Der Traktor basiert auf einem 8R und soll bereits 2022 verfügbar sein. – John Deere
Der weltgrösste Landtechnikhersteller Deere & Company bringt noch in diesem Jahr einen vollautonomen Traktor auf den Markt. Der 8R-Traktor wurde an der weltweit wichtigsten Messe für Unterhaltungselektronik, der CES 2022, in Las Vegas präsentiert. Die Lancierung birgt aber auch Gefahren, warnen Experten.
«Das ist keine Vision oder eine Demo, sondern ein fertiges Produkt», sagte Technologie-Chef Jahmy Hindman am Dienstag in Las Vegas. Im Sommer hatte der US-Konzern das Roboter-Start-up Bear Flag Robotics übernommen, das auf die Automation von landwirtschaftlichen Arbeiten spezialisiert war.
Es sei ein monumentaler Veränderung, sagte der Technologie-Chef. «Ich denke, es ist genauso gross wie der Übergang vom Pferd zum Traktor», liess er verlauten.
Genauigkeit von 2,5 Zentimetern
Der Traktor verfügt über sechs Stereokamerapaare, die eine Rundumsicht zu Erkennung von Hindernissen ermöglichen. Die Informationen aus den aufgenommenen Bildern werden durch ein System geschleust, das vom biologischen neuronalen Netz inspiriert ist, das auch das menschliche Gehirn verwendet.

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«Jedes Pixel wird in etwa 100 Millisekunden klassifiziert. Das System entscheidet dann, ob die Maschine weiterfährt oder anhält, je nachdem, ob ein Hindernis erkannt wird», sagte Hindman. Die künstliche Intelligenz sei mit mehr als 50 Millionen Bildern trainiert worden.
Der Traktor überprüft ausserdem ständig seine Position in Bezug auf ein vorab festgelegtes Einsatzgebiet. Dieser virtuelle Zaun («Geofence») soll sicherstellen, dass das Fahrzeug dort arbeitet, wo es soll, und zwar mit einer Genauigkeit von 2,5 Zentimetern. Hindman räumte ein, dass das System bei extremen Wetterbedingungen wie Schnee oder Regen Schwierigkeiten haben könnte, seine Umgebung zu erkennen.
Steuerung über Smartphone
Um den Traktor zu nutzen, müssen ihn die Landwirte nach Firmenangaben lediglich aufs Feld bringen und konfigurieren. Gesteuert und eingestellt wird der autonome Traktor über das John-Deere-Operations-Center-Mobile. Der Landwirt muss auf seinem Smartphone nach rechts wischen und der Traktor fährt los.

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Die App bietet Zugriff auf Livevideos, Bilder, Daten und ermöglicht dem Landwirt die Anpassung von Geschwindigkeit, Tiefe und mehr. Stimmt das Arbeitsergebnis nicht, oder gibt es mit dem Traktor Probleme, werden Landwirte per Fernzugriff benachrichtigt und können Anpassungen vornehmen.
Ob erste Maschinen nur in Amerika, oder auch in Europa zum Einsatz kommen werden, darüber macht John Deere keine Angaben. Wie viel der Traktor kosten wird, sagte Jahmy Hindman nicht. Das Unternehmen prüfe mehrere mögliche Modelle, unter anderem auch ein Abo-Modell. Das US-Unternehmen Deere & Company mit seiner Traktormarke John Deere gehört auch in der Schweiz zu den führenden Landmaschinenherstellern.
Bauern verliert Kontrolle
Die Serienreife von Traktoren ist erst ein erster Schritt in der Entwicklung. Künftig sollen auch Daten über den Boden und dessen Beschaffenheit gesammelt werden. Diese sollen wiederum dem Landwirt zur Verfügung gestellt werden, um die Bearbeitung zu verbessern.
Die Sammlung von Daten wird auch kritisiert. Christopher Kitts, Professor an der Santa Clara University und Experte für Feldroboter, sagte gegenüber wired.com, dass John Deere künftig für Daten, die für Bauern wichtig sind, Geld verlangen könnte. Agraringenieur Kevin Kenney befürchtet, dass künstliche Intelligenz und autonome Fahrzeuge dazu führen werden, dass die Bauern Entscheidungen immer weniger selbstständig fällen. Dies übernehmen Applikationen.
Ersetzen autonome Traktoren die Bauern?
Landwirte würden abhängig von Konzernen wie John Deere, sagte er zu wired.com. «Ich bin für Innovation. John Deere versucht, das Facebook der Landwirtschaft zu werden», warnt Kenney. Und er befürchtet, dass es künftig nicht mehr die Bauern braucht, um Farmland zu bewirtschaften. Er malt ein düsteres Bild. Hersteller könnten autonome Traktoren einsetzen, um grosse «Roboterbetriebe» zu verwalten.
Der Technologie-Chef von John Deere hält solche Befürchtungen für unbegründet, da es an Arbeitskräften in der Landwirtschaft mangelt und die Landwirte davon profitieren werden, wenn der neue Traktor verbessert wird und neue Funktionen erhält. Jahmy Hindman hielt fest, dass Landwirte sich gegen die gemeinsame Nutzung von Daten entscheiden könnten.