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Von einer Bauernfamilie, die Apotheken beliefert

Die Familie Isch baut in zweiter Generation Bio-Heilkräuter an. 

Susanne Künsch |

Gute zehn Fahrminuten von Burgdorf BE entfernt, in der einzigartig hügeligen Landschaft des Emmentals, liegt der Biohof «Oberried» der Familie Isch . Auf vier Hektaren werden hier seit 1988 Heilpflanzen nach biologischen Richtlinien angepflanzt.

Unterhalb des währschaften, 1748 erbauten Emmentaler Bauernhauses stehen drei grosse Treibhäuser, umrahmt von Kräuterfeldern. Einige der Felder sind mit elektrischen Zäunen gesichert. «Die Hirsche im nahen Wald fressen uns sonst in der Nacht die Felder leer», erklärt Hans Marti. Der 60-jährige Landwirt, der ursprünglich aus dem Jura kommt und wohl der Liebe wegen im Emmental geblieben ist, übernahm den Hof 1986.

Zu klein für herkömmliche Landwirtschaft

«Es war von Anfang an klar, dass das Gut zu klein ist, um mit herkömmlicher Landwirtschaft über die Runden kommen zu können.» Also sah er sich gezwungen, nebst dem Betreiben von etwas Milchwirtschaft und Ackerbau auswärts eine Stelle anzunehmen und fand diese bei der Firma Phytomed in Hasle BE. Das Unternehmen ist auf die Verarbeitung von Frischpflanzen zur Herstellung pflanzlicher Heilmittel spezialisiert. Und hier kam Marti die Idee, auf seinem kleinen Hof selbst Heilkräuter anzupflanzen.

Neues Wissen erarbeitet

«Zuerst einmal konnte ich alles vergessen, was ich als Landwirt in der Ausbildung gelernt hatte», sagt Marti. Nicht mehr nach dem Grundsatz «ufhocke, fahre, furt», sondern von der Pike auf neues Wissen war für den Anbau von Kräutern gefragt.

«Jedes Kraut hat seine eigenen Anforderungen, damit es optimal und in der richtigen Qualität wachsen kann», weiss der langjährige Kräuterbauer. Seine Tochter, Margreth Isch, die den Hof gemeinsam mit ihrem Mann Urs und mit den beiden Kindern Marc (4) und Lisa (2) vor zwei Jahren übernommen hat, nickt bestätigend. Ihr Mann arbeitet auswärts als Landmaschinenmechaniker, und ihr obliegt die Hauptverantwortung für den Anbau und für den Vertrieb.

Sie kann ein Lied davon singen, wie heikel und oft unabsehbar Kräuteranbau ist. Nicht zu reden von Witterungseinflüssen wie Hagel, Regen oder Hitzeperioden, die im schlimmsten Fall innert Minuten mühevolle Arbeit zunichte machen können.

Unsere Arbeit besteht zu 70 Prozent aus Jäten, denn es dürfen keine Beikräuter zwischen den Kräutern wachsen. Der grösste Teil ist intensive Handarbeit.

Margreth Isch

Arnika, die schwierige

Eine der heikelsten Pflanzen im Anbau sei Arnika, sagt Margreth Isch. Nebst saurem Boden brauche sie viel Beobachtung und Pflege. Die Liefermengen würden sich zwischen zwei Kilogramm, etwa bei Giftpflanzen für Homöopathie, und bis zu 500 Kilogramm von gefragten Sorten bewegen.

Hilfreich ist die langjährige Erfahrung von Hans Marti, der seiner Tochter mit Rat und Tat zur Seite steht. «Ich lerne immer noch jeden Tag dazu», so Margareth Isch.

Rund 200 Kräuter stehen im Sortiment, je nach Auftragslage werden pro Saison etwa 70 unterschiedliche Sorten angebaut. Die Liste ist lang, die lateinischen Namen sind für Kräuter-Laien ein Rätsel: Da gibt es zum Beispiel eine Alchemilla xanthochlora (gelbgrüner Frauenmantel), eine Conyza canadensis (Berufkraut), ein Sedum telephium (Grosse Fetthenne) und die Ajuga reptans (Kriechender Günsel), um nur einige zu nennen.

Geduld nötig

«Wir wissen nie im Voraus, was in der nächsten Saison gefragt sein wird. Kommt aus irgendeinem Grund etwas Negatives in die Schlagzeilen und eine Sorte kann nicht mehr verkauft werden von unseren Abnehmern, war unsere Arbeit vergebens», erklärt Marti.

«Es gibt Pflanzen wie zum Beispiel Echinacea purpurea oder Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze), die über vier Jahre heranwachsen müssen, bis sie die richtige Menge an Inhaltsstoffen entwickelt haben. Wird die ganze Pflanze von der Wurzel bis zur Blüte dann geerntet, wie dies in der Spagyrik der Fall ist, wie sie etwa die Firma Heidak AG in Burgdorf BE herstellt, ergibt das für viele Pflanzen einen eigenen Anbau-Rhythmus», ergänzt Marti.

Andere Pflanzen wiederum, wie etwa die Tropaeolum majus (Kapuzinerkresse) oder Calendula officinalis (Ringelblume) werden jedes Jahr neu angepflanzt oder von mehrjährigen Sträuchern gepflückt, wie Agnus Castus (Mönchspfeffer) oder Rosmarin.

Heikle Kostgänger

Beim Anbau müssen die jeweiligen Bedürfnisse der Pflanzen berücksichtigt werden. Einige Pflanzen wachsen besser auf einer Folie, welche die Wärme speichert. Hier bedarf es ständiger Kontrolle, damit die Pflanze nicht verbrennt. Andere lieben den Schatten und werden durch ein Vlies abgedeckt.

Die Erntezeit ist laut Margreth Isch wetterabhängig, findet jedoch hauptsächlich zwischen Juli und August statt. Gleichzeitig muss teilweise wieder neu ausgesät werden, damit die entsprechenden Pflanzen im Herbst im Boden sind. «Erntezeit ist eine intensive Zeit, da sind wir um jede zusätzliche Hand und um die tatkräftige Unterstützung der ganzen Familie froh.»

Werden Samen, wie etwa die Herzsamen des Ballonweins, Knospen oder Wurzelpflanzen bestellt, wie dies besonders bei der Gemmotherapie (lateinisch gemmo: Knospe) der Fall ist, wird bereits früh im Jahr geerntet, da die Triebe und Wurzeln dann die stärksten Wirkstoffe enthalten. Und Hans Marti fügt an: «Die Inhaltsstoffe im Frühling unterscheiden sich von denen im Herbst, Wallwurz zum Beispiel wird im Frühling geerntet.»

Hans Marti kennt seine Pflanzen: die lateinischen Namen seiner Zöglinge fliessen ihm mit einer traumwandlerischen Geläufigkeit über die Zunge. «Jedes Heilkraut ist wie eine kleine Persönlichkeit», sagt er. Und nein, ein Lieblingskraut habe er keines, denn dann würde man dieses ja bevorzugen, es seien aber gerade die Kräuter, die Mühe hätten und schwierig anzubauen seien, welche am meisten Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen würden. 

Viel Handarbeit

«Unsere Arbeit besteht zu 70 Prozent aus Jäten, denn es dürfen keine Beikräuter zwischen den Kräutern wachsen. Der grösste Teil ist intensive Handarbeit. Wir haben zwar eine Setzmaschine, damit können aber nur sehr robuste Pflanzen gesetzt werden», präzisiert Margreth Isch. Mit einer Hackmaschine, die am Traktor angehängt werde, könne die Erde aufgelockert werden, aber direkt um die Pflanzen herum müsse alles von Hand gemacht werden.

Apotheken und Drogerien, Heilmittelproduzenten und Homöopathen gehören zu den Abnehmern der Frischpflanzen, die ein Familienmitglied noch am Erntetag liefert und vom Empfänger gleich weiterverarbeitet werden.

Hans Marti ist froh, dass inzwischen seine Tochter den administrativen Aufwand bewältigt, der seiner Meinung nach viel zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Viel lieber ist er draussen bei den Pflanzen. Margreth Isch will den Betrieb vorläufig wie bis anhin weiterführen und freut sich auf die Zeit, wenn ihr Mann einmal nicht mehr auswärts arbeiten muss. «Man kann leben vom Kräuteranbau, und ich bin sehr dankbar, dass mein Vater mir mit all seiner jahrelangen Erfahrung zur Seite steht», sagt Margreth Isch.

Der Hof «Oberried» befindet sich in Oberburg BE. 

Kommentare (1)

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  • Krummenacher Ulrich | 05.11.2023
    Unglaublich dass es noch solche Leute gibt. Meinen Glückwunsch!
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