Mähdrescher und grosse Strohballen prägen zur Erntezeit das Landschaftsbild. Es gibt noch seltene Ausnahmen.
In Reih und Glied stehen sie da: Die Puppen aus Weizengarben etwas oberhalb der Oberwiler Dreschhütte, der ehemaligen Hütte der Standdreschmaschine. «Wir wollen an unserer traditionellen Sichlete am 15./16. August mit der alten Maschine dreschen. Dazu brauchen wir drei Fuder Garben auf den Eisenreifler-Wagen», sagt Kurt Kunz, OK-Präsident des Festes.
Einst Arbeitserleichterung
Eine echte Herausforderung für die Lieuse, den Fahr-Bindemäher aus den 1940er-Jahren mit Bodenantrieb und den 180er-Steyr mit Jahrgang 1950. Die Oldtimer gehören Werner Schwab und Sohn Roland Schwab. «Man weiss nie, wie lange wir das noch schaffen und man kann es der alten Maschine nicht verübeln, wenns ‹schoppet›», sagt Werner Schwab doppelbödig. Nach einigen Problemen mit Spannriemen, Antriebsrad, Fördertuch, Knoter und der Engelsgeduld von Roland Schwab tuckert das Gefährt übers Feld, mäht den Weizen, bindet die Garben und legt sie in schönen Reihen ab.
«Der Bindemäher, zuerst mit Bodenantrieb und später mit Zapfwellenantrieb, war eine riesige Arbeitserleichterung», sagt Alt-Bauer Ueli Otti. Der Weizen wurde vorher von Hand mit der Sense gemäht, dann zusammengelegt, gebunden, eine schwere Arbeit zu heisser Sommerzeit. Hinter der Lieuse blieb immer noch genug zu tun: die Garben zu Puppen aufstellen, später von Hand aufladen. Entweder wurde früher direkt in der Dreschhütte gedroschen oder nach dem Lagern im Haus kam die Dreschmaschine auf die Stör.
Erbe der Traditionen
Die Oberwiler Sichlete und das Frauentagsingen des Gemischten- und des Männerchors Oberwil gehören zum Unesco-Weltkulturerbe der Traditionen. «Einerseits sind wir stolz darauf, andererseits ist es auch eine Verpflichtung», sagt Vereinspräsident Peter Wyss. Eine aussergewöhnliche Gemeinschaft findet sich beim Lieuslen und Puppenstellen. Alle freuen sich nach schweisstreibender Arbeit auf einen Trunk aus der Mostflasche.
Sorgfältig sammeln die Sängerinnen und Sänger beim Mähen verloren gegangene Weizenähren zusammen. «Der Weizen ist dieses Jahr wunderschön», sagt Landwirt und Biobauer Daniel Otti. Er stellt sein Feld für das Mähen mit dem Bindemäher zur Verfügung. Kurz gespritztes Getreide aus konventionellem Landbau liesse sich nicht mehr so verarbeiten.
Die Bioweizensorte Wiwa von Züchter Peter Kunz überzeugt Otti. Er habe nicht daran geglaubt, dass die spezielle Züchtung für Biogetreide so nötig und wirkungsvoll sei. Der Weizen von Otti wird bis zur Sichlete in der Scheune gelagert, dann am Festsonntag gedroschen, später in der eigenen Mühle zu feinem Brotmehl gemahlen. Bauer Otti wird darauf bedacht sein, dass die Puppen zur richtigen Zeit in die Scheune kommen.