Seit der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima sind fünf Jahre ins Land gezogen. Einige Bauern haben ihre Rinder trotz behördlicher Anordnung nicht getötet. Diese werden nun erforscht.
Am 11. März 2011 ereignete sich in Japan nach dem verheerenden Tsunami die grösste Nuklearkatastrophe seit Tschernobyl (Ukr) im Jahre 1986. Die Flutwelle überschwemmte das Kraftwerkgelände und zerstörte die Notstromaggregate. In drei Reaktoren kam es in der Folge zur Kernschmelze.
Das Gebiet in einem Umkreis von 20 Kilometer wurde evakuiert. Seither sollte diese Region menschenleer sein. Der Staat lässt zwar riesige Gebiete dekontaminieren, doch noch immer können Tausende von Menschen wegen der radioaktiven Belastung nicht in ihre Häuser zurückkehren.
«Kann auch euch widerfahren»
Einige Bauern kehren aber immer wieder zurück in die Sperrzone. Zum Zeitpunkt der Katastrophe weideten auf den Wiesen rund um das Atomkraftwerk 3'500 Rinder und andere Nutztiere. 2012 ordnete die Behörde an, die Tiere zu töten. Doch einige Bauern missachteten die Anweisung. Mehrere hundert Kühe leben derzeit noch in der Nähe des AKW. Ihre Besitzer versorgen die Rinder regelmässig.
Masami Yoshizawa besitzt noch immer 300 Kühe, die sich von radioaktiv verseuchtem Gras ernähren, wie «Der Standard» berichtet. Mit der Aktion will er gegen den Kraftwerksbetreiber Tepco und die Regierung protestieren. "Ich will den Menschen auf der ganzen Welt sagen: Was mir passiert ist, kann morgen auch euch widerfahren", mahnt der Bauer.
Grenzwert 15-fach überschritten
Landwirt Yukio Yamamoto brachte es nicht übers Herz, seine Herde zu töten. «Sie sind meine Familie. Wie könnte ich sie töten? Wenn es einen Gott gibt, bin ich mir sicher, dass wir eines Tages für die Opfer, die wir bringen, belohnt werden. »
Auch der 57-jährige Fumikazu Watanabe hat seine Tiere nicht getötet. Seine Kühe fressen Gras, dass den zulässigen Grenzwert um das 15-fache übersteigt. Die Rinder werden nun wissenschaftlich untersucht, um die Auswirkungen der radioaktiven Strahlung in Erfahrung zu bringen.
Organe der Rinder haben sich nicht verändert
Keiji Okada, Professor am Institut für Veterinärmedizin und Landwirtschaft an der Iwate-Universität in Tokio, will die gewonnen Daten dazu nutzen, um herauszufinden, wann Landwirtschaft in verseuchten Gebieten wieder möglich sein wird. «Bislang gibt es keine Studien über Tiere, die länger einer niedrigen Dosis Radioaktivität ausgesetzt waren. Tatsächlich haben wir keine Ahnung, was herauskommen wird», erklärt er.
Die ersten Ergebnisse deuten nicht darauf hin, dass sich die inneren Organe und die Fortpflanzungsfunktion signifikant verändert haben. Wie es in einem Artikel auf bluewin.ch weiter heisst, sei es nach fünf Jahren aber noch zu früh zu urteilen, ob die Krebswahrscheinlichkeit höher ist oder nicht. Bis im März des kommenden Jahres wollen die Forscher weitere Ergebnisse liefern.
Bauer Yamamoto indes hofft, dass dank der Studie bereits in wenigen Jahren wieder viele Kühe auf den Weiden rund um Fukushima weiden werden und seine Enkel Landwirtschaft betreiben können.
Wildtiere vermehren sich rasant
Die Population von Wildschweinen, Bären, japanischen Marderhunden und anderen Wildtieren ist in der Region fünfeinhalb Jahre nach der Reaktorkatastrophe hingegen rasant in die Höhe geschossen. Im Vergleich zu landwirtschaftlich genutzten Gebieten liege die Zahl der in den verlassenen Gebieten lebenden Tiere um das Vier- bis Fünffache höher, berichtet die Zeitung «Nikkei» unter Berufung auf eine Erhebung der Universität Fukushima.
Ein Grund sei, dass Wildschweine, Bären und andere Tiere in den von Menschen verlassenen Orten leichter Nahrung fänden. Die deutliche Zunahme der Wildtierpopulation könne die Rückkehr der Bewohner nach erfolgter Dekontaminierung erschweren, hiess es.