Kantone und Gemeinden sollen zu grosszügig ausgefallene Bauzonen nicht verkleinern müssen. Das beschloss der Nationalrat am Donnerstag und schwächte damit den indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative weiter ab.
Mit der Landschaftsinitiative fordern Umweltverbände einen haushälterischen Bodenumgang und verlangen unter anderem ein Baulandmoratorium für 20 Jahre. Der Bundesrat will die Initiative mit einer Teilrevision des Raumplanungsgesetzes bekämpfen. Er sieht vor allem strengere Leitplanken für die Richtpläne der Kantone vor.
Kein Verkleinerungszwang von überdimensionierten Bauzonen
Die Kantone sollen nach dem Willen des Nationalrats aber nicht gezwungen werden, überdimensionierte Bauzonen zu reduzieren. Die grosse Kammer lehnte dies am Donnerstag mit 72 zu 111 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Im Rat verfing das Argument der FDP und SVP, eine Pflicht zur Rückzonung beschränke das Privateigentum.
Für die Redimensionierung standen die Grünen und die SP ein. «Es steht viel mehr Bauland zur Verfügung als nötig ist», sagte Franziska Teuscher (Grüne/BE). Das führe zu einer Bodenverschwendung, statt kompakter Siedlungen entstünden verstreute.
Bedarf für 15 Jahre prüfen
Mit einer Rückzonung werde «kein einziger Quadratmeter Land weniger verbaut», hielt dagegen FDP-Nationalrat Werner Messmer (TG) fest. Der SVP-Vertreter Hans Killer (AG) sprach von einem «grundeigentümer-feindlichen Artikel».
Ausserdem sollen die Bauzonen lediglich dem Bedarf für 15 Jahre entsprechen. Der Bundesrat wollte eine strengere Regelung, wonach der Zeithorizont von 15 Jahren nicht überschritten werden dürfe. Bauzonen sollen jedoch zwingend über die Gemeindegrenzen abgestimmt werden. Lediglich die SVP lehnte dies ab.
Für Bundesrätin Doris Leuthard stellt die strengere Formulierung der Bestimmungen zum anzustrebenden Baulandbedarf «ein Kernanliegen» dar, mit dem der Bundesrat die «Baulandhortung» bekämpfen könne. Die Regierung könne so den Bedarf an Bauzonen viel stärker gewichten bei der Prüfung von Richtplänen.
Zähne ausgeschlagen
Mit seinen Entscheiden verwässerte der Nationalrat den indirekten Gegenvorschlag erneut. Bereits in einer ersten Phase der Debatte vor einer Woche hatte der Nationalrat dem Entwurf die «Zähne ausgeschlagen», wie es Bastien Girod (Grüne/ZH) formulierte.
Unter anderem lehnte die grosse Kammer eine Mehrwertabgabe ab, die der Ständerat in den Entwurf eingefügt hatte. Diese Abgabe sollten die Kantone zwingend einführen. Landeigentümer müssten sie bezahlen, wenn Land einer Bauzone zugewiesen wird und damit deutlich an Wert gewinnt.
Initianten: Vorlage «untauglich und nicht ernstzunehmend»
Nach den Entscheiden habe sich die Ausgangslage für die Vorlage verändert, sagte Kommissionssprecher Martin Bäumle (glp/ZH). Die Kommission habe Klauseln wie jene der Rückzonungen zur Ablehnung empfohlen, weil sie dem System mit der Mehrwertabgabe widersprachen. Nun sähe sie es möglicherweise anders. Der Nationalrat hatte dafür kein Gehör.
Die Initianten der Landschaftsinitiative bezeichnen die jetzige Vorlage als «untauglich und nicht ernstzunehmend», wie sie in einem Communiqué mitteilten. Nach der ersten Runde im Ständerat hatten sie sich noch geneigt gezeigt, das Volksbegehren zurückzuziehen.
Keine Überbauungsfrist
Zu den weiteren Verschärfungen, die der Nationalrat entfernte, gehört beispielsweise die Pflicht der Kantone, eine Frist für die Überbauung eines Grundstücks zu setzen. Das sei «planwirtschaftlicher Sozialismus», sagte Killer. Kantone und Gemeinden sollen lediglich Massnahmen zu diesem Ziel ergreifen.
Chancenlos war schliesslich auch der Antrag der Linken und Grünen, in der Raumplanung ein Verbandsbeschwerderecht einzuführen. Das fehlende Beschwerderecht für Verbände sei nach Expertenmeinung der Grund dafür, dass der Vollzug in der Raumplanung nicht klappe, sagte Beat Jans (SP/BS).
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Gegenvorschlag mit 92 zu 62 Stimmen gegen den Widerstand vor allem der Linke an. Es enthielten sich jedoch 20 Nationalräte.