Im Drei-Seen-Land seien die Umweltprobleme viel grösser als bisher bekannt. Dies schreiben fünf Umweltorganisationen in einer gemeinsamen Mitteilung vom Donnerstag: Birdlife, Pro Natura, Stiftung Landschaftsschutz, Fischereiverband und WWF Schweiz.
Abgesackte Äcker
Die Liste der Probleme zwischen der Orbe-Ebene und der Grenchner Witi sei lang. «Viele dieser Umweltbeeinträchtigungen gehen auf die grossräumige Trockenlegung der Feuchtgebiete nach den beiden Juragewässerkorrektionen zurück», schreiben die Organisationen. Nur dank dieser sei die intensive Landwirtschaft möglich geworden. Überschwemmungen und Trockenheit machten den Bauernbetrieben zu schaffen.
Zu den Problemen zählen sie etwa abgesackte Äcker, belastetes Trinkwasser, verbaute Gewässer, schwindende Biodiversität und eine eintönige Kulturlandschaft. Die bisherige Bewirtschaftung führe in eine Sackgasse. Dem wollen die Organisationen mit einer «Vision 3-Seen-Land 2050» entgegentreten.
Gemäss Mitteilung kann das Grundwasser aufgrund der «hohen Nährstoff- und Pestizidbelastung» vielerorts nicht mehr für die Trinkwasserversorgung genutzt werden. Wegen der Intensivlandwirtschaft habe sich die Gesamtfläche der Moorböden im Drei-Seen-Land in den letzten 50 Jahren halbiert hat.
Wichtig sei, dass die Landwirtschaft auf angepasste Kulturen und Anbautechniken setze, so die Umweltschutzorganisationen.
Hansjürg Hörler
«Pionierfeld für die Schweiz»
Im Zentrum stehen die Renaturierung von Fliessgewässern und ihren Auen sowie die Freigabe von Moorböden zur Revitalisierung von Flachmooren. Ferner sollen weitere Biotope in Form von Hecken, Tümpeln, blütenreichen Lebensräumen und extensiv bewirtschafteten Flächen entstehen. Wichtig sei, dass die Landwirtschaft auf angepasste Kulturen und Anbautechniken setze.
Die Vorschläge sollen nun mit weiteren Akteuren der Region weiterentwickelt werden, schreiben die fünf Organisationen. Doch die Umweltschutzorganisationen schränken den Handlungsspielraum mit ihren Forderungen massiv sein. «Wir sehen im Drei-Seen-Land ein Pionierfeld für eine zukunftsweisende Nutzung der Landschaft in der Schweiz», wird Pro-Natura-Präsidentin Ursula Schneider Schüttel zitiert.
So soll das Miteinander von Landwirtschaft und Natur für Umweltschutzorganisationen aussehen.
Illustration: Isabelle Bühler
Bauern benötigen weniger Land
«Wir sind überzeugt, dass die Region als Standort für eine natur- und umweltgerechtere Lebensmittelproduktion erhebliche Chancen hat», so Schneider Schüttel weiter. Für die Entwicklung seien nebst den Renaturierungen auch Anbautechniken und angepasste Kulturen, die höhere Temperaturen und geringere Niederschläge ertragen, vonnöten. Die Organisationen erwähnen trockenheitsresistente Sorten und pfluglose Verfahren wie etwa die Direktsaat. «Sie verbessern die Bodenfruchtbarkeit und begünstigen die Biodiversität. Dies kommt sowohl der Natur als auch den bäuerlichen Betrieben zugute», heisst es weiter.
Die fünf Organisationen gehen davon aus, dass die Landwirte künftig weniger Ackerland benötigen, um die Bevölkerung zu ernähren. Die Umweltschutzorganisation gehen davon aus, dass die Lebensmittelverluste von heute 30 Prozent halbiert werden. Sie beziehen sich dabei auf die Strategie des Bundes. Und sie gehen davon aus, dass der Speiseplan der Bevölkerung ändern wird. Heute würden sich immer mehr Menschen pflanzlich ernähren. Das begünstige den Anbau von Hülsenfrüchten, Kartoffeln und Getreide. Diese liefern auf gleicher Fläche rund fünfmal mehr Nahrungskalorien als tierische Lebensmittel.
Bei der Bewässerung soll es Einschränkungen geben.
Robert Alder
Doch auch hier wollen die Organisationen Einschränkungen. Die Bewässerung soll auf Sommerkulturen für den menschlichen Konsum reduziert werden. Zur Schonung der Wasserressourcen sollen vermehrt Winterkulturen angebaut, die ohne Bewässerung auskommen.
Nutztierbestände senken
Die Umweltschutzorganisationen gehen davon aus, dass Konsum von tierischen Produkten zurückgeht. Ein Dorn im Auge der Organisationen ist der Anbau von Mais im Seeland. Die Idee der Umweltschützer: Die Bauern können Flächen, die heute für die Futtermittelproduktion genutzt werden, für die pflanzliche Produktion verwenden.
Der Umfang der Nutztierbestände richtet sich gemäss den Umweltschutzorganisationen nach dem Futterangebot im Projektgebiet. Wiederkäuer werden mit Gras aus der Region gefüttert. Die Nahrung der Legehennen würde vorwiegend aus Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung bestehen.
Viel Land in öffentlicher Hand
Im Faktenblatt wird auch ersichtlich, wie die Umweltschutzorganisationen zum Ziel kommen wollen: Durch die Lenkung der öffentlichen Hand. «Einen grossen Spielraum für die Umnutzung von Ackerflächen bietet der hohe Landanteil der öffentlichen Hand (Red. beispielsweise Witzwil BE oder Bellechasse FR) in der Region. Auf hunderten von Hektaren bietet sich hier die Chance für das Zukunftsmodell eines Ackerbaus, der seine Produktion naturfreundlich ausrichtet und so die Rolle eines ökologischen Gemüsegartens erfüllt», heisst es dort. Produziert werden soll auf tiefgründigen Böden. «Degenerierte Flächen und Moorböden werden der Natur vorbehalten», steht im Faktenblatt.
Die landwirtschaftliche Nutzung soll geändert werden.
Reportair, Niklaus Wächter
Über Direktzahlungen regeln
Als weitere Lenkungsmassnahmen sehen die Umweltschützer Bund, Kantone und Gemeinden in der Pflicht. Diese könnten zusätzlich mit höheren Direktzahlungen für ökologische Leistungen steuernd eingreifen. Unterstützend wirken auch gezielte Bewirtschaftungsauflagen für das von ihnen verpachtete Land und Subventionen (Red. Direktzahlungen), die Einzelbetrieben bei der Anpassung ihrer Produktion an die neuen Ernährungsmuster helfen.
Dadurch können die bäuerlichen Betriebe künftig auf geringerer Fläche gleich viele oder höhere Kalorienmengen erzeugen. «Dank der Umstellung auf Labelprodukte wie IP-Suisse und Bio, Einsparungen an Mineraldünger und Pestiziden sowie der Ausrichtung auf neue Konsumtrends ist eine höhere Wertschöpfung möglich», sind sich die Umweltschutzorganisationen sicher.
Diese Landwirtschaft wollen die Umweltschutzorganisationen
- Die bäuerlichen Betriebe im Drei-Seen-Land wirtschaften standortangepasst, ressourceneffizient und mit Rücksicht auf die typischen Kulturlandarten wie Feldlerche, Grauammer, Kiebitz oder Feldhase.
- Die Betriebe erzeugen primär pflanzliche Produkte, die sich für die menschliche Ernährung eignen.
- Durch eine bessere Kultur- und Sortenwahl sowie schonende Anbaumethoden – wie etwa Direktsaat, Permakultur und Agroforstwirtschaft – passt sich die Landwirtschaft der Klimakrise mit ihren häufigeren Wetterextremen an.
- Die Vermeidung von Foodwaste und eine Anpassung an veränderte Konsummuster mindern den Produktionsdruck in der Landwirtschaft. Sie kann auf deutlich weniger Fläche gleich viele oder sogar mehr Nahrungskalorien erzeugen und eine gute Wertschöpfung erzielen.
- Auf Torfböden und degradierten Äckern Flächen können neue Feuchtgebiete und extensiv genutzte Flächen entstehen.
- Die Produktion auf den landwirtschaftlichen Flächen erfolgt so, dass sie mit den Lebensraumansprüchen der für die Landschaft typischen Arten in Einklang steht. Mit der Zeit werden die grossen Bestände an Nützlingen wiederum die umweltschonende landwirtschaftliche Bewirtschaftung unterstützen. Dadurch lässt sich der Einsatz von chemischen Hilfsmitteln minimieren.
- Auf den Moorböden und degradierten Flächen werden neue Feuchtgebiete und extensiv genutzte Flächen geschaffen
-> Mehr Informationen zur Vision 2050 Drei-Seen-Land gibt es hier
auch zukünftig realistisch den Gegebenheiten angepasst weiter entwickelt werden können. Dies erscheint mir zwingend und der einzig sinnvolle Weg, damit zukünftig möglichst regional und ökologisch Nahrungsmittel in genügender Menge produziert werden können.
Beispiele heuchletischer grüner Verbandspräsidenten lassen mich erschaudern: ihr Lebensstil und ihr "Fachwissen" steht oft diametral zu ihrer Rede. Begeisterter renaturierflächenfördernder Präsi reist fleissig und mit reinem Gewissen rund um den Erdball für wochenlange Safaris ... er fördert damit schliesslich Baumpflanzaktionen im fruchtbaren Costa Rica, wo jeder eingeschlagene grüne Knebel von selbst Wurzeln schlägt. Oder der Präsi des Natur-und Vogelschutzverbandes, der einen Bauern allenernstes und erstaunt fragt, wofür Obstbäume denn eigentlich Blätter bräuchten?
Solche "Experten" erdreisten sich, unserer Nahrungsmittelproduktion fundiert umzugestalten zu wollen!
Welcher Präsident ist hier gemeint? Gibt es noch weitere Beispiele?
Renaturierung ja, aber mit Sinn und miteinander.