«Ich möchte Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg dienen und alles für dieses Land geben» schreibt Özdemir in einem Brief an die Bürgerinnen und Bürger. Der grüne Amtsinhaber Winfried Kretschmann (76) tritt bei der Wahl nicht mehr an.
Özdemir wurde seit Monaten als aussichtsreichster Kandidat für die Spitzenkandidatur gehandelt. Nur Özdemir sei ähnlich bekannt wie Kretschmann, war aus der Partei in den vergangenen Monaten übereinstimmend zu hören gewesen. Zudem könne der Minister auf eine lange politische Erfahrung zurückgreifen und werde wie Kretschmann zum pragmatischen «Realo»-Flügel seiner Partei gezählt.
Da kommt er her
Özdemir wurde Ende 1965 als Sohn türkischer Gastarbeiter in Urach in Baden-Württemberg geboren. Er ist der erste Bundesminister mit türkischen Eltern und bezeichnete sich selbst einmal als «deutschen Staatsbürger türkischer Herkunft». 1994 zog er erstmals in den Bundestag ein.
Auf Ärger um dienstlich gesammelte, aber privat genutzte Bonusmeilen und einen Privatkredit folgte ab 2002 eine bundespolitischen Auszeit in den USA und Brüssel. Von 2004 bis 2008 war Özdemir Mitglied im EU-Parlament. Von 2008 bis 2018 war er Co-Vorsitzender der deutschen Grünen.
Seit 2013 sitzt er wieder im Bundestag, 2021 holte er im Wahlkreis Stuttgart I mit 40 Prozent der Erststimmen das Direktmandat. Im Dezember 2021 wurde er im «Ampel»-Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Bundeslandwirtschaftsminister.
Nicht alle Bauern mögen ihn
Bei den Landwirten ist der Grüne nicht durchgängig gut gelitten. Zwar hat sich Özdemir früh von der Entscheidung der Bundesregierung distanziert, die steuerlichen Vergünstigungen beim Agrardiesel abschaffen zu wollen. Den Zorn der Bauern bekam er trotzdem voll ab.
Baden-Württemberg gilt als eine Grünen-Hochburg. Kretschmann wurde 2011 der erste deutsche Länder-Regierungschef aus den Reihen der Ökopartei - und ist bis heute der einzige geblieben. Laut derzeitigen Umfragen haben die Grünen aber kaum Chancen, erneut die Landtagswahl in dem wirtschaftsstarken Bundesland zu gewinnen. Mit 18 Prozent stehen sie weit hinter den Christdemokraten (32 Prozent), ihrem derzeitigen Juniorpartner in einer grün-schwarzen Koalition.