Susanne Meier
Zum Potenzial zur Methansenkung extrudierter Leinsamen schwanken die Angaben. IP-Suisse hat die Fütterungsmassnahme ins Klima-Punktesystem aufgenommen, weil Lein weitere positive Effekte hat.
Mit dem neuen Punktesystem «Klima- und Ressourcenschutz» von IP-Suisse sollen die Betriebe die Emissionen von klimarelevanten Gasen wie Kohlendioxid, Methan oder Lachgas bis 2025 im Vergleich zu 2016 um 10 Prozent senken.
Ungesättigte Fettsäuren
Vorerst stehen den Produzenten 19 Massnahmen zur Verfügung, deren Klimaschutzeffekt durch Agroscope mittels Ökobilanzmethodik berechnet wurde. Eine der Massnahmen ist die Verfütterung von Leinsamen beim Rindvieh. Die Futterration der Kühe wird mit extrudierten Leinsamen ergänzt, was die Verdauung verbessern und den Methanausstoss reduzieren soll.
Breit untersucht Sarah Hofmann von IP-Suisse erklärt, weshalb die Wahl auf extrudierte Leinsamen gefallen ist: «Im Bereich von Fütterungsmassnahmen zur Senkung der Methanemissionen bei Wiederkäuern ist der Zusatz von fetthaltigen Futtermitteln eine breit untersuchte Methode mit guten Hinweisen auf deren Wirkung. Insbesondere Fette mit hohen Gehalten an ungesättigten Fettsäuren können eine Reduktion der Methanbildung bewirken. Das haben verschiedene Studien festgestellt.»
Grössere Mengen
Leinsamen als Fettquelle seien besonders im Fokus aufgrund ihres hohen Gehalts an Omega-3-Fettsäuren wegen den positiven Resultaten in Bezug auf die Methanreduktion: «In Studien zur Verfütterung extrudierter Leinsamen wurden Methanreduktionen von bis zu über 40 Prozent ermittelt, andere Quellen stufen 10 bis 25 Prozent Methanreduktion durch Fettzufütterung als realistisch ein.»
Laut Matthias Schick, Leiter Team Tierhaltung am Strickhof ZH, wird Methan insbesondere aus der fermentierbaren organischen Masse des Futters für Wiederkäuer gebildet. Höhere Kraftfuttergaben würden entsprechend die Methanproduktion senken. «Damit durch extrudierte Leinsamen eine deutliche Methanreduktion feststellbar ist, sind allerdings grössere Mengen von 10 bis 15 Prozent der Trockensubstanz an extrudierten Leinsamen nötig», betont er. «Dadurch werden dann allerdings auch die Milchfettsäuren positiv beeinflusst.» Das Methan-Reduktionspotenzial liege bei so hohen Gaben gemäss Literatur bei 5 bis 7 Prozent, so seine Angaben.
Für Hochleistungsbetriebe
Die Wirkungen seien allerdings schwankend, deshalb sichere Aussagen nicht möglich. «Für Hochleistungsbetriebe mit viel Kraftfuttereinsatz sind solche Fütterungsmassnahmen sicherlich interessant», bilanziert er. «Für Betriebe mit niedrigem Kraftfuttereinsatz wird es eher schwierig. Ebenfalls beachten muss man natürlich auch die Produktion respektive die Herkunft der Leinsamen.» Im IP-Suisse-Punktesystem ist allerdings keine Mindestmenge vorgegeben.
«Laut Literatur sollte der Fettgehalt der Futterration 6 Prozent nicht übersteigen, da sonst negative Effekte wie beispielsweise eine Abnahme des Futterverzehrs zu erwarten sind», betont Sarah Hofmann. Auch bei der Wahl der Futtermittel mit extrudierten Leinsamen gebe es keine Einschränkungen: «Vorausgesetzt, sie erfüllen die übergeordneten rechtlichen Anforderungen.»
Positiv für Gesundheit
Eine Futtermühle, die seit über 60 Jahren über ein Leinsaatprodukt für Wiederkäuer anbietet, ist die Melior. Allerdings sei dieses zuerst nicht dafür entwickelt worden, den Methanausstoss zu senken, betont Ueli Aeschbacher von der Melior: «Der Grund, weshalb wir seit langem Leinsaaten in ausgewählten Mischfuttern einsetzen, war ursprünglich die positive Gesundheitswirkung der Omega-3-Fettsäuren. Wenn gleichzeitig eine Methanreduktion einhergeht, ist das positiv.»
Melior beschäftigt sich intensiv mit der Weiterentwicklung in der Wiederkäuerfütterung. «Gesundheits- und Leistungsfaktoren in der Fütterung sind zentral, aber bereits heute gewinnen ressourcenschonende und emissionsmindernde Verfahren stetig an Bedeutung. Die Wissenschaft bestätigt die methansenkende Wirkung von Ölsaaten wie Leinsaat und Raps», so Aeschbacher.
Erweiterung denkbar
Wie steht es mit anderen Futterzusätzen? Laut Michael Kreuzer von der ETH konnte in Laborversuchen bereits eine Zulage von 2 Prozent Rotalgen zum Futter eine enorme Methansenkung bewirken: «Dies bestätigt sich beim Nutztier. Bei der Kuh wurden bis zu 55 Prozent Methanreduktion bei 0,5 Prozent Zulage erzielt.» Sarah Hofmann versichert, dass bei IP-Suisse die Türen für neue Futterzusätze mit methansenkender Wirkung keineswegs verschlossen sind: «Bereits seit längerer Zeit wird auf diesem Gebiet viel geforscht. Wir haben uns in unserem Punktesystem für den extrudierten Lein entschieden, weil wir uns da auf verlässliche wissenschaftliche Daten abstützen können.»
Ausserdem habe die Zufütterung von Lein Tradition. Fütterungsversuche hätten neben der positiven Wirkung auf das Klima auch eine bessere Fruchtbarkeit und einen geringeren Gewichtsverlust nach dem Kalben gezeigt. «Ausserdem wird damit das Fettsäureprofil der Milch verbessert. Selbstverständlich soll der Massnahmenkatalog laufend aufgrund neuer Erkenntnisse und Erfahrungen erweitert werden», führt Hofmann aus.