Die Schweizer Landwirtschaft dürfte 2020 eine Bruttowertschöpfung von 4,4 Milliarden Franken generieren. Gegenüber 2019 wäre dies ein Anstieg von 5,8%. Die Gesamtproduktion ist stabil geblieben, die Produktionskosten sind hingegen gesunken. Dies teilt das Bundesamt für Statistik mit.
2020 ist geprägt von der Corona-Pandemie. Dies wirkte sich auch die auf die Schweizer Landwirtschaft aus.
Aufgrund der im Frühling getroffenen Massnahmen legten die tierische Produktion und der Gemüsebau zu. Für den Weinbau hingegen ist das Jahr 2020 schlecht. Diese ersten Schätzungen für das laufende Jahr beruhen auf der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung, die das Bundesamt für Statistik (BFS) erarbeitet hat.
Ausgaben sinken
Gemäss dem BFS gibt es bei den Schätzungen noch Unsicherheiten. «Fest steht, dass sich die Landwirtschaft und die gesamte Lebensmittelbranche schnell an die neue Situation angepasst haben und ihre Produktion im Allgemeinen gut absetzen konnten», halten die Statistiker fest.
Gemäss ersten Schätzungen steigt die Gesamtproduktion der Schweizer Landwirtschaft im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 0,2 Prozent auf 11,4 Milliarden Franken. Die Ausgaben für Vorleistungen (Futtermittel, Energie, Dünger, Unterhalt und Reparaturen usw.) betragen 7,0 Milliarden Franken und sind damit 3,1% tiefer als im Vorjahr.
Sinkende Arbeitsproduktivität
Die Bruttowertschöpfung, also die Differenz zwischen dem Produktionswert und den Vorleistungen, erreicht 4,4 Milliarden Franken. Das sind 5,8% mehr als 2019. Zu Vorjahrespreisen, also ohne Berücksichtigung der Teuerung, sinkt die Bruttowertschöpfung gemäss BFS jedoch um 1,4%. Bei einem geschätzten Rückgang des Arbeitsvolumens um 0,8% geht die Arbeitsproduktivität zwischen 2019 und 2020 um 0,6% zurück, ist aber dennoch 34% höher als im Jahr 2000.
Pflanzenbau nimmt ab
Der Produktionswert des Pflanzenbaus dürfte sich gegenüber 2019 um 5,5% auf 4,2 Milliarden Franken verringern. Die Getreideernte wird trotz der Trockenheit im Frühling auf mehr als 920’000 Tonnen (+1,5%) geschätzt. Der Produktionswert wächst um 3,4%. Einen starken Anstieg verzeichnet die Ölsaatenproduktion. Sie erhöht sich gegenüber 2019 sowohl mengen- (+21,6%) als auch wertmässig (+19,1%).
Aufgrund der ausserordentlichen Situation im Frühling besteht eine grosse Nachfrage nach inländischem Gemüse. Infolge der gestiegenen Produktionsmenge verzeichnet ihr Produktionswert ein Plus von 6,0%. Im Futterbau war die Ernte 2020 gut, der Heupreis sinkt gemäss BFS und der Produktionswert der Futterpflanzen reduziert sich um 21,2%. Im Weinbau wurden die Quoten für die Traubenproduktion gesenkt und Weine deklassiert, um Problemen beim Absatz der bestehenden Vorräte entgegenzuwirken. Der Produktionswert von Trauben und Wein dürfte gegenüber 2019 um 8,5% zurückgehen.
Die tierische Produktion steigt weiter
Die tierische Produktion nimmt im Jahr 2020 gegenüber 2019 um 4,5% auf 5,7 Milliarden Franken zu. Der Wert der Milchproduktion wird vom BFS auf 2,5 Milliarden Franken beziffert (+2,6%). Die Produktionsmenge ist dabei leicht rückläufig (–0,8%), der Durchschnittspreis steigt (+3,4%) weiter.
Auch beim Schlachtvieh wird die Situation positiv beschrieben. Die Nachfrage nach Schlachtrindern ist weiterhin gross. Nach einem Einbruch im März liegen die Preise seit Juni über dem Niveau des Vorjahres. Der Wert der Rindviehproduktion erhöht sich 2020 gemäss der Schätzung um 5,3% auf 1,5 Milliarden Franken.
Auf dem Schweinemarkt übertreffen die Durchschnittspreise den Stand des Vorjahres. Der Wert der Schweineproduktion steigt um 5,7% auf 1,0 Milliarden Franken. Der Aufschwung der Geflügelhaltung setzt sich auch 2020 fort. Sie erreicht 2020 einen Produktionswert von 0,6 Milliarden Franken (+6,0%). Dies ist vor allem auf den zunehmenden Konsum von Geflügel und Eiern aus der Schweiz zurückzuführen, schreibt das BFS.
Tiefere Produktionskosten
2020 sinken die Produktionskosten (Vorleistungen, Abschreibungen, Löhne, Pachten, Schuldzinsen und Produktionsabgaben) gegenüber 2019 um 2,3%. Der Rückgang der Vorleistungen (7,0 Milliarden Franken, –3,1%) ist gemäss BFS in erster Linie auf die tieferen Preise für Futtermittel und Energie zurückzuführen.
Demgegenüber erklären sich die leicht geringeren Abschreibungen durch die Abnahme des produktiven Vermögens (Kapital) der Schweizer Landwirtschaft. Die Löhne der Angestellten (1,3 Milliarden Franken, –0,1%), die Pachten (0,4 Milliarden Franken, +0,2%) und die Schuldzinsen (0,2 Milliarden Franken, +0,3%) bleiben nach den ersten Schätzungen im Vergleich zum Vorjahr relativ stabil.
Sektorales Einkommen nimmt zu
2020 nehmen die Einnahmen (Produktionswert, Staatsbeiträge und Habenzinsen) um 0,1% bzw. knapp 17 Millionen Franken auf rund 14,4 Milliarden Franken zu. Die Ausgaben (Vorleistungen, Abschreibungen, Löhne, Pachten, Schuldzinsen und Produktionsabgaben) verringern sich um mehr als 258 Millionen Franken (–2,3%) auf nahezu 11,1 Milliarden Franken.
Der Saldo, d.h. das Nettounternehmenseinkommen der Schweizer Landwirtschaft (sektorales Einkommen), wird somit für das Jahr 2020 auf knapp 3,3 Milliarden Franken geschätzt. Das sind 275 Millionen oder 9,2 Prozent mehr als 2019. «Das sektorale Einkommen, das hauptsächlich die Arbeit und das produktive Vermögen (Kapital und Boden) sämtlicher Bauernfamilien in der Schweiz entschädigt, liegt damit nahezu 12% über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre», hält das BFS fest.
Direktzahlungen wichtiger Einkommensbestandteil
Die schrittweise Öffnung der Agrarmärkte in den 1990er-Jahren führte zur Einführung von Direktzahlungen, die ab 1999 verallgemeinert und 2014 neu ausgerichtet wurden. Die Gelder dienen vor allem dazu, Leistungen von allgemeinem Interesse zu vergüten.
Nach ersten, auf den Voranschlag des Bundes gestützten Schätzungen bleiben die Staatsbeiträge gegenüber 2019 praktisch unverändert. «Mit nahezu 3 Milliarden Franken machen diese Beiträge 2020 rund 21% der Gesamtressourcen des Schweizer Agrarsektors aus und bilden damit einen wichtigen Bestandteil des sektoralen Einkommens», schreibt das Bundesamt für Landwirtschaft.