Die Schweizer Landwirtschaft braucht junge, dynamische und kompetente Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht.
Ramona Riedener
In der Schweizer Landwirtschaft besteht ein deutliches Geschlechterungleichgewicht, heisst es in einer Mitteilung der Berner Fachhochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (Hafl). Dies zeige sich auch in der landwirtschaftlichen Bildung.
Ein neuer Leitfaden der Hafl, der Agridea und des Inforama zeigt auf, wie geschlechtergerechter Unterricht an landwirtschaftlichen Schulen gestaltet werden kann – für mehr Chancengleichheit und Vielfalt.
Für Schulen mit landwirtschaftlichen Ausbildungsgängen
Der «Leitfaden für geschlechtergerechten Unterricht in landwirtschaftlichen Ausbildungsgängen» definiert geschlechtergerechten Unterricht als einen reflektierten, situationsspezifischen Ansatz im Unterricht, der sicherstellt, dass sich alle Personen – unabhängig ihres Geschlechts – angesprochen fühlen.
Der Leitfaden richtet sich an Schulen mit landwirtschaftlichen Ausbildungsgängen und unterstützt Schulleitungen wie auch Lehrpersonen dabei, Sprache, Bildmaterial, Unterrichtspraxis und Schulkultur geschlechtergerecht zu gestalten. Der Leitfaden arbeitet ohne dogmatische Vorgaben, sondern ist praxisnah und schlägt zugängliche Varianten für die Umsetzung im Alltag vor.
Ungleichgewicht der Geschlechter
Die Schweizer Landwirtschaft braucht gut ausgebildete Fachkräfte. In der Landwirtschaft generell und insbesondere in den landwirtschaftlichen Ausbildungsgängen herrscht jedoch ein deutliches Geschlechterungleichgewicht, heisst es in der Mitteilung. 23 Prozent der Absolventinnen und Absolventen der Grundbildung sind Frauen, bei den Betriebsleiterinnen liegt der Anteil gar nur bei 7,3 Prozent.
Umgekehrt gibt es bei der Ausbildung zur Bäuerin beziehungsweise bäuerlichen Haushaltsleiter FA nur vereinzelt männliche Absolventen. Geschlechtergerechter Unterricht ist ein wichtiger Schlüssel zu mehr Chancengleichheit und einer vielfältigeren Berufslandschaft. Denn Bildung dient nicht nur der Aneignung von Fachwissen, sondern formt immer auch Werte, Perspektiven und Rollenbilder.
Der Umgang mit tradierten Geschlechterrollen
Entstanden ist der Leitfaden im Rahmen des Projekts «Reproduktion von Geschlechterungleichheit durch die landwirtschaftliche Bildung». Das Projekt untersucht, wie tradierte Geschlechterrollen und - normen durch Bildungsmedien und den Unterricht fortgeführt werden und wie eine Weiterentwicklung in Richtung Geschlechtergerechtigkeit möglich ist.
Sandra Contzen, Dozentin für Agrarsoziologie an der Hafl, leitet das Projekt «Reproduktion von Geschlechterungleichheit durch die landwirtschaftliche Bildung».
zvg
Die Inhalte des Leitfadens wurden dann in enger Zusammenarbeit mit der Praxis entwickelt. In Workshops mit Lehrpersonen aus Berufsschulen und der höheren Berufsbildung wurden konkrete Handlungsmöglichkeiten gesammelt, im Unterricht getestet und entsprechend weiterentwickelt. Das Ergebnis ist ein Werkzeug, das nah an der Realität der Lehrpersonen ansetzt und deren Schulalltag sinnvoll unterstützten kann.
Meine Tochter hat eine landwirtschaftliche Ausbildung, aber
schon wenn es darum geht ein Zapfwelle anzuhängen oder
die Anhängekupplung am Schlepper zu montieren stößt sie
an Grenzen. Soll sie einen Sack Saatgut in die Sämaschine
heben braucht sie Hilfe.
Eine zweite Tochter ist Schreinerin. Sie hat oft ähnliche
Probleme wenn es z.B. darum geht im vierten Stock eine
Küche einzubauen.
Vielleicht sollten sich einmal Praktiker und nicht Statistiker
mit solchen Problemen beschäftigen.