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Laborfleisch wird nicht verboten

Mehrere Unternehmen forschen an Kunstfleisch. Nationalrat Pierre-André Page (SVP/FR) wollte die Herstellung von Kunstfleisch aus Stammzellen in der Schweiz verbieten. Seine Ratskolleginnen und -kollegen wollten davon nichts wissen.

Für die Herstellung von In-vitro-Fleisch, so genanntem Labor- oder Kunstfleisch, werden Stammzellen benötigt. Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die sich unter geeigneten Bedingungen teilen können, um eine Tochterzelle, die die Stammhaftigkeit beibehält hervorzubringen.

Verbot

Laborfleisch ist das Ergebnis von Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch für den menschlichen Verzehr im industriellen Massstab in vitro herzustellen. Einige Staaten wie Italien haben diese Herstellung verboten. Auch in der Schweiz wurde ein solches Verbot diskutiert. Nationalrat Pierre-André Page (SVP/FR) reichte die Motion «Herstellung von Kunstfleisch verbieten» ein.

Mit dem Vorstoss wollte er den Bundesrat beauftragen, alle notwendigen gesetzlichen Massnahmen zu ergreifen, um die Herstellung von Kunstfleisch aus Stammzellen in der Schweiz zu verbieten. Auch jeglicher Import solcher Produkte soll strengen Kontrollen der Lebensmittelsicherheit unterliegen. 

Schweizer Bauern in Gefahr

Page begründete dies mit dem Schutz der Gesundheit der Konsumenten. Der Landwirt aus dem Kanton Freiburg sieht im Laborfleisch auch eine Gefahr für die Landwirtschaft. «Die Bauernbetriebe produzieren Qualitätsfleisch, das unter strengen Auflagen und unter Einhaltung des Tierschutzes erzeugt wird und dessen Herstellung eine lange Tradition hat», schrieb Page in seiner Motion. Das Produkt profitiere vom Wissen jedes einzelnen Glieds der Kette, vom Bauern bis zur Metzgerin.

Mit einem Verbot könne nicht länger gewartet werden. Unternehmen im In- und Ausland würden an solchen Produkten forschen. «Wir müssen die Kontrolle über diese technologischen Entwicklungen übernehmen und behalten. Und zwar bevor Science-Fiction-Szenarien auf unseren Tischen Realität werden», warnte Page.

«Menschen vor Krankheiten schützen»

In der Debatte am Mittwoch im Nationalrat fügte der Freiburger noch einen dritten Grund hinzu: «Die Bezeichnung ist für den Konsumenten völlig irreführend. Er denkt, er kauft eine Keule, obwohl ihm ein Flügel verkauft wird.» Es liege in der Verantwortung des Bundes, für die sichere Lebensmittel zu sorgen. «Es ist auch seine Aufgabe, unsere Landwirtschaft und die Produzenten von zu verteidigen», schloss Page.

Es kam anschliessend zu einem Hin und Her. Sibel Arslan (Grüne/BS) sagte, die Klimaerwärmung sei die grössere Gefahr für die Menschheit. Sie fragte Page, ob er Hand bieten würde, um die Bevölkerung davor zu schützen. Page antwortete, dass die Schweiz in den Hügel- und Berggebieten über viele Weiden verfüge. Die Produktion dort sei hier sehr nachhaltig. Er wolle die Menschen vor Krankheiten schützen.

«Schönheit der Landschaft geht verloren»

Balthasar Glättli (Grüne/ZH) stellte Page eine Frage zu technischen Innovationen. Die SVP sei ja eine Partei, die gegen Technologieverbote sei. Damit spielte der Zürcher auf die Diskussion um die Kernenergie an. «Wie lässt sich so ein Verbot für Kunstfleisch vereinbaren», fragte Glättli. «Ich fordere ein Verbot dieses künstlichen Fleisches, weil es genannt wird», antwortete er. Er sei nicht gegen neue Technologien. «Es ist wichtig, neue Lösungen zu finden», führte er aus.

Nun erhielt Page Unterstützung von seinen Parteikollegen. «Kann Kunstfleisch die Landschaftspflege beeinflussen, da die Landwirtschaft eine wichtige Rolle Landschafts- und Weidepflege spielt», fragte Yvan Pahud (SVP/VD). Page sagte, dass ein grosser Teil des Parlaments die Schönheit der Landschaft schätze. «Solche Landschaften sind nur möglich, weil sie von Rindern genutzt werden, um sie aufzuwerten und ihre Qualität zu erhalten. Wenn wir die Rindfleischproduktion zugunsten einer künstlichen Produktion aufgeben, werden wir diese Schönheit verlieren», warnte Page.

Thomas Knutti (SVP/BE) brachte ungleiche Spiesse ins Spiel. «Ist es nicht diskriminierend für die Schweizer Bauern, wenn Kunstfleisch gefördert wird?», fragte Knutti. Page bejahte dies. Zwar würden Befürworter von Laborfleisch sagen, dass es auch Chancen für die Landwirtschaft gebe. Er glaube aber nicht daran, weil eben im Labor produziert werde. Auf einem Hof sei das schwierig. «Ich bin daher überzeugt, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Diskriminierung unseres Produkts handelt», sagte Page.

Laborfleisch: Migros reicht Antrag ein

Das israelisches Start-up-Unternehmen Aleph Farms hat zusammen mit der Migros im Juli 2023 in der Schweiz den ersten Antrag für kultiviertes Fleisch in Europa eingereicht. Vor 2030 dürfte das Produkt allerdings nicht in die Läden kommen. Sobald die Behörden ihre Zustimmung gegeben haben, dürfte das Produkt zunächst der gehobenen Gastronomie angeboten werden, sagte Migros-Sprecher Tristan Cerf damals.

Aleph Farms verfolgt gemäss eigenen Angaben das Ziel, die «weltweit ersten kultivierten Rindersteaks unter der Marke Aleph Cuts» in der Schweiz zu verkaufen.  Aleph Farms ist in Israel ansässig. Die Firma bezeichnet sich als Unternehmen für zelluläre Landwirtschaft, welches die Nachhaltigkeit, die Lebensmittelsicherheit und das Tierschutzniveau verbessern will. 

Bundesrat: Verbot nicht verhältnismässig

Der Bundesrat lehnt die Motion von Page ab. Fleischalternativen aus kultivierten tierischen Stammzellen gelten in der Schweiz wie in der Europäischen Union als neuartige Lebensmittel (Novel Food). «Zur Sicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten unterstehen sie einer Bewilligungspflicht», so die Landesregierung. Bewilligt würden nur sichere und nicht täuschende Lebensmittel, versichert die Landesregierung.

Derzeit sind gemäss Bundesrat weder in der Schweiz noch in der EU Gesuche für Fleischalternativen aus kultivierten tierischen Stammzellen bewilligt worden. «Ein vorsorgliches Verbot dieser Technologie ist heute mit Blick auf die Sicherheit der Konsumenten sowie auf den Forschungsstandort Schweiz weder notwendig noch verhältnismässig», hält der Bundesrat fest.

«Keine Konkurrenz»

Sollte ein Produkt zugelassen werden, müsse unter allen Umständen verhindert werden, dass die Konsumenten über die Herkunft des Produkts getäuscht werden, sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Sie versicherte, dass solche Produkte nicht als Fleisch bezeichnet werden dürften. Es werde eine spezifische Deklaration geben. Eine Täuschung sei so nicht möglich.

Allerdings dürfe man sich neuen Technologien nicht verschliessen. Und bezüglich Konkurrenz sagte die Bundesrätin: «Ich bin ziemlich überzeugt, dass die Produkte der Schweizer Landwirtschaft angesichts ihrer Qualität keine Konkurrenz durch diese Alternative zu befürchten haben. Es sind die Konsumenten, die die Wahl treffen.»

Dieser Meinung war auch die Mehrheit des Rates. Die Motion wurde mit 51 Ja zu 135 Nein bei 3 Enthaltungen deutlich abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch.

So stimmten die bäuerlichen Vertreter

Ja: Didier Calame (SVP/NE), Marcel Dettling (SVP/SZ), Sylvain Freymond (SVP/VD), Andreas Gafner (EDU/BE), Martin Haab (SVP/ZH), Alois Huber (SVP/AG), Martin Hübscher (SVP/ZH), Pius Kaufmann (Mitte/LU), Thomas Knutti (SVP/BE), Jacques Nicolet (SVP/VD), Pierre-André Page (SVP/FR), Katja Riem (SVP/BE), Markus Ritter (Mitte/SG), Hans Jörg Rüegsegger (SVP/BE), Thomas Stettler (SVP/JU), Manuel Strupler (SVP/TG), Vroni Thalmann-Bieri (SVP/LU), Ernst Wandfluh (SVP/BE)

Nein: Kilian Baumann (Grüne/BE), Simone de Montmollin (FDP/VD), Leo Müller (Mitte/LU), Priska Wismer-Felder (Mitte/LU)

Hat nicht teilgenommen: Christine Badertscher (Grüne/BE), Andreas Meier (Mitte/AG)

Kommentare (3)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Christine Meyer | 28.09.2024
    Wer so Etwas kauft ist selber schuld wenn er dann Was Geschmackloses auf den Teller kriegt.
    Wenns Keiner kauft brauchts kein Verbot, dann kommts auch so schnell wieder weg.
  • Konsument | 26.09.2024
    schön....
    So können wir der Natur etwas zu Gute tun.
    • Feinschmecker | 26.09.2024
      So weit hat es die Menschheit also nun gebracht ! Gute Nacht !
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