Das Gegenkomitee der Tierversuchsverbotsinitiative hat sich über die klare Ablehnung «sehr erfreut» gezeigt. Es sei ein Bekenntnis zum Forschungsplatz Schweiz und zur Gesundheit von Mensch und Tier in der Schweiz.
Die Bevölkerung habe realisiert, das mit einem Verbot die Gesundheit von Mensch und Tier in der Schweiz gefährdet worden wäre, sagte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür am Sonntag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Das rigorose Verbot hätte die Schweizer Bevölkerung vom medizinischen Fortschritt abgeschnitten, teilte der Wirtschaftsverband Scienceindustries mit. Versuche am Menschen und mit Tieren seien für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen zentral. Pharmaunternehmen hätten ihre Forschung bei Annahme der Initiative ins Ausland verlagert, wo weniger strenge Tierschutzgesetze gelten, teilten die Grünliberalen mit.
Laut dem Gegenkomitee mit Vertreterinnen aus allen Parteien sowie Verbänden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medizin stärkt die Ablehnung der Initiative deshalb den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz sowie die medizinische Grundversorgung von Mensch und Tier in der Schweiz.
Nein klarer als erwartet
Die Ablehnung sei mit fast 80 Prozent Nein-Stimmen noch ein Stück deutlicher als erwartet ausgefallen, sagte der Zürcher SVP-Nationalrat und Landwirt Martin Haab auf Anfrage von Keystone-SDA. Unter anderem die Corona-Pandemie hat laut Haab zum Nein beigetragen. Die Leute seien vielleicht etwas sensibilisierter bezüglich des Themas Gesundheitsversorgung gewesen. Wäre die Initiative heute schon in Kraft gewesen, hätte die Schweiz keine Impfstoffe nutzen können, sagte er weiter.
Die Grünen bezeichneten die Ablehnung der Tierversuchsverbotsinitiative auf Twitter als «einen sinnvollen Entscheid» der Stimmbevölkerung. Es sei jedoch unbestritten, dass das Tierwohl verbessert werden müsse. Die Partei nutzte die Gelegenheit, um für die Initiative gegen Massentierhaltung zu werben.
Tierversuche reduzieren unbestritten
Einig sind sich alle Parteien und Verbände darin, Tierversuche möglichst zu reduzieren. Der Co-Präsident des Initiativkomitees, Renato Werndli, zeigte sich zwar enttäuscht über das klare Nein, immerhin habe die Initiative aber Druck auf den Bundesrat ausgeübt, sagte er. So hatte die Regierung Anfang 2021 ein Nationales Forschungsprogramm lanciert, um die Zahl der Tierversuche zu senken. Das Programm ist auf fünf Jahre ausgelegt und mit zwanzig Millionen Franken dotiert.
Für Animal Rights Switzerland ist das Nein zur Initiative «Kein Ja zu Tierversuchen». Es brauche nun umsetzbare Ausstiegspläne mit verbindlichen Reduktionszielen. Mit genau so einem Ausstiegsplan richteten sich die Jungen Grünen mittels einer Petition am Sonntag an den Bundesrat. Darin fordern sie Massnahmen, mit denen «in den nächsten Jahrzehnten» Tierversuche abgeschafft werden können.
Initiativkomitee: Fehlende Empathie
Auch Reto Werndli vom Initiativkomitee will sich weiterhin für das Tierwohl einsetzen. «Die Tiere können sich nicht selber wehren. Wir können sie nicht einfach im Stich lassen», sagte er Keystone-SDA.
Der 68-Jährige will das Thema deshalb in ein paar Jahren wieder aufs politische Parkett bringen. «Wir treffen uns schon morgen, um die nächste Initiative zu planen», sagte er. Dieses Mittel sei ein einmaliges, um «unsere Botschaft» zu vermitteln.
Werndli führt das Nein der Bevölkerung auf mangelnde Empathie zurück. Man habe die Bevölkerung mit wissenschaftlichen Fakten zu überzeugen versucht, sagte Werndli. Die Stimmbevölkerung habe den Initianten aber nicht geglaubt, «obwohl wir unabhängig sind», sagte er.
Die Initiative, die 2017 von St. Galler Bürgern lanciert wurde, wollte alle Versuche an Tieren und Menschen sowie die Einfuhr von Produkten, für die Tier- und/oder Menschenversuche durchgeführt wurden, verbieten.


