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Vom Schreibtisch aufs Feld

Einige wachsen mit der Landwirtschaft auf, andere entscheiden sich später für diesen Weg. Manuela Schmid aus dem bernischen Bigenthal fand über einen Aufenthalt im Ausland ihre Leidenschaft, und plötzlich fand sie den roten Faden in ihrem Leben.

Als Kind wollte Manuela Schmid, die heute in Bigenthal BE wohnt, Helikopterpilotin oder Mechanikerin werden. Entschieden hat sie sich dann für eine kaufmännische Lehre auf der Gemeindeverwaltung. «Das liegt mir zwar, und heute mache ich das gerne, aber damals habe ich einfach nur durchgebissen. Das konnte doch nicht mein Leben sein.»

Wwoofen gehen

Um sich über ihre Ziele klarzuwerden, wollte sie eine Weile ins Ausland. «Ich wollte bei einer Autovermietung in Dublin arbeiten», erzählt sie. Vor ihrer Abreise erzählte sie das auch einem Bekannten. «Er riet mir, das nicht zu tun, und sagte mir, wenn ich wirklich etwas anderes machen wolle, solle ich wwoofen gehen.»

Wwoofen, das heisst, auf Biobetrieben zu leben und zu arbeiten. Sie reiste 2004 nach ­Wales und arbeitete auf Gemüsebetrieben. «Das war erst mal ein Schock. Die Arbeit war ungewohnt. Mit der Zeit habe ich es geliebt, im Regen und Dreck auf dem Feld zu sein.»

«Da spürte ich, dass Mistwegfahren mein Leben war.»

Manuela Schmid, Biolandwirtin

Zurück in der Schweiz, meldete sie sich gemeinsam mit einer Freundin für die Bäuerinnenschule im Kloster Fahr an. «Einfach so, ohne Ambitionen.» 2008 packte sie erneut ihren Rucksack. «Ich ging für acht Monate zum Wwoofen nach Schottland und nach einem viermonatigen Unterbruch dann für sechs Monate nach Norwegen. In Norwegen kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit Tieren», schwärmt die heute 40-Jährige. Sie war auf einer Alp mit Ziegen. «Da spürte ich, dass Mistwegfahren mein Leben war. Ich habe den Alltag auf der Alp genossen.» Wieder kam sie zurück in die Schweiz und trat Temporärstellen an.

Das Gute liegt so nah

Eine Alp allein führen wollte sie nicht. «Ich wusste zu wenig und traute mir das nicht zu.» Losgelassen hat es sie nicht. «Die Lösung für mich war, dass ich die Lehre zur Landwirtin machen wollte.» Sie absolvierte die zwei Lehrjahre auf Biobetrieben. «Da habe ich auch die Bioschule auf dem Schwand gemacht. Die Schule war bereichernd. Es ist schade, dass es das heute in dieser Form nicht mehr gibt.» Die biologische Ausrichtung im Nebenfach zu studieren, sei nicht dasselbe. «Wir haben die ganze Landwirtschaft unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet. Das war enorm wertvoll für mich. Ich konnte so viel Begeisterung mitnehmen und beibehalten.»

«Dort erkannte ich den roten Faden in meinem Leben. Endlich vereinten sich die Welten.»

Manuela Schmid, Biolandwirtin

Nach der Lehre kam sie auf den Gemeinschaftsbetrieb Grüeb­li im Napfgebiet. «Dort erkannte ich den roten Faden in meinem Leben. Die Landwirtschaft, die sozialen Begegnungen und das Streben nach Selbstversorgung. Es machte Sinn. Endlich vereinten sich die Welten.» Auch ihren Partner lernte sie dort kennen, der zur gleichen Zeit auf einem Nachbarbetrieb lebte.

«Für den Bau eines neuen Hühnerstalles brauchten wir Unterstützung. Man hat sich immer wieder ausgeholfen, und so kamen Philipp und weitere Helfende zu uns hinüber.» Eine Zukunft als Familie auf dem Gemeinschaftshof konnten sich die beiden nicht vorstellen. Sie zogen weg und machten sich auf die Suche nach einem eigenen Hof. Vor­übergehend konnten sie mitsamt drei Rindern und vier Schafen bei einem Bekannten unterkommen. Beim Umzug in die nächste Wohnung konnten sie nur noch die Schafe mitnehmen.

Der eigene Betrieb

Die Suche gestaltete sich harzig. In der Zwischenzeit verkauften sie eines der Rinder und schlachteten die beiden anderen. «Zur Hochzeit wünschten wir uns eine grosse Gefriertruhe», erzählt Schmid und lacht. Das Paar bekam Zuwachs, zog mit seinem Sohn in ein Häuschen mit Garten und gab die Schafe zu einem Freund. «Eigentlich war auch das in Ordnung. Wir freundeten uns gerade mit dem Gedanken an, doch keinen Hof zu haben, als uns Bekannte einen Tipp gaben.»

Der zweite Sohn war gerade erst zur Welt gekommen, als sie an einem Tag im Januar 2022 den Hof und seine beiden Besitzerinnen besuchten. «Es passte. Wir hatten das Gefühl, dass wir hier tatsächlich zu Hause sein könnten.» Bereits 64 Tage nach diesem Besuch zog die kleine Familie mit ihren vier Schafen auf die Hinterschwendi. «Eine Woche später hatten wir vier Schafe und zehn Lämmer im Stall.»

Auf dem Markt in Walkringen

Heute beleben 3 Mutterkühe, 15 Mutterschafe und 5 Kaninchen die 6 Hektaren des biozertifizierten Betriebes. Das Fleisch ihrer Tiere vermarkten sie direkt. Einerseits an Bekannte und Verwandte, andererseits auf dem Markt in Walkringen. Beide arbeiten auch auswärts. «Die Leute sind super, und das Gebiet ist spannend.» Schmid arbeitet 35 Prozent im Büro der Kinder- und Jugendfachstelle Aaretal in Münsingen.

«Ich habe eine hohe Flexibilität und kann je nach Heuwetter auch mal einen Arbeitstag schieben.» Auch im Hinblick auf das Heranwachsen ihrer Kinder, die heute sechs und drei Jahre alt sind, sieht sie Vorteile. «Durch meine Tätigkeit kann ich die ganze Digitalisierung miterleben und Wissen gerade über soziale Medien mitbekommen, um meine Kinder auch in diesem Bereich begleiten zu können.»

Vorsätze zusammenstreichen

Einige ihrer idealistischen Vorsätze und Ziele mussten sie schon zusammenstreichen. «Es ist wichtig, sich nicht zu verzetteln. Man sollte das richtig machen, was man hat. Früher fragte ich mich manchmal, warum Landwirte nicht schneller reagieren auf Dinge, die man doch schon kommen sieht. Jetzt weiss ich, dass das einfach nicht anders geht», sagt die 40-Jährige.

Etwas ausprobieren wollen sie aber schon. Solange sie den Betrieb bewirtschaften, möchten Schmid und ihr Partner die Blumenvielfalt auf ihren Wiesen vergrössern. «Ein Berater hat uns gesagt, das sei schwierig, wenn nicht gar kaum machbar, weil die Ökoflächen so steil sind. Das hat uns umso mehr motiviert, hier einen Effort zu leisten.»

Die Freude erhalten

Den grossen Garten betrachtet Schmid als Hobby. Mit ihrem Gemüse können sie sich selbstversorgen. Wie die Betriebe, auf denen Schmid einst die Landwirtschaft kennen lernte, ist auch ihr Haus für Wwoofer offen. «Sie bringen einen Aussenblick hinein. Ihre Euphorie und Freude, mit der sie der Landwirtschaft begegnen, steckt an. Da merke auch ich wieder, was wichtig ist. Ich mache jeden Tag genau das, was ich wollte.»

«Bei einem Bewerbungsgespräch wurde ich einmal gefragt, ob ich glaube, dass ich Glück in meinem Leben hätte. Ich glaube, das habe ich.»

Manuela Schmid, Biolandwirtin

Ihr Weg von der kaufmännischen Angestellten zur Landwirtin war kurvenreich und lang, dafür schätzt sie ihr heutiges Leben umso mehr. «Das Wetter, die Natur. Ich freue mich auf jede Jahreszeit und bin auch froh, wenn sie wieder vorbei ist. Die Authentizität dieses Lebens, die Einfachheit, das gefällt mir extrem. Bei einem Bewerbungsgespräch wurde ich einmal gefragt, ob ich glaube, dass ich Glück in meinem Leben hätte. Ich glaube, das habe ich.»

-> Hier gibt es noch mehr über Manuela Schmid und ihren Biohof Bigenthal zu erfahren

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