Die Nutztierhalter sind aktuell auf Brüssel nicht gut zu sprechen. Die Europäische Kommission sei vor allem für die Tierhalter in der EU derzeit alles andere als eine Stütze und mache ihnen «unnötig das Leben schwer», beklagten die Präsidenten der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA), Christiane Lambert und Ramon Armengol.
Ohnehin seien die Tierhalter von den hohen Preisen für Energie und Futtermittel besonders gebeutelt. Nun kämen für die Betroffenen noch unnötige zusätzliche Erschwernisse aus Brüssel hinzu. Lambert nannte hier als Beispiel die geplante Novelle zur Industrieemissionsrichtlinie.
Die EU-Behörde wolle alle Schweine-, Geflügel und Rinderbetriebe mit jeweils mehr als 150 Grossvieheinheiten (GVE) in die Vorgaben dieser Richtlinie aufnehmen. Hinzu komme die anhaltende Weigerung, die Flora-Fauna-Habitat-(FFH)-Richtlinie mit Blick auf die grossen Beutegreifer zu verschärfen und deren Abschuss zu erleichtern, monierte die Französin.
Unnötige Steine in Weg legen
Sehr grosse Bedenken äusserten sowohl Lambert als auch Armengol ausserdem im Hinblick auf die geplanten Verschärfungen des EU-Tierschutzrechts. Der COGECA-Präsident warf der zuständigen EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides vor, sich den Warnungen der beiden Dachverbände nicht hinreichend zu stellen.
Lambert beklagte, dass die Kommission mit den möglicherweise geplanten Einschränkungen bei der Lebendtiertransportdauer den Tierhaltern unnötigerweise weitere Steine in den Weg lege.
Fleischproduzenten wären die Leidtragenden
Mit Unbehagen wird COPA und COGECA darüber hinaus der offenbar neue Anlauf für die Ratifizierung der Handelsübereinkunft mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gesehen. Die Fleischerzeuger in der EU wären die Leidtragenden, warnte Lambert.
Gleiches gelte auch für den Zuckersektor. Bekanntlich gestand die EU-Kommission im Jahr 2019 im Rahmen der politischen Einigung mit den Mercosur-Staaten Jahreskontingente von 190’000 t Zucker und 180’000 t Geflügelfleisch sowie eine präferierte Freihandelsquote für Rindfleisch von jährlich 99’000 t zu.
Nicht rechtskonform
Kritik übte die COPA-Präsidentin schliesslich auch am jüngst gefallenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Einsatz neonikotinoider Wirkstoffe.
Laut der Entscheidung sind Notfallzulassungen dieser Wirkstoffe zur Behandlung von Saatgut nicht rechtskonform. Lambert beklagte, das Verbot werde zu weiteren Ertragseinbussen bei der Zuckerrübenerzeugung führen. Die Folge seien noch mehr Zuckerimporte aus Drittstaaten, so die scheidende Präsidentin des französischen Bauernverbandes (FNSEA).