Im Auftrag von Coop, Migros, IP-Suisse, Bio Suisse und Mutterkuh Schweiz kontrolliert der STS Labeltiertransporte. Zu Sanktionen kommt es oft, weil die Fahrzeuge überladen sind oder die Tiere grob behandelt werden.
«Viele Kleintransporteure und auch viele Bauern verfügen nur über mangelhaft ausgestattete Fahrzeuge zum Transport von Tieren.» Dieses harte Urteil stammt von Claus Mayer vom Kontrolldienst des Schweizer Tierschutz (STS). Er äusserte es an einer Tagung zum Thema Tiertransporte und Schlachthöfe des STS, die Mitte Juni stattfand.
Mayers Behauptungen sind nicht aus der Luft gegriffen. Immerhin führt der STS für Coop (Naturafarm), IP-Suisse, Migros (Weide-Beef und Bio Weide-Beef), Bio Suisse und seit 2014 auch für Mutterkuh Schweiz privatrechtliche Kontrollen von Tiertransporten, insbesondere Schlachttiertransporten, durch.
Punktabzüge
Aufgrund einer STS-Richtlinie werden Beanstandungen mit 1 bis 15 Punkten bestraft. Transporte mit 0 bis 4 Punkten gelten als ausgezeichnet, solche mit mehr als 20 Punkten als sehr schlecht. «Ab 15 Punkten sprechen die meisten Auftragspartner Sanktionen aus», so Mayer. Das Sanktionsschema existiert seit 2009, seither hat der STS-Kontrolldienst einen markanten Rückgang der schweren Beanstandungen verzeichnet.
Allerdings ist seit 2012 eine Trendumkehr zu verzeichnen, laut Mayer insbesondere im Label IP-Suisse: «Während Naturafarm-Tiere fast ausschliesslich von gewerblichen Transportunternehmen transportiert werden, werden IP-Suisse-Tiere auch von Kleintransporteuren und oft auch von Bauern direkt angeliefert.» Und ebendiese Bauern, so Mayer, seien oft nur mangelhaft ausgerüstet.
Überladene Fahrzeuge und grober Umgang
Da IP-Suisse und der STS 2013 diese Kleintransporteure und die Bauern stärker überprüft hätten, seien auch mehr Vergehen ans Licht gekommen. Das hat dazu geführt, dass bei den von grossen Unternehmen durchgeführten Schweinetransporten 70 Prozent (IP-Suisse) bzw. 81 Prozent (Coop Naturafarm) als gut oder ausgezeichnet eingestuft werden. Bei Kleintransporteuren und Selbstfahrern liegt diese Quote bei nur 33 Prozent.
Häufig bemängelt werden überladene Fahrzeuge und der grobe Umgang mit den Tieren. Darunter fallen das Schwanzdrehen oder der Einsatz des Elektrotreibers. Das sind gemäss Sanktionsschema sehr schwere Beanstandungen. In der Kategorie schwere Beanstandungen trifft der STS häufig auf fehlende Seitenschutzwände und Abschlussgitter und auf nicht transportfähige Tiere.
Schwammiger Begriff
Doch wann ist ein Tier transportfähig? «In der Gesetzgebung steht, dass Tiere einen Transport ohne Schaden überstehen müssen und dass kranke, verletzte, geschwächte, hochtragende oder sehr junge Tiere unter besonderen Vorsichtsmassnahmen befördert werden müssen», versuchte Aurelia Zimmermann vom STS-Kontrolldienst eine Definition. «Die Gesetzgebung beinhaltet aber keine konkreten Beispiele und definiert weder eine Nicht-Transportfähigkeit noch die besonderen Vorsichtsmassnahmen.» Deshalb habe der STS in Zusammenarbeit mit den Labelinhabern versucht, die Transportfähigkeit zu definieren.
Demnach dürfen nur gehfähige Tiere verladen werden (ausgenommen Tiere, die getragen oder die mit einem Spezialfahrzeug transportiert werden) und keine Tiere mit schweren Verletzungen oder Gebrechen wie grossen Wunden, Knochenbrüchen oder Festliegen. Bei zweifelhaften Fällen soll der Chauffer in den Augen des STS Tiere nur mitnehmen, wenn der Tierhalter ein Attest eines Tierarztes vorlegen kann, das die Transportfähigkeit bescheinigt. Zweifelhafte Fälle sind laut STS Tiere mit schweren Euter- oder Lungenentzündungen, Durchfallerkrankungen, sehr stark abgemagerte Tiere oder Tiere mit einem Hornabriss.
Mit den Augen einer Kuh
Oft verletzen sich Tiere, insbesondere freilaufende Rinder, erst beim Verladen. Sie wollen nicht in den Transporter und versuchen, über Abschrankungen zu springen. Weshalb das so ist, erklärte Christian Manser vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen: «Kühe sehen in der Nacht sogar besser als der Mensch. Die Anpassung der Pupille an wechselnde Lichtverhältnisse dauert bei ihnen aber etwa zehn Mal länger als bei Menschen. Ändernde Lichtverhältnisse sind für sie eine besondere Herausforderung.» Rund 20 bis 30 Sekunden daure es, bis sich die Kuh ans Dunkel im Transporter gewöhnt habe.
Dazu kommt laut Manser, dass Kühe gern von dunkel zu hell gehen. «Es ist für sie wertvoll, wenn sie stillstehen und den Kopf tief halten dürfen. Dabei haben sie die beste Sicht auf den Boden und können ihre Umgebung am einfachsten erfassen.» Manser riet, immer wieder zu versuchen, die Umgebung durch die Augen einer Kuh zu sehen. «So können Gitterroste oder Ringe von Schachtdeckel und Wasserlachen auf dem Boden die Tiere beim Gehen verunsichern. Flatternde Kunststoffstücke, an der Wand stehende Geräte, hervorstehende Wasserhähne stellen ein ernst zu nehmendes optisches Hindernis für Rinder dar.»