Trotz ihres Heisshungers auf Gartengemüse ist die allseits bekannte rote Spanische Wegschnecke äusserst genügsam: Die eingeschleppte Art kommt mit weniger Futter aus und erträgt Hitze besser als ihre hiesigen Verwandten. Das haben Berner Forscher herausgefunden.
So könnte der Klimawandel den gefrässigen Fremdlingen noch Vorschub leisten: «Wärmere Sommer und mildere Winter könnten die Expansion der invasiven Art in höhere Lagen und die weitere Ausbreitung im Tiefland begünstigen», schreiben die Forscher am Mittwoch im Fachblatt «Proceedings of the Royal Society B».
Einheimische Wegschnecke praktisch verschwunden
Ihre Studie stütze somit die berechtigte Sorge, dass der Klimawandel die Ausbreitung invasiver Arten begünstigen wird, schreiben die Forscher.
Schon heute gehört fast jede rote Nacktschnecke in Gärten oder auf Strassen zur eingeschleppten Art Arion lusitanicus, der sogenannten Spanischen Wegschnecke. Ihre einheimische Konkurrentin, die Rote Wegschnecke (Arion rufus), hingegen ist beinahe vollständig verschwunden.
Welche Eigenschaften den Siegeszug der roten Gartenplage ermöglichten, haben Eva Knop und Nik Reusser von der Universität Bern in Feldversuchen an der Schynigen Platte im Berner Oberland untersucht. Sie setzten in fünf Höhenlagen von 700 bis 2400 Metern über Meer Schnecken der invasiven sowie einer heimischen Art in Töpfen aus. Einen Teil davon fütterten sie mit reichlich Gurke und Pilzen, ein anderer erhielt Schmalkost.
Hansdampf in allen Gassen
Es stellte sich heraus, dass die eingeschleppten Nacktschnecken bei hohen Temperaturen und Nahrungsmangel besser überlebten und mehr Nachkommen zeugten als ihre hiesigen Verwandten. Sie konnten jedoch weniger gut als diese mit Kälte umgehen.
Als «Hansdampf in allen Gassen» bezeichnen die Forscher deshalb die roten Weichtiere. «Die Spanische Wegschnecke ist sehr stresstolerant und kann Futter gut verwerten», sagt Knop zur Nachrichtenagentur sda. Bei feuchtwarmem Wetter kann sich die Art explosiv vermehren. Sie ist heute in Mitteleuropa die häufigste Nacktschnecke im Tiefland.
In Zukunft könnte sie zudem in höhere Lagen vordringen, wo derzeit noch die heimischen Wegschnecken vorherrschen. Denn die wärmeren Sommer und milden Winter, die mit dem Klimawandel zu erwarten sind, begünstigen sie. «Bis vor kurzen kam die Spanische Nacktschnecke auf 2000 Metern gar nicht vor», sagt Knop. «Heute explodieren dort die Bestände regelrecht.»
Samen verdaut statt verbreitet
Die Dominanz der Fremdlinge ist nicht nur für Gärtner, sondern auch für das heimische Ökosystem ein Problem. Eine Masterarbeit unter Knops Leitung konnte unlängst aufzeigen, dass sie Pflanzensamen stärker verdauen als hiesige Arten. Nach der Darmpassage durch eine Spanische Nacktschnecke keimten nur halb so viele Samen wie wenn sie von einer hiesigen Schnecke gefressen worden waren.
«Schnecken spielen als Samenverbreiter eine grosse Rolle», sagt Knop. Als nächstes wollen die Forscher nun erkunden, ob die einheimischen Arten direkt von den Spanischen Nacktschnecken verdrängt werden, oder ob eine genetische Vermischung durch Verpaarung zum deren Aussterben führt.