurden, sind vielerorts verloren. Damit stellt sich die Frage nach der Zukunft der Hochstammkirschen.
Nach dem misslichen Wetter erleiden die Obstproduzenten den nächsten Dämpfer: Die Kirschessigfliege hat sich massiv vermehrt und bedroht die Ernten. Laut Jürg Maurer von der Fachstelle Obst und Beeren am Inforama Oeschberg BE hat sich die Situation bei Hochstammbäumen und in ungeschützten Anlagen in der ganzen Schweiz dramatisch zugespitzt: «Einen Monat nachdem die ersten befallenen Kirschen gefunden wurden, musste die Ernte vielerorts eingestellt werden.»
Produktion auf der Kippe
In den meisten eingenetzten Anlagen sei die Situation noch ruhiger: «Die Netze haben sich als wirksames Instrument gegen die Kirschessigfliege erwiesen.» Das Problem sei, dass der Aufwand für die Einnetzung der Hochstämmer zu gross sei: «Bei Hochstammkirschen hat man dem Schädling nichts entgegenzusetzen.» Das führe nicht nur zu Einbussen bei den befallenen Bäumen, sondern gefährde auch das Obst in den Anlagen. «Bleiben befallene Kirschen am Baum, kann sich die Fliege ungehindert vermehren.»
Stephan Durrer, Geschäftsführer des Vereins Hochstamm Suisse, ist sich der Problematik bewusst: «Die Hochstammkirschen-Produktion steht auf der Kippe. Wenn wir nicht bald eine hochstammtaugliche Strategie gegen die Kirschessigfliege finden, kann das das Ende des Industriekirschenanbaus bedeuten.» Dies sei insbesondere bedauerlich, weil es in den letzten Jahren gelungen sei, neue Absatzkanäle zu schaffen und Grossverteiler wie Coop zu gewinnen: «Nun droht die Fliege alle Bemühungen zunichtezumachen. Nach der Ernte werden wir die Situation analysieren müssen.»
Grosse Infektionsgefahr
Georg Bregy, Direktor des Schweizer Obstverbandes, teilt Durrers Befürchtungen: «Die Kirschessigfliege konnte sich stark vermehren. Wir haben Meldungen von Industriekirschenproduzenten erhalten, deren Hochstämmer trotz der empfohlenen Pflanzenschutzmassnahmen befallen sind. Einen sehr guten Schutz bietet die Einnetzung – und die ist im Feldobstbau keine Option.»
Von befallenen Hochstammobstbäumen gehe eine grosse Infektionsgefahr aus, betont auch Bregy. «Wir werden mit der Fliege leben müssen. Was das für die Zukunft der Hochstammkirschen heisst, ist offen. Klar ist, dass der Anbau schwieriger wird. Ich hoffe nicht, dass Bäume gefällt werden. Ebenso schlimm wäre allerdings, wenn sie nicht mehr gepflegt und abgeerntet würden.»