Landwirt Moritz Stamm ist vor 18 Jahren in die Ukraine ausgewandert und führt dort einen Ackerbaubetrieb. Nun konnte der «Schweizer Bauer» erneut mit ihm sprechen, nachdem er sich bereits am 2. März den Fragen dieser Zeitung stellte.
«Schweizer Bauer»: Wie ist es Ihnen seit dem Kriegsausbruch ergangen?
Moritz Stamm: Zur normalen landwirtschaftlichen Arbeit kam noch viel mehr Arbeit zur Betreuung der Bevölkerung dazu. Man ist hier in der ländlichen Gegend der Einzige, der finanziell und materiell helfen kann. Ausserdem musste der Betrieb sofort aufs Nötigste heruntergefahren werden. Es fehlen die Einnahmen.
Wie ist die allgemeine Lage?
Die ersten Kriegstage waren sehr unsicher. In der ganzen Ukraine wurden Ziele angegriffen. In der Zwischenzeit beschränken sich die Angriffe auf grössere Städte. Es ist in der Zentralukraine ruhiger geworden.
Inwiefern spüren Sie die kriegerischen Auswirkungen?
Es hat kaum noch Verkehr auf den Strassen. Etwa 20-mal weniger als vorher. Die Leute haben keine Arbeit mehr. In den Läden (falls geöffnet) fehlen viele Produkte. der Wechselkurs ukrainischer Hrywnja hat etwa 20–25 % verloren obwohl er massiv gestützt wird. Die verschiedenen staatlichen Ämter arbeiten nicht mehr. Ihre Server wurden heruntergefahren, um sie vor Cyberangriffen zu schützen. MwSt. kann im Moment nicht registriert werden etc.
Wie geht es Ihrer Familie und Ihren Mitarbeitern im Moment?
Meine Familie ist in Deutschland. Meine Kinder gehen die nächsten Wochen, Monate dort zu Schule. Der ukrainische Schulunterricht findet unter Heimschule statt. Die Hälfte der Mitarbeiter sind in der Armee in Kiew oder Kherson. Sie sind unversehrt. Einem mussten wir 1000 Dollar schicken, da ihm beim Raketenangriff das ganze persönliche Material verbrannte.
Konnten die Frühjahrsaussaaten getätigt werden?
Wir sind im Moment am Sonnenblumen-Drillen. Wegen Personalmangel mit zwei Traktoren weniger. Teils haben einige Betriebe Probleme mit den Saatgutlieferungen, Dünger etc. In umkämpften Gebieten wird kaum gedrillt. Die Russen klauen den Betrieben den Diesel, sogar die Maschinen, Chemie und Tiere für die Verpflegung. Leute, die sich gewehrt haben, wurden zum Teil erschossen. Ganze Landhändler wurden geplündert. Rund 25 Prozent der Ernte fallen aus.
Wie sieht es mit der Treibstoffversorgung aus?
Es gibt wieder ein bisschen mehr Diesel und Benzin an den Tankstellen. Maximal 20 Liter pro Fahrzeug am Tag. Grosse Betriebe bezahlen für grosse Mengen rund 25 Prozent mehr als an den Tankstellen. Der Diesel reicht bei mir bis zum Sommer.
Und die anderen Betriebsmittel? Reichen sie für die ganze Saison aus? Wie sieht es für das nächste Jahr aus?
Ersatzteile, Öle etc. bekommt man sehr schwer. Bestellte Maschinen werden storniert, da die Betriebe kein Geld mehr haben. Auch den Firmen fehlen die Mitarbeiter. Einige sind auch geflüchtet. Nur das Nötigste wird gekauft.
Wie sieht es mit Ihrem Getreidelager aus? Was geschieht jetzt damit?
Die Getreidelager sind noch fast voll. Ich habe seit fast 2 Monaten kein Getreide mehr verkauft. 36 Tonnen Mehl von meinem Weizen haben wir unseren Dorfleuten geschenkt, damit diese versorgt sind. Manchmal wird Getreide zwar gehandelt, aber zum halben Weltmarktpreis. Es sind grosse ukrainische Tierhaltungsbetriebe, die noch ein bisschen kaufen.
Findet ein Export mit der Bahn statt?
Der Bahntransport ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Mein kleiner Betrieb füllt im Jahr schon fast 500 Eisenbahnwaggons. Das ukrainische Bahnnetz ist sehr schwach. Auch die Zollabwicklung ist problematisch und sehr aufwendig. Ich denke nur 5 % der ukrainischen Ernte können per Bahn transportiert werden.
Was sind aktuell die grössten Herausforderungen für Sie?
Die grösste Herausforderung ist, den Betrieb mit Geld zu versorgen. Ich kann mein Getreide nicht verscherbeln, wenn ich nächstes Jahr Dünger zum viermal höheren Preis kaufen muss, dann müsste ich die Produktion aussetzen.
Was gibt Ihnen Hoffnung?
Die super Leistung der ukrainischen Armee, die Waffenlieferungen und Sanktionen der anderen Staaten gegen Russland geben mir Hoffnung. Wir müssen die Russen vertreiben, sonst kommt die Ukraine nicht mehr auf die Füsse. Instabilität wäre der langsame Tod für das Land. Niemand hier will nochmals diesen russischen, kommunistischen Filz erleben. Russland lebt in einer anderen Welt. Wir wären deshalb auch froh, wenn sich die Schweiz mehr einsetzen würde. Was die Schweiz betreibt, ist nicht Neutralität, sondern unterlassene Hilfeleistung. Die bisherigen Sanktionen sind viel zu klein und werden nur verzögert umgesetzt.
Betriebsspiegel
Fläche: 2900 ha LN
Betriebszweig: Ackerbau
- 1100 ha Mais
- 800 ha Sonnenblumen
- 600 ha Weizen
- 400 ha Raps
Angestellte: 8 Traktorfahrer, 9 permanente bewaffnete Bewacher, 5 Buchhalterinnen, 1 Elektriker, 1 Schweisser. ats
Es ist eine Schande wie hier Treuhänder Anwälte das Regime unterstützt haben und zum Teil immer noch machen,
Auch einige SVP Leute haben das noch nicht kapiert uns Sitzen auch noch in Bern als VOLKSVERTRETER
WIR MÜSSEN UND KÖNNEN DIESE 2023 ABWÄHLEN