Bundesrat Guy Parmelin wird das Verteidigungsdepartement verlassen und in das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) wechseln. Als Wirtschaftsminister übernimmt er auch das Agrar-Dossier. Er dämpft die grossen Erwartungen vonseiten der Landwirtschaft aber ab.
Parmelin ist seit drei Jahren im Bundesrat. Der Waadtländer übernahm damals das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Nun wechselt er in das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF). Damit wird der SVP-Bundesrat auch das Agrar-Dossier übernehmen.
Keine Wirtschaftspolitik für eine Branche
Der ausgebildete Landwirt und Winzer wird beispielsweise die Agrarpolitik 2022 oder neue Freihandelsabkommen zu verantworten haben. In der Agrarbranche geht die Hoffnung um, dass der Bundesrat den Bauernfamilien in Zukunft mehr Verständnis entgegenbringt als in den vergangenen Jahren. «Guy Parmelin hätte als Wirtschaftsminister sicher das notwendige Verständnis für die berechtigten Anliegen der Landwirtschaft», sagte Bauernpräsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter im Januar gegenüber den Medien. In einem Interview mit der Zeitung «Der Bund» schwächt Parmelin diese Hoffnungen ab.
Klar interessiere er sich für die Branche. Und er will auch Impulse geben. Für seinen Entscheid, im neuen Jahr vom Verteidigungs- ins Wirtschaftsdepartement zu wechseln, sei das aber nicht ausschlaggebend gewesen. «Im Gegenteil: Ich hätte Schwierigkeiten vermeiden können, wenn ich nicht gewechselt hätte.» Und: «Ich werde nicht alle Erwartungen erfüllen können. Ich werde die Politik des Gesamtbundesrats vertreten. Ich mache Wirtschaftspolitik im Interesse des ganzen Landes, nicht einer einzelnen Branche», macht er deutlich.
«Habe auch gegen Bauernverband gestimmt»
Parmelin nennt in diesem Zusammenhang die Spannungen bei der Freihandelspolitik zwischen der Landwirtschaft und der übrigen Wirtschaft. «Ich glaube, dass es Kompromisse geben kann. Und für solche Kompromisse werde ich kämpfen», lautet die Botschaft des Wirtschaftsministers. Als Beispiel nennt er das Abkommen mit China. Hier sei die Landwirtschaft von Beginn an eingebunden worden. Und diese habe das Abkommen anschliessend mitgetragen.
Im Interview mit der Zeitung «Der Bund» will er auch Distanz schaffen zum Schweizer Bauernverband. «Schauen Sie mein Abstimmungsverhalten im Nationalrat an: Ich habe ab und zu gegen die Position des Bauernverbands gestimmt», sagt Parmelin.
Perspektiven bieten
Parmelin äusserte sich an der Pressekonferenz von vergangenem Dienstag ebenfalls zur Landwirtschaft. Bei der Agrarpolitik 2022 will er die Vernehmlassung abwarten. Anhand der Eingaben werde man Korrekturen respektive Präzisierungen vornehmen. Klar ist für Parmelin, dass bei der Agrarpolitik nicht alles verändert werden kann.
Die Landwirtschaft habe noch einige Defizite. Parmelin nannte den Klimaschutz oder die "internationalen Tendenzen". Er meint damit wohl die Wettbewerbsfähigkeit und damit verbunden den Grenzschutz. Man müsse aber Perspektiven bieten, sonst würden Blockaden drohen. Er könne als ausgebildeter Landwirt auch (Praxis)-Erfahrung einbringen.
Zur Person
Der 59-jährige Parmelin ist Meisterlandwirt. Zusammen mit seinem Bruder führte er bis 2015 den Betrieb in Bursins VD bei Nyon. Der Betrieb umfasst heute 5 Hektaren Reben und 31 Hektaren Ackerbau. Die Trauben verkauft Parmelins Bruder an das Weinhandelshaus Schenk in Rolle VD. Die Milchproduktion hart die Familie im Jahr 2011 aufgegeben. Sinkende Produzentenpreise und anstehende Investitionen in den Milchviehstall haben den Entscheid herbeigeführt. Parmelin war auch in der Verwaltung der Genossenschaft Fenaco. Besonders nahe stehen ihm die grösseren Talbauern und dem Ackerbau.
Parmelin sass zwischen 2000 und 2004 im Waadtländer Grossen Rat und präsidierte die Kantonalpartei. In Lausanne hinterliess er das Bild eines pragmatischen SVP-Politikers nahe der Mitte. Den Einzug in den Nationalrat schaffte er 2003. Der Romand ist nach Rudolf Minger (BGB) und Paul Chaudet (FDP) erst der dritte Bauer im Bundesrat.