Eine Kuh von Landwirt Reinhard Pfurtscheller hat im Sommer 2014 eine deutsche Touristin zu Tode getrampelt. Der Bergbauer bedauert den Vorfall sehr. Ein Einzäunen der gesamten Alp sei aber nicht möglich, sagt er in einem Interview mit dem TV-Sender ORF.
Das Urteil gegen einen Bergbauern in Österreich schlägt hohe Wellen. Der Ehemann und der Sohn des Opfers erhalten insgesamt rund 180'000 Euro. Zusätzlich müsse der Bauer dem Mann eine monatliche Rente von 1200 Euro und dem Sohn von 350 Euro zahlen, teilte das Landgericht Innsbruck am vergangenen Freitag mit. Insgesamt beläuft sich die Summe auf gegen 490'000 Euro (560'000 Franken).
Warnschilder nicht ausreichend
Im Sommer 2014 war im Pinnistal, einem Seitental des Stubaitals, eine 45-jährige Deutsche, die mit ihrem Hund unterwegs war, von den Kühen des Neustifter Bauern attackiert und zu Tode getrampelt worden. Sie hatte ihren Hund angeleint.
Nach Auffassung des Gerichts hatte der Bauer nur unzureichend vor den Gefahren einer Mutterkuhherde, in der Kälber aufwachsen, gewarnt. Die aufgestellten Warnschilder hätten nicht ausgereicht. «An einem neuralgischen Punkt wie dem Unfallort sind Abzäunungen zum Schutz des höchsten Gutes, des menschlichen Lebens, notwendig und aufgrund des geringen Aufwandes auch zumutbar», argumentierte das Gericht.
Seit 20 Jahren unfallfrei auf der Alp
Reinhard Pfurtscheller aus Neustift im Stubaital hat bisher immer die Sommer mit seinen Kühen im Pinnistal. Ob der Bauer noch weiter auf die Alp geht, ist nach dem Urteil mehr als fraglich. «Das Urteil war mich ein Schock. Wir haben alles gemacht, was vorgeschrieben ist», sagt der Landwirt zum TV-Sender ORF. Die Alp werde seit dem 16. Jahrhundert genutzt.
«Für mich ist ein solches Urteil unverständlich», fährt er fort. Seit 20 Jahren geht er mit seinen Rindern auf die Alp. Bisher ist noch nie etwas passiert. Er hat nun Angst, seine Kühe in diesem Sommer zu alpen. «Ich habe immer ein ungutes Gefühl. Ich hoffe dann immer wieder, dass nichts passiert», erklärt Pfurtscheller. «Wenn ich dann zurückkehre und nichts passiert, bin ich erleichtert», fährt er fort.
Verkettung unglücklicher Umstände
Den Hof hat er zusammen mit seiner Frau vor 20 Jahren von einem Landwirt übernehmen können. Sie sind erfolgreiche Züchter, das Fleisch der Tiere wird in einer Supermarktkette im nahen Innsbruck verkauft. Angelika Pfurtscheller war an jenem Unfalltag im Juli 2014 ins Tal gefahren. Ihr Mann sei dann über den Vorfall informiert worden. «An jenem Abend haben wird lange darüber geredet. Es war einfach schlimm», sagt sie unter Tränen. Sie hofft, dass das Urteil noch umgestossen wird.
Der Unfall sei eine Verkettung unglücklicher Umstände, erzählt der verurteilte Landwirt aus Neustift im Stubaital. Gemäss Zeugen hätten zwei Hunde einer italienischen Touristin kurz vor dem Unglück die Kälber der Herde angegriffen. «Die Kuh Heide war so bereits gereizt», macht Reinhard Pfurtscheller deutlich. Rund 60 Minuten ereignete sich rund 60 Minuten später.
Hofft auf vollständige Aufhebung
Er kann das Urteil nicht nachvollziehen. «Ich kann mich nicht den ganzen Tag neben den Kühen hinstellen und schauen, was sie machen. Sie können sich frei bewegen, haben gewisse Wasserquellen und müssen deshalb immer wieder den Weg queren.» «Ich kann nicht jeden Wanderweg auszäunen», fährt er fort.
Pfurtscheller hofft nun, dass die nächste Instanz das Urteil vollständig aufhebt. Sollte das Urteil aber Bestand halten, sehe es sehr düster aus. «Aber nicht nur für mich, sondern überall», fährt er fort. Ob die Versicherung hafte, wenn das Urteil hält, kann die Familie noch nicht abschätzen.