Zum Jahreswechsel verabschiedet sich Litauen vom Litas und führt als dritter baltischer Staat den Euro ein. Die Regierung des Landes setzt auf die Vorteile der EU-Währung, die Bevölkerung fürchtet dagegen den «Teuro».
Der Euro-Countdown auf der Uhr über dem Eingang der Litauischen Zentralbank in Vilnius nähert sich dem Ende - zum Jahreswechsel sind die Stunden des Litas endgültig gezählt. Mit dem Silvesterfeuerwerk verabschiedet sich Litauen am Mittwoch um Mitternacht nach mehr als 20 Jahren von seiner nationalen Währung und führt als 19. EU-Land den Euro ein.
Finanzkrise setzte zu
Grünes Licht zum Beitritt Litauens zur Euro-Zone hatten die EU-Finanzminister im Sommer gegeben. Dabei handelte ist sich bereits um den zweite Anlauf des grössten der drei baltischen Staaten zur Einführung der Einheitswährung. Ursprünglich wollte das EU- und NATO-Land bereits 2007 den Euro übernehmen, scheiterte damals aber an einer leicht überhöhten Inflation.
Nach einem harten Sparkurs in der Finanzkrise, in der die Wirtschaft 2009 um fast 15 Prozent einbrach, erfüllt Litauen nun problemlos alle Kriterien. Die Ostseerepublik gehört inzwischen wieder zu den wachstumsstärksten Staaten in Europa, leidet aber unter den Folgen hoher Auswanderung. Es wird zu den ärmsten Ländern der Euro-Zone gehören.
Für Regierungschef Algirdas Butkevicius ist die Euro-Einführung aber nicht nur die «Garantie für wirtschaftliche Sicherheit, sondern auch eine Möglichkeit, die grössere finanzielle Stabilität in unserem Land fortzuführen». Angesichts des Ereignisse in der Ukraine gilt die Währung für die Ex-Sowjetrepublik zudem als sicherheitsrelevant.
Positive Auswirkungen auf Wirtschaft
Nach einer Analyse der Zentralbank wird sich der Euro positiv auf die Handelsbeziehungen, Investitionen und das Zinsniveau auswirken - ähnlich wie in den baltischen Nachbarstaaten. «Estland und Lettland haben von einem höheren Wirtschaftswachstum profitiert», verweist Finanzminister Rimantas Sadzius auf die Erfahrungen der beiden jungen Euro-Mitglieder, die bisher eine positive Bilanz ziehen.
Der grösste Impuls zum Aufschwung in den drei kleinen und offenen Volkswirtschaften kam vom Export. Litauen wickelt mehr als 60 Prozent seines Aussenhandels mit dem Ostseeraum ab. Während in der Unternehmenswelt die Einführung des Euro gemäss Umfragen eher begrüsst wird, ist in der Bevölkerung weniger Begeisterung zu spüren.
Angst vor höheren Preisen
Viele der drei Millionen Litauer fürchten vor allem steigende Preise, dass der Euro also zum «Teuro» wird. Zudem gilt der Litas als Symbol für die 1991 wiedererlangte Unabhängigkeit von der Sowjetunion. In einer Eurobarometer-Umfrage im September waren 49 Prozent der Litauer gegen und 47 Prozent für den Währungswechsel.
Die Regierung wirbt mit einer Informationskampagne für die europäische Gemeinschaftswährung. Bereits im Dezember brachte die Zentralbank 900'000 Starter-Kits in Umlauf, die je 23 Euromünzen im Wert von 11,58 Euro enthielten. Geprägt wurden sie in der staatlichen Münzanstalt. Die Banknoten für die Euro-Einführung leiht sich Litauen zunächst aus Deutschland.
Änderungen im EZB-Rat
Mit dem Währungswechsel in Litauen kommt es auch zu Änderungen beim Stimmrecht im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB). Bei geldpolitischen Entscheidungen tritt ein Rotationsprinzip in Kraft. Die einzelnen Vertreter der nationalen Notenbanken werden deshalb künftig alle fünf Monate im EZB-Rat ohne Stimmrecht sein.
Das grösste Land im Baltikum
Litauen ist das südlichste und grösste Land der drei baltischen Staaten. Wichtigster Handelspartner der katholisch geprägten Ostseerepublik mit knapp drei Millionen Einwohnern ist Russland.
Für die Schweiz ist Litauen kein bedeutender Handelspartner. Mit Exporten im Wert von 177,8 Mio. Fr. rangierte Litauen auf der von der Eidg. Zollverwaltung publizierten Liste der wichtigsten Handelspartner 2013 gerade einmal auf Rang 74. Und auch der Import aus Litauen spielt mit einem Volumen von 91,9 Mio. Fr. lediglich eine marginale Rolle für die Schweizer Wirtschaft.
Litauen, das zwar nicht einmal halb so viele Einwohner wie die Schweiz zählt, mit einer Fläche von 65'300 Quadratkilometern aber deutlich grösser ist, erklärte sich am 11. März 1990 als erste Sowjetrepublik für unabhängig. Seit 2004 ist das Land Mitglied von EU und NATO, 2015 wird es als 19. EU-Staat den Euro einführen. Mehr als ein Viertel der Einwohner zwischen 15 und 24 Jahren sind arbeitslos. sda