«Schweizer Bauer»: Was ist der aktuelle Stand der Wolfsinitiative?
Miriam Grab-Iten: Es sieht nicht so gut aus.
Wo genau wurden Unterschriften gesammelt (auf dem Land, kleinere Städte, Agglomeration ect.)?
Überall wo es gerade gepasst hat. Wir sine eine kleine Gruppe von Privatleuten, welche die Initiative lanciert hat und auf Unterschriftensammlung geht. Ich ging zum Beispiel auch nach Zug. Zug ist jedoch eine internationale Stadt -die Hälfte der Menschen die vorbei läuft hat kein Stimmrecht. Auf dem Land unterschreiben neun von zehn Leuten, auch in der Stadt funktioniert das Unterschriftensammeln sehr gut, sieben von zehn Leuten unterschreiben die Initiative.
Was waren die bisherigen Reaktionen der Leute?
Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen. Zwei sind mir bisher besonders in Erinnerung geblieben. Ein Anwalt aus Baar ZG hat eine schöne Mail geschrieben -das hat mich sehr positiv gestimmt, dass jemand der nichts mit der Landwirtschaft zu tun hat, die Problematik erkennt. Als wir mit der Initiative starteten, ist Andri Kober, Präsident des Bäuerlichen Sorgentelefons auf uns zugekommen und hat sich bedankt.
Wird die Initiative von Parteien und Verbänden unterstütz?
Als wir anfingen, sind wir davon ausgegangen, dass wir von den Bauernverbänden mehr Unterstützung bekommen. Unterstützung gibt es vorallem von der Oberwalliser Bauernvereinigung und einigen Bauernverbänden aus der Zentralschweiz. Im Kanton Graubünden ist der «Bündner Verein zum Schutz der ländlichen Lebensräume vor Grossraubtieren» sehr aktiv. Im Oberwallis bekamen wir grosse Unterstützung durch die Parteien NEO – Die sozialliberale Mitte und der SVP. Am meisten Unterstützung gibt es durch die Zentralschweizer Vereinigung zum Schutz von Jagd- und Nutztieren vor Grossraubtieren . Dass es uns nicht gelungen ist ein nationales Netz aufzubauen und bekannt zu werden. Das zeigt sich in den Zahlen der gesammelten Unterschriften pro Kanton. Vor ein paar Wochen durften wir einen Versand von Unterschriftenbögen mit der Parteizeitung der SVP und der EDU machen. Der Schweizerische Schaf- und Ziegenzuchtverband hat seine Mitglieder in einer Mail nochmal dazu aufgerufen Unterschriften zu sammeln und die Initiative zu unterstützen. Wir haben allgemein gemerkt, dass es schwierig ist Unterstützung zu bekommen -finanzielle Unterstützung gibt es fast nicht. Niemand will sich die Finger verbrennen. Dafür, dass die Unterstützung sehr zaghaft ist, haben wir es schon recht weit geschafft. Es sind Privatpersonen die Unterschriften sammeln gingen. Mir war das immer wichtig, nicht jammern, sondern jeder kann etwas machen.
Was sagt der Schweizer Bauernverband?
Alle möglichen Ressourcen werden zurzeit für die Biodiversitätsinitiative eingesetzt.
Kommt die Initiative zustande?
Das kommt darauf an was den Sommer über so geschieht. Leider ist es so, dass es erst traurige Fälle braucht, bis Bewegung reinkommt. Und selbst dann ist es schwierig.
Wieso?
Im Kanton Aargau kam es in den letzten sechs Wochen zu fünf Rissen. Davon wird nichts berichtet. Ich habe schon unzählige Geschichten von Landwirten gehört, denen der zuständige Wildhüter drohte, keine Fotos zu machen und zu veröffentlichen. Alles wird unter den Tisch gekehrt, niemand will etwas davon wissen. Betroffene Landwirte stehen überall an, wenn sie die Fälle sauber aufklären wollen, plötzlich heisst es dann die Füchse hätten das Kalb gerissen und es würden Beweise fehlen. Es wird alles gemacht, um die Fälle zu vertuschen und in der Bevölkerung im Mittelland keine Panik aufkommen zu lassen.
Was raten Sie betroffenen Tierhaltern?
Bleibt aktiv und hartnäckig, wehr euch und lass euch nicht überall abwimmeln. Wenn ihr euch von den Wildhütern oder zuständigen Ämtern «verarscht» fühlt, holt euch Hilfe – bei uns oder den regionalen Vereinigungen zum Schutz vor Grossraubtieren. Je besser wir als Tierhalter vernetzt sind und miteinander reden, desto besser können wir uns wehren.
Mit was für Chancen rechnet ihr bei einer Abstimmung?
Das kommt darauf an, wie sich die Wolfproblematik entwickelt. Wenn das neue Jagdgesetzt Entlastung und Erleichterung bringt, dann würden wir die Initiative zurückziehen. Bis ein Jahr vor der Abstimmung kann man die Initiative noch zurückziehen. Wichtig ist nun erstmal, dass die Unterschriften zusammen kommen. Bis eine Initiative zur Abstimmung kommt kann es nämlich zwei bis vier Jahre gehen. Das sind für betroffene Landwirte grosse Zeitfenster. Angenommen das Jagdgesetzt bringt nicht die gewünschte Entlastung, dann verlieren wir nicht wieder mehrere Jahre, um dagegen einzuwirken.
Braucht es die Initiative noch nach der Wolfsjagd im Dezember/Januar?
Ja, der Herdenschutz ist im Jagdgesetz immer noch massgebend und zuoberst verankert. Jedes Jahr wird in Sachen Herdenschutz mehr gefordert, immer ist der Tierhalter schuld, weil er seine Tiere angeblich nicht genügend schützt. Wenn der so genannte Grundschutz nicht erfüllt ist, darf ein Wolf, auch nach neuem Jagdgesetzt nicht geschossen werden. Problematisch finde ich auch die Einteilung der Wolfszonen und der Mindestrudel, die in diesen Zonen vorhanden sein müssen. Das führt meiner Meinung nach zu Problemen zwischen den Kantonen. Ich finde es ein Missstand, wenn deine Tiere angegriffen werden und du dich nicht wehren kannst.
Beweggründe für Initiative
- Alle Regionen in der Schweiz sind betroffen.
- Die Schäden werden grösser und unübersichtlicher.
- Nicht nur Tierhalter machen sich Sorgen bei diesem rasant wachsenden Wolfsbestand.
- Neben Schafen und Ziegen werden auch Esel, Ponys, Rinder und sogar Mutterkühe von Wölfen angegriffen.
- Der Wolf ist ein Fleischfresser und zeigt immer weniger Scheu.
- Die artgerechte Tierhaltung auf Weiden und im Offenstall ist gefährdet.
- Wildwechsel werden zerstört, wenn alles mit fünf und mehr Litzen gezäunt wird.
- Der Wolf hat keine natürliche Feinde.
- Immer mehr Lebensgrundlagen, Existenzen sind gefährdet.
- Die psychische Belastung für Tierhalter und ihre Familien ist enorm.
- Ein Verteidigungsschuss um Haus- und Nutztiere zu schützen soll straffrei sein.
Wie kann jeder die Initiative unterstützen, was muss beachtet werden?
Es gibt da eine einfache Rechnung: Wenn 1’000 Personen je 100 Unterschriften sammeln ist das Ziel erreicht. Jeder der sich vor nimmt 100 Unterschriften zu sammeln kann das gut und ohne finanziellen Aufwand erreichen. Wer kein Drucker hat, kann Unterschriftenblätter bei uns bestellen.
Wo kann gesammelt werden?
Bei Freunden und Verwandten, bei Nachbarn, beim Dorffest, bei einer Gemeindeversammlung oder auch einfach bei schönem Wetter im Naherholungsgebiet. Es gibt so viele Möglichkeiten.
Viele Leute haben keine Zeit Unterschriften sammeln zu gehen.
Keine Zeit? Wenn deine Tiere vom Wolf gerissen werden, fragt dich auch niemand ob du Zeit hast und trotzdem musst du dir die Zeit dafür nehmen. Ich persönlich bin sehr dankbar, dass unsere Tiere bis jetzt verschont worden sind und deshalb investiere ich gerne die Zeit, damit es möglichst so bleibt.
Bis wann kann man noch Unterschiften sammeln?
Die Sammelfrist endet am 2. November 2024. Das ist das letzte mögliche Datum wo wir die beglaubigten Unterschriften in Bern einreichen können. Da wir Zeit zum aussortieren und beglaubigen der Unterschriften benötigen, sollten die Unterschriftenblätter bis Sept. 24 bei uns sein.
Was gilt es zu beachten?
Auf der oberen Zeile: Kanton, PLZ, politische Gemeine bitte ausfüllen. Wir brauchen tägliche Zeit um herauszufinden woher die Unterschriften stammen, wenn nur Name und Strasse aufgeführt wird. Pro Blatt dürfen nur Personen der gleichen politischen Gemeinde drauf sein. Wir könne ein Blatt nur an eine Gemeinde senden, die anderen sind dann ungültig. Name und Strasse sollte nicht für andere Personen ausgefüllt werden. Wenn zweimal die gleiche Handschrift ist, ist die Unterschrift ungültig. Falls jemand nicht selbst schreiben kann: nehmt zwei Blätter, dann ist es nicht offensichtlich oder geht direkt zur Gemeinde.