Jedes Jahr gehen in der Schweiz rund 3400 Hektaren landwirtschaftliches Kulturland verloren, was fast dem Stadtgebiet von St. Gallen entspricht. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK) erwartet vom Bundesrat, dass er dagegen etwas unternimmt.
Als wichtigsten Grund für den Verlust von Kulturland ortet sie die die
Ausbreitung der Siedlungsfläche. Max Binder (SVP/ZH), der die zuständige
Subkommission leitete, macht dafür vor allem den Bau von Ein- und
Zweifamilienhäusern verantwortlich. Die Landwirtschaft und die
Ausbreitung des Waldes hätten ebenfalls einen Anteil, wenn auch einen
weniger grossen. Auch Gewässerschutzmassnahmen seien nicht so bedeutend
für den Kulturlandverlust, sagte Binder am Dienstag vor den Medien in
Bern.
Bund als Ursache
Die Rolle des Bundes ist laut GPK eine weitere Ursache für den
Verschleiss von Kulturland. Dieser nehme seine Aufsichtsfunktion nur
zurückhaltend wahr, schreibt die Aufsichtskommission in einem Bericht.
Grund dafür ist unter anderem, dass er von den Kantonen nicht immer mit
den nötigen Informationen über Umfang und Qualität der
Fruchtfolgeflächen, also des ackerfähigen Kulturlandes, versorgt wird.
Doch
auch bei seinen eigenen Projekten, beispielsweise beim Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur, räume der Bund dem Kulturlandschutz nur geringen
Stellenwert ein. Kulturlandschutz müsse im Sachplan Verkehr explizit
erwähnt werden, fordert die GPK daher.
Unterschiedliche Angaben
Auch beim Sachplan
Fruchtfolgeflächen sieht sie Handlungsbedarf. Dieser legt zwar einen
minimalen Umfang pro Kanton fest, schützt das Landwirtschaftsland laut
GPK aber nur bedingt. Die Erhebungen würden nicht von allen Kantonen
gleich gehandhabt, weshalb die verschiedenen Inventare nicht wirklich
verglichen werden könnten, sagte Binder. Zudem sei die Qualität des
Bodens nicht überall gleich.
Auch das Raumplanungsgesetz sorge
nur für einen schwachen Schutz des Kulturlandes und räume den Kantonen
grossen Spielraum beim Vollzug ein, heisst es im GPK-Bericht. Dem
Anliegen werde zwar Rechnung getragen, aber immer noch zu wenig, sagte
Binder. Derzeit ist die Umsetzung der letzten Revision des
Raumplanungsgesetzes im Gang. Diese schützt das Kulturland unter anderem
dadurch, dass die Grösse der Bauzonen begrenzt wird.
Nicht an erster Stelle
Im
Entwurf für eine zweite Etappe legte der Bundesrat ein besonderes
Gewicht auf den zusätzlichen Schutz des Kulturlandes. Diese Revision
wurde nicht nur von Kantonen und Gemeinden, sondern auch von den Bauern
abgelehnt, weshalb der Bundesrat das Projekt auf die lange Bank
geschoben hat. Trotz dieser Vorarbeiten fordert die GPK nun vom
Bundesrat eine Überprüfung, ob zum besseren Schutz des Kulturlandes die
Bundesgesetze angepasst werden müssen.
Mit einem Postulat
verlangt die Aufsichtskommission zudem einen Bericht, der das Verhältnis
des Kulturlandschutzes etwas zum Wald-, Umwelt- oder Natur- und
Heimatschutz beleuchten soll. Die GPK geht davon aus, dass das
Landwirtschaftsland dabei nicht gleich gewichtet wird. «Beim Wald gibt
es einen klaren quantitativen Schutz», sagte Binder. Der
Kulturlandschutz müsse eine stärkere Bedeutung erhalten.
Das
Anliegen der GPK wird von verschiedenen Seiten unterstützt. Die
Ernährungssicherheits-Initiative ist derzeit im Parlament hängig. Der
Bauernverband will damit unter anderem den Erhalt der Kulturflächen,
insbesondere des ackerfähigen Kulturlandes, erreichen. Die Jungen Grünen
sammeln Unterschriften für eine Initiative, mit der die Zersiedelung
des Landes gestoppt werden soll.