Anna Zürn liebt Tiere. Allmählich entwickelt sich der Emsernhof der Familie Zürn zu einem Zoo, auf dem die Nutztiere bald um ihr Domizil bangen müssen. Neben zwei Enten, der Wasserschildkröte Alicia, den beiden Landschildkröten Anna und Anita, vier Katzen, unter ihnen die rothaarigen Schnurrsula sowie der Hofhund Barry, geniessen noch Goldfische Gastrecht auf dem Bauernhof.
Zum Schutz der Nutztiere hat Mutter Judith ihrer tierliebenden Tochter für alles, was kreucht und fleucht, ein vorübergehendes Kaufverbot erteilt. Bei den Goldfischen würde sie allenfalls noch ein Auge zudrücken, weil sie weder Lärm, Dreck noch Arbeit machen.
Ackerland in Österreich
Der Emsernhof liegt am Dorfrand von Au im St. Galler Rheintal. Das Land grenzt an Berneck sowie an die Ortschaft Heerbrugg, die politisch teilweise zu Au gehört. Neben der Milchwirtschaft und der Mast von 15 bis 18 Mastmuni wird auf dem Betrieb mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 52 Hektaren ausserdem Gemüse- und Ackerbau betrieben.
Für den Eigenbedarf an Mostobst hat die Familie rund 80 Obstbäume. Von drei kleinen Waldstücken in Berneck kommt das Holz für wohlige Wärme im Winter. Die Ortsgemeinde Au ist 1593 durch Teilung des Reichhofs Lustenau in Besitz von Grundstücken gekommen.
Das Auer Riet auf österreichischem Staatsgebiet hat heute noch eine Fläche von 210 Hektaren und wird von der Ortsgemeinde an die Landwirte verpachtet. So bewirtschaftet auch die Familie Zürn «ennet der Grenze» Land.
Anna (oben) ist das einzige Kind von Judith und Benno Zürn, das den Familienbetrieb übernehmen will.
Ramona Riedener
«Ich lerne Landwirtin, nicht Bäuerin»
Die 18-jährige Anna Zürn hat ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft schon als Kind entdeckt. «Ich konnte mir nie vorstellen, einen Bürojob zu machen. Schon als Kind hatte ich den Wunsch, später mal Landwirtin zu werden, so wie mein Vater», sagt die Auszubildende.
«Mit Tieren arbeiten und mit landwirtschaftlichen Maschinen. Klar, ist das streng, aber ich bin viel an der frischen Luft, bin mein eigener Chef und kann die Arbeit selber einteilen», schwärmt die junge Frau. Für sie hat gerade das dritte Lehrjahr am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez SG begonnen.
In ihrer Klasse seien von 14 Schülern immerhin fünf junge Frauen, die Landwirtin lernen. «Viele Leute, denen ich erzähle, dass ich eine landwirtschaftliche Lehre mache, sagen dann «Ah, du lernst Bäuerin.» Ich wehre mich dann und stelle klar: «Nein, ich lerne nicht Bäuerin, ich lerne Landwirtin.»
Zukünftige Chefin des Emsernhofs
So erwies es sich als Glücksfall, dass ausser ihrer Jüngsten keines der Zürn-Kinder Interesse hatte, den Hof später zu übernehmen. Sie hätten zwar mitgeholfen auf dem Betrieb und seien heute noch bereit, anzupacken, wenn ihre Hilfe gebraucht wird, doch Landwirte seien ihre Geschwister nicht. So hat das junge Mädchen mit dem sonnigen Gemüt keine Konkurrenz von Seiten ihrer Geschwister zu erwarten und kann sich voll auf ihre Zukunft als Chefin vom Emsernhof freuen.
Dass sie die Richtige ist für die Stallhosen, bestätigt sich gerade: Vater Zürn ist auf dem Feld am Mähen, und weil Anna ihm nicht helfen kann, springt ihr Bruder Marcel ein. Dieser fährt zwar Lastwagen, doch mit modernen Landwirtschaftsmaschinen hat er nicht mehr viel zu tun. Deshalb schwingt sich seine Schwester kurzerhand zu ihm auf den Fahrersitz des Traktors und erklärt die Bedienung des Kreiselheuers. Es lässt sich nicht leugnen, dass auch er ein Bauernsohn ist, hat er doch die Maschine kurzerhand im Griff.
Anna Zürn liebt es mit Tieren zu arbeiten.
Ramona Riedener
Im Ausland Erfahrungen sammeln
Der Start ins Berufsleben begann für Anna Zürn mit einem Praktikum. Da ihr Vater zu dieser Zeit gesundheitliche Probleme hatte, machte sie das Zwischenjahr auf dem elterlichen Betrieb. Danach fand sie bei der Familie Sager in Lömmenschwil SG ihren ersten Lehrbetrieb. Auf dem Hof mit Milchkühen, Obst, Gemüse und einem schönen Hofladen lernte die Auszubildende viel Neues und tolle Menschen kennen. Nur der Weg zur Berufsschule ins abgelegene Salez SG war etwas mühsam.
Im zweiten Lehrjahr fand sie einen Ausbildungsbetrieb in Haag SG bei der Familie Rohrer. Auch hier konnte das junge Mädchen neue Sparten der Landwirtschaft kennenlernen. Ein Highlight war für sie die Gemeindeviehschau, an der sie stolz eine hübsche 100’000er Kuh durch den Ring führen durfte. Wenn alles klappt, verbringt die Rheintalerin das letzte halbe Jahr ihrer Ausbildung auf einem Hof in Irland.
Was sie danach machen möchte, bis es Zeit ist, in die väterlichen Fussstapfen zu treten, wird sich zeigen. Auf jeden Fall den Betriebsleiter machen, eventuell auch den Meisterlandwirt und vielleicht nach Kanada oder Neuseeland reisen. Aber die erst 18-Jährige hat ja noch viel Zeit, um Träume zu verwirklichen und die Zukunft zu planen.
Zum «Letzi» wünschte sich Anna Zürn ein Kalb (hier ein Symbolbild).
Milena Renggli
Oboe spielen zum Ausgleich
Während ihre Cousine eine Tracht bekam, ihre Schulkolleginnen ein schönes Schmuckstück oder einen gehörigen Zustupf an die Fahrprüfung oder die Ferienreise, wünschte sich Anna von Gotte und Götti zur «Letzi», also als letztes Geschenk, ein Kalb. Diese hatten sich bereits daran gewöhnt, dass ihr Patenkind etwas anders tickt als andere junge Mädchen.
So bekam sie zur Volljährigkeit Ivana, das erste eigene Kalb. Viel Freizeit hat Anna neben ihrer Lehre nicht. Sie singt in einem Jugendchor und nimmt Oboenunterricht. Eigentlich würde die musikalische Frau gerne im örtlichen Musikverein mitspielen, wie ihre Geschwister. Doch für wöchentliche Proben und zahlreiche Auftritte reicht im Moment die Zeit nicht aus. «Später irgendwann. Erst kommt die Ausbildung und dann sehen wir weiter», sagt Anna Zürn, die zukünftige Landwirtin vom Emsernhof.
Ich bin nun schon bald 30 Jahre als Landwirt tätig und würde mich noch einmal so entscheiden.
Eine meiner Töchter hat auch diesen Weg eingeschlagen und Feuer gefangen für diese "Lebenseinstellung".
Ich wünsche allen Landwirten viel Kraft, Erfolg und Freude an ihrem Beruf. Landwirte wird es immer brauchen auch wenn der Wind manchmal gegen uns weht.