Nach den Blogs aus Neuseeland, von der Alp Meienfall im Diemtigtal und der Alp Pfidertschegg im Eriz, bloggt Esther Schneiter wieder auf www.schweizerbauer.ch. Nun aus ihrem Leben als Lehrerin und Landwirtin.
Wenn man sagen würde, es laufe nichts auf unserem Betrieb,
wäre dies völlig falsch. Mit Mist ausbringen, Stellvertretungen geben, Emd
einführen, zäunen, Kälber zügeln und vielem mehr sind die Tage vielseitig und spannend.
Glücklicherweise läuft (fast) alles gut und es gibt kaum etwas besonders zu
berichten.
Kalbesaison aufregen
Viel aufregender ist es jedoch bei den Geburten. Mittlerweilen
haben zehn Tiere ihr Junges zur Welt gebracht. Die Bilanz ist sehr gut: fünf
lebende Kuhkälber. Doch, wenn man genauer hinschaut, gibt es da schon einige
traurige oder erstaunliche Momentan. Von der ersten Geburt, es gab ein totes
Kuhkalb und das Rind gibt nur an drei Zitzen Milch, habe ich bereits berichtet.
Lauren, die Fleissige
Lauren ist ebenfalls ein Rind. Bereits zwei Wochen vor dem
errechneten Abkalbedatum, hatte sie ein grosses Euter und Kolostralmilch lief
ihr über die Beine. Als es nach drei Tagen immer noch nicht aufhörte und kein
Kalb da war, begannen wir sie zu melken. Eine ganze Woche produzierte die
fleissige Lauren bereits viel Milch, bis zu 28 Kilogramm pro Tag, bevor sie ein
gesundes Stierkalb zur Welt brachte.
Bruna die Traurige
Bruna ist unser Braun Swiss Rind. Wir mögen unterschiedliche
Rassen, und so kaufen wir jedes Jahr einen „Exoten“ in unsere Herde. In diesem
Winter wünschen wir uns ein Normande. Bruna ist erst am 24. Oktober neun Monate
trächtig und somit noch auf der Alp. Wir bemerkten, dass sie in den letzten
drei Tagen enorm viel Euter gebildet hat und sich gar etwas von der Herde
absondert.
So haben wir sie in die Weide der Galtkühe getrieben. Am nächsten
Tag lag direkt beim Weg ein totes Stierkalb, von Bruna. Glücklicherweise kalbte
sie bei der Strasse, ansonsten hätten wir es kaum bemerkt, dem Rind ist nichts
anzusehen. So zügelten wir noch am selben Abend das Rind nach Hause und
begannen mit Melken.
Herz vor Geldbörse
Mittlerweilen, fast eine Woche später, gibt sie schon vier
Liter pro Tag. Uns ist bewusst, dass sie wohl kaum jemals wieder „gewinnbringend“,
finanziell betrachtet, sein wird. Viel Milch wird sie in dieser „Laktation“
wohl nie geben.
Und bis sie zum nächsten Mal abkalbt, wir hoffen auf ein
gesundes Kalb, wird es noch ein Jahr geben, wo sie täglich Kosten mit sich
bringt. Uns ist auch bewusst, dass wir von unserem Betrieb leben und auf Gewinn
angewiesen sind. Dennoch entscheiden wir in diesem Fall nach dem Herzen und
nicht nach der Geldbörse und werden Bruna eine zweite Chance geben.
Caramel die Stolze
Alle Geburten sind wichtig und ein grosses Wunder, über da
wir uns immer wieder freuen und dankbar sind. Doch wenn die Geburt von unserer
Leitkuh Caramel ansteht, ist es etwas ganz besonderes. Vergangenen Sonntag war
es endlich soweit, unsere älteste Kuh will in die achte Laktation starten. Die
Freude ist kaum zu beschreiben, ein munteres Swindal-Kuhkalb wurde geboren. Wir
tauften es zu Ehren der letztjährigen Lehrtochter nach ihr, nämlich Ariane.
Biodiversität – nicht
überall!
Auch wenn bei uns im Kuhstall so viele Geburten anstehen,
haben wir Zeit um über den Tellerrand zu schauen. Auch uns ist der momentane
Biodiversitäts-Hype nicht entgangen. Und als Bio-Bauern leisten wir da unseren
Beitrag, sind froh, dass hier aufgeklärt wird und beispielsweise mit der
Mission-B auch „einfache Füdlibürger“ wertvolle Tipps erhalten.
Was ich aber
überhaupt nicht verstehen kann, ist die momentane Arbeit entlang unserer
Strassen. In mühsamer Arbeit werden alle Strassenränder von den fleissigen
orangen Helfern gemulcht. Jeder Halm muss weg, und das in einer Breite, soweit
der Lastwagen seinen Arm ausschwenken kann. Beispielsweise in Schwarzenegg ist
eine Ökowiese. Der Bauer liess dem Wegrand entlang die vorgeschriebenen zehn
Prozent stehen, nun wurden sie runtergemulcht.
Prioritäten setzen
Ich denke, es ist eine Frage der Priorität und der
Perfektion. Wir Schweizer müssen eben immer alles perfekt haben, da darf kein
Halm in die falsche Richtung schauen, und dies macht auch nicht vor dem
Strassenrand halt. Da geht die Migros mit einem anderen Beispiel voraus. Man
kann von ihr halten, was man will, dass sie den Rechtschreibfehler auf der
vorgedruckten Spinatpackung nicht korrigieren, finde ich cool.