Der Gemeindepräsident von Schmerikon SG, Félix Brunschwiler, macht mit einem Kommentar im Gemeindeblatt Stimmung gegen den Bauernstand. Das kommt bei den lokalen Landwirten gar nicht gut an.
Beim besagten Kommentar geht um die regionale Verbindungsstrasse A15-Gaster. Diese würde die Industrie direkt erschliessen und das Siedlungsgebiet von Uznach grossräumig umfahren. Die A15-Gaster würde rund sechs Kilometer lang und gemäss aktueller Kostenschätzung 300 bis 350 Millionen Franken kosten.
Bauern ohne Rücksicht auf den Rest
Félix Brunschwiler ist seit 2009 Gemeindepräsident von Schmerikon SG, parteilos, und schreibt sich selber eine liberale Grundhaltung mit «ausgeprägtem sozialem und ökologischem Bewusstsein» zu. Dieses ausgeprägte soziale Bewusstsein endet jedoch bei den Bauern.
Er beschwert sich im Grusswort in seinem Gemeindeblatt wie folgt: «Wie es mittlerweile zur Gewohnheit wurde in diesem Land, opponiert der Bauernstand auch gegen dieses Projekt, ohne Rücksicht auf den Rest der Gesellschaft und Wirtschaft, ausgestattet mit dem Sympathiebonus als vermeintlich schutzbedürftige Ernährende der Nation.»

Screenshot TVO
«Bauern, seid solidarisch»
Die Selbstversorgung der Schweiz sei eine Illusion. «Wir sind und bleiben auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Der Preis, monetär wie ökologisch, für die Bewirtschaftung möglichst vieler Flächen, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Die Erhöhung des Selbstversorgungsgrades dadurch ist vernachlässigbar», so die Meinung des Gemeindepräsidenten.
Wenn es um Natur- und Umweltschutz gehen würde, würde man nicht «einseitig» über den Landverbrauch durch Siedlung und Verkehr klagen, giesst der Gemeindepräsident weiter Öl ins Feuer. «Wir würden auch über die folgenschweren Auswirkungen der Entwässerung dieses riesigen Feuchtgebietes zum Zweck einer wenig nachhaltigen Landwirtschaft, die in der Hauptsache Viehhaltung und Futtermittelanbau betreibt, nachdenken», moniert er.
Dann appelliert Brunschwiler an die Bauern: «Seid solidarisch mit den verkehrsgeplagten Menschen in den Siedlungen. Es sind sie, die euch den Lohn zahlen. Einerseits als Konsumierende zu überhöhten Preisen infolge protektionistischen Handelshemmnissen und als Steuerzahlende, die die landwirtschaftlichen Subventionen finanzieren.»
Bauern für konstruktive Lösungsfindung
Dies geht den Bauern zu weit. In einer gemeinsamen Mitteilung der lokalen Bauern des Bauernvereins See-Gaster, des St. Galler Bauernverbands, des Kantonalen Bäuerinnenverbandes St. Gallen und der Genossenschaft Vereinigte Milchbauern Mitte-Ost (VMMO) steht: «Mit seinem verzweifelten Versuch, Stimmung zu machen und der bäuerlichen Bevölkerung die Schuld für den zähen Projektverlauf in die Stiefel zu schieben, qualifiziert sich Félix Brunschwiler selber.» Die Bauern fragen sich, ob ein Gemeindepräsident nicht vor allem dazu da sei, in einer Gemeinde Lösungen zu erarbeiten.
Man sei an einem lösungsorientierten, sachlichen Dialog auf Augenhöhe interessiert, heisst es in der Mitteilung weiter. Der regionale Bauernverein See-Gaster habe sich im Sinne einer konstruktiven Lösungsfindung immer wieder zu Gesprächen bereit gezeigt. Das Projekt der A15-Gaster werde im Übrigen nicht nur von Seiten Landwirtschaft kontrovers diskutiert, und somit sei es nicht allein ihre Schuld, dass die Verbindungsstrasse offenbar nicht nach den Vorstellungen des Gemeindepräsidenten vorankommt.
«Vor den Kopf gestossen»
Bauern-Bashing zu betreiben, möge sich vielleicht gut anfühlen, helfe aber nicht, das Problem der regionalen Verbindungsstrasse zu lösen. Dass er gleichzeitig einen bunten Mix an Vorurteilen, Klischees, Halbwahrheiten und Unwahrheiten verwende, zeuge von wenig Dossierkenntnis, wenn es um landwirtschaftliche Themen und Strukturen gehe, schreiben sie weiter.

Screenshot TVO
«Die Bauernfamilien fühlen sich schon ein wenig vor den Kopf gestossen. Sie geben 365 Tage im Jahr und sieben Tage in der Woche ihr Bestes, um auch für die Gemeinde und die Leute in der Region nachhaltige, hochwertige und regionale Nahrungsmittel zu produzieren. Und dann kriegt man von einem Gemeindepräsidenten in dieser Art und Weise auf den Deckel», erklärte Markus Bisig, Präsident des Bauernvereins See-Gaster, gegenüber dem TV-Sender TVO.
Der Gemeindepräsident hält an seinen Worten fest. Die Landwirtschaft werde von den Steuerzahlenden unterstützt. Die nicht-bäuerliche Bevölkerung zeige sich so solidarisch. «Da erwarte ich bei der Landwirtschaft, dass man sich bei den berechtigten Bedürfnissen der übrigen Bevölkerung umgekehrt auch solidarisch zeigt», sagte er zu TVO.
Von Entschuldigung bis Rücktritt
Das Bäuerliche Komitee Schweiz fordert gar den Rücktritt des Gemeindepräsidenten. In einem Schreiben von Präsidentin Vanessa Monhart an die Gemeinde Schmerikon heisst es: «Es ist nicht die Aufgabe eines Gemeindepräsidenten, eine Berufsgruppe zu diffamieren. (…) Ein Rücktritt von Félix Brunschwiler als Gemeindepräsident ist die logische Konsequenz.»
Auch die lokale SVP meldet sich zu Wort. Der Parteivorstand begrüsst das Strassenbauprojekt grundsätzlich, hat aber kein Verständnis für die Kritik Brunschwilers an den Landwirten. «An dieser Stelle erlaubt sich der Vorstand die rhetorische Frage, von wem der Lohn des Gemeindepräsidenten bezahlt wird?», heisst es in der Mitteilung. Der Ortsparteivorstand interpretiert die Aussagen Brunschwilers so, «dass er Bauern vorwirft die hohle Hand zu machen und die immens wichtige Arbeit unserer Landwirte geringschätzt.»
Der Vorstand der Schmerkner SVP fordert ihn deshalb auf, seine Äusserungen zu überdenken. Die Partei hält eine öffentliche Entschuldigung für angebracht. «Der Gemeindepräsident ist herzlich eingeladen, einige Tage auf dem Bauernhof eines Ortspartei-Mitgliedes zu verbringen», schreibt die Partei.



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