«Über 100 Millionen Kilo Kartoffeln pro Jahr müssen Bauern ihren Kühen verfüttern», berichtete das SRF-Wirtschaftsmagazin ECO am Montag. Den Landwirten gingen so rund 25 Millionen Franken verloren. -> Mit Video
«Grüne Stelle, Oberflächen-Schorf, schalenlose, braune Stelle», sagt der Kartoffel-Kontrolleur und wirft die Knollen in einen Behälter, der es nicht in den Handel zu den Konsumenten schaffen wird. Diese Szene spielt sich in einem Sammellager der Fenaco ab. Man sah sie am Montagabend im Wirtschaftsmagazin des Schweizer Fernsehen ECO.
Laut dem Beitrag werden pro Jahr über 100 Millionen kg Kartoffeln, das sei ein Drittel der gesamten Kartoffelproduktion, aussortiert und Kühen verfüttert.
Einbussen von 25 Millionen Franken
Das kommt den Schweizer Bauern teuer zu stehen. Laut ECO geben sie für eine Hektar Kartoffeln rund 10 000 Franken für Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel aus. Für die Kartoffeln, die sie den Kühen verfüttern, bekommen sie nichts. Das führt laut Schätzungen von ECO zu Einbussen von insgesamt 25 Millionen Franken. Dabei wäre die Hälfte der aussortierten Kartoffeln problemlos geniessbar für Menschen, wie eine Studie der Hochschule für Agrar- Forst- und Lebensmittelwissenschaften (Hafl) zeigt.
Detailhandel schiebt Ball Konsumenten zu
Man halte sich an die gesetzlichen Vorgaben und daran, was der Handel fordere, heisst es von den Branchenvertretern bei ECO. Konsumentinnen und Konsumenten seien so wählerisch, dass sie eine Kartoffel mit einem kleinen Schönheitsfehler oder eine, die in ihrer Form vom Standard abweiche, nicht kaufen wollten. Migros und Coop wollen nicht vor die Kamera und nehmen schriftlich Stellung. Migros schreibt etwa: «Gerade im Offenverkauf zeigt sich, dass die Konsumenten nach wie vor sehr visuell orientiert sind.»
Foodwaste
Wie die Kartoffel gehen in der Schweiz noch viele andere Lebensmittel verloren, wie SRF die Seite foodwaste.ch zitiert:
• Rund ein Drittel aller in der Schweiz produzierten Lebensmittel geht zwischen Feld und Teller verloren oder wird verschwendet: 2,3 Millionen Tonnen.
• 43 % davon gehen in Landwirtschaft und Verarbeitung verloren, 12 % in Grosshandel, Gastronomie und Detailhandel, und 45 % verschwenden die Haushalte.
• Am häufigsten wird Frischgemüse weggeworfen oder geht verloren (63 %). Es folgen Kartoffeln (61 %) und Brot (56 %).
Schönheitsfehler lassen sich verkaufen
Dabei gibt es durchaus Konsumentinnen und Konsumenten, die Lebensmittel mit kleinen Schönheitsfehlern kaufen. Im SRF-Beitrag wird der Verein Grassrooted vorgestellt. Sie verkaufen im Zürcher Hauptbahnhof Gemüse und Früchte, die nicht dem Standard der Grossverteiler entsprechen 20 Prozent günstiger. Mit diesem Konzept hätten sie Erfolg und ihre Kundenzahl nehme stetig zu, wie sie sagen.
Auch in anderen Städten gibt es vergleichbare Projekte. So etwa der «Gmüesgarte» in der Berner Altstadt. Hier gibt es neben Smoothies, Suppen und Salaten aus «chrummem» Gemüse und Früchten oder Gemüse und Obst, das nicht den Normen entspricht.