Das Stoffwechselzentrum der Universität Zürich in Lindau ZH ist einmalig auf der Welt. Mit aufwendiger Technik werden bei den Kühen Fütterung, Atemluft, Ausscheidungen und mehr gemessen und analysiert.
Im hinteren Teil des Strickhofs in Lindau verstecken sich in einem unscheinbaren Bau Anlagen, die hoch technisiert sind. Es handelt sich um Kammern, mit denen die Wissenschaft Tiere auf den Prüfstand nehmen kann. Ziel ist, ihren Stoffwechsel zu beobachten und genau zu analysieren. «Bereits 2009 entstand die Idee zu diesem Projekt», erklärte Carla Soliva von der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. «Unterdessen konnten wir die Kammern für drei Millionen Franken erstellen und einrichten.»
Studien genehmigt
Die Respirationskammern waren bereits für einige Projekte im Einsatz. «Aktuell zum Beispiel läuft eine Studie, in der der Stoffwechsel einer Kuh von acht Wochen vor bis zwölf Wochen nach der Geburt eines Kalbes untersucht wird», erklärte die Referentin. «Das ist eine Phase, in der der Stoffwechsel besonders belastet wird. Dieses Projekt wurde wie alle anderen vom kantonalen Veterinäramt bewilligt.» Solche Tiere werden langsam an die ungewohnte Umgebung gewöhnt, bis sie in der Lage sind, bis zu drei Tagen ruhig in der Kammer zu bleiben.
Ist es einmal so weit, so wird die Respirationskammer verschlossen. Die einströmende Luft wird ständig analysiert, damit ein Vergleich mit der ausströmenden Atemluft möglich wird. Das Klima bleibt zudem konstant. Die Forscher interessieren sich je nach Versuchsanlage dafür, was und wie viel eine Kuh frisst. Sie fangen den Urin auf und sammeln den Kot ein. Aber auch die Atemgase sind von Interesse.
Noch offene Fragen
Die genauen Untersuchungen und Analysen ermöglichen in der Folge Rückschlüsse auf den Stoffwechsel. «Die Auswirkungen des Futters auf die Methanbildung oder die Veränderung des Stoffwechsels auf das Alter können mögliche Untersuchungsziele sein», erklärte Carla Soliva. «Damit das möglich ist, befindet sich nicht nur über den Kammern, sondern auch im Nebenraum eine aufwendige Technik, die in dieser Art auf der Welt einmalig ist.»
Noch nicht ganz gelöst sind Fragen zum Tierwohl. Die Kuh wird zwar jeden Tag zweimal gemolken. Eine Videokamera überwacht sie ständig. Im Notfall ist immer eine Person erreichbar. Trotzdem bleibt sie alleine und eingesperrt, kann sich nur wenig bewegen. Die Beschäftigung fehlt. «Wir machen uns ständig Gedanken, welche Verbesserungen wir noch umsetzen können», betonte Carla Saliva. «Oft bleibt es aber schwierig, weil wir zum Beispiel bei einer Kuh in Bewegung Kot und Urin kaum mehr einsammeln können.»
Beachtenswertes Projekt
Ein erweitertes Stoffwechselzentrum gehört zum Projekt Agrovet Strickhof, das für die Ausbildungsstätte in Lindau grosse Veränderungen bringen wird. Daran beteiligt sind die Universität Zürich, die ETH Zürich und der Strickhof. Geplant sind ein neuer Milchviehstall mit Raus und BTS, ein Stall für Jungvieh und Mast, ein Flachsilo, Gebäude für Trockenfutter, Forum sowie Büro und Labor. Die ETH erstellt im Baurecht das Stoffwechselzentrum. «Für den Strickhof belaufen sich die Kosten auf 29 Millionen Franken», sagte Hans Schneebeli vom Strickhof. «Die ETH wendet 33 Millionen Franken auf.»
«Mit dieser Erneuerung schaffen wir ein Wissenszentrum für Ausbildung und Forschung im Bereich Tierhaltung», sagte Schneebeli. «Von der Grundausbildung bis zur universitären Ausbildung befindet sich alles an einem Standort mit moderner Infrastruktur. Somit gibt es nur noch einen Betreiber für alle landwirtschaftlichen Tätigkeiten.» Damit verbunden ist die Reduzierung des Tierbestandes aller drei Beteiligten von 600 auf 380 GVE.
Inbetriebnahme Frühling 2017
Auffallend am Projekt ist das Sheddach des Milchviehstalles. Es hat sich für das Stallklima als die beste Variante herausgestellt. Der Stall bietet Platz für Versuchsherden, Kranken- und Bullenbuchten, Galtkühe, Abkalbung, Melkstand und Melkroboter. Die Mast, das Jungvieh und die Kälberiglus sind in einem zweiten Stall untergebracht.
Läuft alles rund, so beginnt die Bauausführung Mitte 2015. Die Inbetriebnahme ist für den Frühling 2017 vorgesehen. «In dieser Zeit sind unsere Tiere bei Nachbarn untergebracht. Brauchen wir die Kühe für die Schulung, so können wir sie im alten Schweinestall unterbringen.»