Die liechtensteinischen Älpler forderten eine gesetzliche Regelung, um nicht allein die Verantwortung für mögliche Zwischenfälle zwischen Mutterkühen und Wanderern tragen zu müssen.
Martin Buchli
Die Forderung der liechtensteinischen Älpler nach mehr Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Mutterkühen und Wanderern im vergangenen Jahr hat Wirkung gezeigt: Geplant ist, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) um einen zusätzlichen Absatz zu ergänzen.
Zunehmende Wolfspräsenz
Damit soll, wie das Liechtensteiner Vaterland berichtet, nicht nur die Haftung der Tierhalter präzisiert, sondern auch die Eigenverantwortung der Wanderer gesetzlich festgeschrieben werden. Anstoss für diese Anpassung war die Sorge der Älpler, dass es durch die zunehmende Wolfspräsenz im Land häufiger zu gefährlichen Situationen auf den Alpen kommen könnte.
Mutterkühe würden instinktiv ihre Kälber schützen – und reagierten besonders auf Hunde, die sie als Bedrohung wahrnehmen könnten, so die Begründung. Mit dem Wolf als natürlichem Feind im Gebiet könnte sich dieses Verhalten weiter verschärfen. Die Älpler forderten daher eine gesetzliche Lösung, um nicht allein die Verantwortung für mögliche Zwischenfälle tragen zu müssen.
Tierhalterhaftung genauer regeln
«Das Ziel soll sein, dass die Tierhalterhaftung genauer geregelt wird und insgesamt mehr Rechtssicherheit entsteht», sagt Werner Brunhart, Leiter des Amtes für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen, gegenüber dem Liechtensteiner Vaterland. Der entsprechende Gesetzesartikel soll sich dabei eng am österreichischen Vorbild orientieren, wo 2019 eine ähnliche Regelung eingeführt wurde.
Darin wird neben den Pflichten der Tierhalter auch die Sorgfaltspflicht der Wanderer festgehalten. «Damit wird die Verantwortung zur Verhinderung von Unfällen mit Tieren sowohl auf den Tierhalter, als auch die Besucher von Alpen und Weiden verteilt», so Brunhart. Für Liechtenstein ist das von Bedeutung, da der sogenannte Alpvogt, der während der Alpsömmerung für das Vieh und die Sicherheit auf der Alp verantwortlich ist, bislang einen Grossteil dieser Verantwortung trägt.
Nicht auf stark frequentierten Wanderwegen
Die Sömmerungsverordnung regelt zudem, dass aggressive Tiere aus dem Alpgebiet entfernt und Mutterkühe nicht auf stark frequentierten Wanderwegen gehalten werden dürfen. Unterstützt werden die Alpvögte dabei von Checklisten und Empfehlungen von Fachstellen wie der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL). So kann dokumentiert werden, dass sämtliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden.
Ein Urteil des österreichischen Obersten Gerichtshofs im Mai dieses Jahres verdeutlicht die Bedeutung dieser Eigenverantwortung: Dort wurden Wanderer nach einer Kuhattacke mitverantwortlich gemacht, da der Landwirt ordnungsgemäss gewarnt und alle vorgeschriebenen Massnahmen getroffen hatte. Ein Einzäunen der Wege sei nicht verpflichtend, urteilte das Gericht.
Die Vorlage befindet sich aktuell im gesetzgeberischen Verfahren und soll in der zweiten Jahreshälfte dem Landtag vorgelegt werden. Ob die Regelung rasch in Kraft tritt, hängt laut dem Liechtensteiner Vaterland auch davon ab, ob ein Referendum ergriffen wird.