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Was Bauer Koni zu Tränen rührte

Auch dieses Jahr haben wir exklusiv für die Leserinnen und Leser des «Schweizer Bauer» eine Weihnachtsgeschichte schreiben lassen. Sie soll zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken anregen.

Samuel Krähenbühl |

«Alle Jahre wieder kommt das Christuskind!» So beginnt ein beliebtes Weihnachtslied. Aber nicht nur das Christuskind kommt alle Jahre wieder. Gleichermassen als Begleiterscheinung tauchen zur Weihnachtszeit auch die Christbäume überall auf.

Gute Geschäfte

Auch diese werden in einem Lied entsprechend besungen: «Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter. Du grünst nicht nur zur Sommerszeit, nein auch im Winter, wenn es schneit!» Tatsächlich: Die meisten nadelbaumartigen Bäume – auch Koniferen genannt – behalten auch im Winter ihre Blätter, beziehungsweise Nadeln. Deshalb sind sie in der Weihnachtszeit auch sehr beliebt als immergrüne Träger von allerlei Schmuck und vor allem von Kerzen. Man stelle sich mal irgendeinen blätterlosen Strauch oder einen nackten kleinen Laubbaum als Weihnachtsbaum vor. Das ginge ja gar nicht

Landwirt Koni ist deshalb sehr stolz auf seine Baumschule. «Nicht nur Schweine bringen Scheine», dachte er sich, als er an einem Nachmittag vor Heiligabend Baum um Baum in Netze abpackte. Die Nachfrage war gross, sehr gross. Die Kunden standen Schlange. Und bald einmal musste Koni die Spätankömmlinge abweisen. Kein Baum mehr weit und breit war da. Selbst die teuren Nordmanntannen waren alle weg. Ja, gerade besonders die. Zufrieden packte er sein Material zusammen, um dann noch den Weg zu seiner Tannlischule unter die Füsse zu nehmen.

Kein Gedanke an morgen

Nicht weit vom Hof weg an einem Hang standen die zukünftigen Christbäume. Oder zumindest das, was von ihnen übrig war. Koni rieb sich erstaunt die Augen. Seine beiden Lehrlinge hatten gestern beim Schneiden Gas gegeben. Kein einziger grosser Christbaum stand mehr. Ja, selbst die kleinen fünfjährigen Bäume, welche erst gerade etwa einen Meter hoch waren, waren arg dezimiert. Koni ärgerte sich, auch über sich selber. Sicher: Für dieses Jahr war der Ertrag gross. Aber, was sollte er nächstes Jahr verkaufen?

Die Taschen voller Geld, aber mit Sorgen für die nächsten Jahre ging Koni in Richtung Haus. Er dachte: «Eigentlich möchte er die beiden ‹Stifte› zusammenstauchen.» Aber die waren ja bereits nach Hause gefahren. «Und eigentlich ist es ja auch mein Fehler, dass ich sie nicht gut instruiert habe», dachte Koni weiter.

Baum vergessen

«Koni? Koooni? Bist du endlich da?», rief ihn seine Frau Marianne. Sie stand bereits hinter der Türe, kaum hatte er sie nur leicht geöffnet. «Ah, da bist du. Aber wo hast du unseren Weihnachtsbaum?» Ein Blitz zuckte durch den Tannlischulmeister. Ja, verflixt. Den eigenen Baum! An den hatte er gar nicht mehr gedacht. Zwar hatte er ein besonders schönes Exemplar etwas in die Ecke gestellt. Aber vermutlich war der in der Hitze des Gefechts auch verkauft worden. Alle grösseren und auch schon viele der noch kleineren Bäume waren weg. Was nun?

Marianne, die ihren Koni ja gut genug kannte, merkte, dass irgendwas nicht stimmte. «Koni, sag bloss, du hast unseren eigenen Baum vergessen? Na, dann aber ab die Post und säge rasch noch einen ab!» Koni trat ins Haus, schob Marianne beiseite und setzte sich in der Küche schweigend auf einen Stuhl. Marianne folgte ihm und sah ihn nun äusserst vorwurfsvoll an. «Koni, was hast du wieder ausgefressen?», fragte sie. Der Angesprochene zückte das dicke Portemonnaie und zeigte seiner Gattin den reichen Ertrag vom letzten Verkaufstag. «Geld habe ich mehr als genug», sagte er langsam. «Aber – keine Bäume mehr! Dieses Jahr haben wir halt keinen eigenen Weihnachtsbaum!»

Das grosse Schweigen

Marianne traf fast der Schlag: «Aber du als grosser Baumschulist wirst doch wohl noch irgendwo ein halbwegs brauchbares Grotzli haben?» Koni schaute nur betreten zu Boden. «Ich will mich ja nicht herausreden, aber unsere Lehrlinge haben es sehr gut gemeint beim Bäumeschneiden und gleich auch noch fürs nächste und für das übernächste Jahr geholzt», versuchte er sich zu erklären. Damit hatte sich der Gesprächsstoff für den Tag erledigt. Und auch am Morgen des Heiligabend hatte sich das Ehepaar nicht viel zu sagen.

Die Kinder merkten beim Frühstück, dass was nicht stimmte. Ja, der manchmal etwas vorlaute Kevin hatte den richtigen Riecher: «Mami, warum hast du den Weihnachtsbaum noch nicht geschmückt?», fragte er, schaute dabei aber nicht zu seiner Mutter, sondern seinem Vater direkt ins Gesicht. Und grinste dabei über beide Ohren. Jetzt konnte die Mutter nicht mehr schweigen: «Wenn euer Vater schon nicht im Stande ist, einen Baum zu besorgen, werde ich mich nun darum kümmern.»

Ein Alptraumbaum

Die Tischgemeinschaft verflüchtigte sich. Koni ging nach draussen in den Schweinestall. Hier konnte er die Peinlichkeit etwas vergessen. Doch, als er zum Mittagessen wieder ins Haus trat, da hörte er aus der guten Stube Stimmen. «Es ist doch selbstverständlich, dass wir euch aushelfen. Schliesslich dürfen wir ja auch immer bei euch feiern!» Das war eindeutig die Stimme seiner Schwägerin Luise. Koni öffnete die Wohnzimmertür. Und jetzt traf ihn fast der Schlag.

Seine Göttergattin und ihre Schwester waren am Baum dekorieren. Aber: Was für ein Baum! Ein Albtraum-Baum aus Plastik! Koni erinnerte sich, dass jeweils bei der Familie seiner Schwägerin so ein Ding herumstand. Dort war ihm das egal. Aber hier bei ihm auf dem Hof mit den schönsten Nadelbäumen weit und breit? Das war zu viel! «Koni, du kannst uns gleich noch helfen. Bitte nimm den Weihnachtsstern und mache ihn an der Spitze des Baumes auf.» Das war Mariannes Stimme. Und er wusste, dass er jetzt schweigen und gehorchen musste. Dieser Heiligabend drohte zur schweren Stunde für Koni zu werden!

Schlimmer geht nimmer

Es war Abend geworden. Die ganze Sippe sass in der grossen Stube zusammen um den Plastikbaum, der als Gipfel der Hässlichkeit nicht etwa von echten, sondern von elektrischen Kerzen erleuchtet wurde. Und es war unvermeidlich, dass das Lied «O Tannenbaum» angestimmt wurde. Kevin, der kleine Frechdachs, verballhornte das Lied und sang lauthals «Oh Gummibaum, oh Gummibaum!» Koni hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst

Unerwarteterweise klingelte es. «Ich geh schon», rief Koni. Er war froh, dass er einen Grund zum Gehen hatte. Und wer stand vor der Türe? Seine beiden Lehrlinge. Und nicht weit hinter ihnen im Garten war eine wunderschöne Tanne zu sehen, auf der Kerzen brannten. Und zwar echte Kerzen. Zwar hatte der Wind bereits die eine oder andere ausgelöscht, aber trotzdem war das Bild wunderschön!

«Wir haben gemerkt, dass wir es etwas übertrieben haben mit dem Bäumeschneiden», sagte der eine Lehrling. Und deshalb hätten sie nach einem richtigen Baum für ihren Chef gesucht, was aber nicht ganz einfach gewesen sei. Koni kamen die Tränen. Inzwischen war auch Marianne an die Türe getreten. Sie musste schmunzeln. Sie hatte bereits vorher an den Weihnachtsbaum gedacht und den Lehrlingen einen Wink gegeben.

Kommentare (2)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Gery | 25.12.2023
    Eine berührende Geschichte, aber sehr aus dem Leben gegriffen. Ich kann mich voll und ganz in die Situation von Koni fühlen. Du arbeitest, gibst Dein Bestes, dann kommt noch einer, und nochmals eine Lady, es ist schon 5 vor 12 und es stehen noch 10 Personen draussen. Sogar der kleine, etwas schiefe Baum mit ungleichen Ästen ist weg. Alle sind zufrieden und gehen nach Hause...... doch da steht die Marianne.....
    • Burri | 28.12.2023

      Ja, so chas gah, isch scho me passiert. Sehr gute Geschichte, danke .

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