Die Nachfrage nach Pouletfleisch nimmt stetig zu.
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Die Bewohner der Schweiz essen immer mehr Geflügelfleisch. Um die Nachfrage decken zu können, wurde in den vergangenen Jahren einerseits die einheimische Produktion gesteigert, andererseits wurden die Einfuhren erhöht.
Produktivität massiv erhöht
Der Inlandanteil nimmt zwar stetig zu. 2010 wurde 50 Prozent des Pouletfleisch hierzulande produziert, der Wert ist nun auf 66 Prozent gestiegen. Doch nun könnte der Inlandanteil wieder sinken. «Wir laufen Gefahr, in der Schweiz in einen Versorgungsengpass hineinzulaufen. Denn die Nachfrage steigt schneller, als wir neue Ställe bauen können», sagte Adrian Waldvogel, Präsident des Schweizer Geflügelproduzentenverbands (SGP), zur «NZZ am Sonntag». Gemäss der Zeitung werden in der Schweiz 80 Millionen Hühner geschlachtet.
Um die Produktivität zu steigern, wurde in den vergangenen Jahren die Leerzeit in den Ställen gesenkt. Sie beträgt heute noch fünf Tage. Während dieser Zeit muss der Stall ausgeräumt und desinfiziert werden. Früher standen die Ställe noch zwischen 10 und 14 Tagen, bevor wieder Küken eingestallt wurden. «Diese Verkürzung bedeutet aber, dass auch samstags und sonntags und teilweise nachts gearbeitet wird», sagte Waldvogel weiter. Eine weitere Steigerung in den bestehenden Ställen sei nicht mehr möglich.
Die Verarbeiter suchen dringend neue Produzenten.
Gallo Suisse
Bell sucht intensiv nach Produzenten
Um die Inlandversorgung zu erhöhen, bräuchte es deshalb neue Ställe. Doch hier ortet Waldvogel ein Problem. Die Baukosten für neue Ställe seien stark gestiegen. Hinzu kämen Einsprachen und der Fachkräftemangel. Die Nachfrage nach Schweizer Poulet nimmt gemäss «NZZ am Sonntag» stetig zu. «Die Nachfrage nach Schweizer Poulet ist heute grösser als das Angebot. Deshalb suchen wir intensiv nach Landwirtinnen und Landwirten für die Pouletmast», sagte Bell zur Zeitung.
Der Wachstumsmarkt ist für Verarbeiter interessant. Bereits im Februar 2023 suchte die Coop-Tochter nach neuen Produzenten. Knospe-Produzenten wie auch BTS-Geflügelproduzenten (besonders tierfreundliche Stallhaltung» sind willkommen. Mit «guten Verdienstmöglichkeiten, tragbaren Investitionen, eine vergleichsweise moderate Arbeitsbelastung und jeder Menge Zukunftspotenzial» macht Bell den Bauern die Pouletmast schmackhaft. Derzeit hat die Coop-Tochter über 600 Produzenten unter Vertrag. Die Bell Food Group ist nach eigenen Angaben einer der grössten Anbieter von nachhaltigem Geflügelfleisch in Europa. Im Heimmarkt Schweiz, in Österreich und in Deutschland verfügt die Bell Food Group über eine integrierte Produktion. Das heisst, von der Brüterei bis zum genussfertigen Poulet kontrolliert die Coop-Tochter die gesamte Wertschöpfungskette.
Geflügel in der Schweiz
In der Schweiz werden pro Jahr mehr als 130'000 Tonnen Geflügelfleisch konsumiert. Dies entspricht rund 15 kg pro Kopf der Bevölkerung. Geflügelfleisch steht nach Schweinefleisch an zweiter Stelle. Rund 33 % des in der Schweiz konsumierten Geflügelfleisches wird aus dem Ausland importiert. Der grösste Teil an Importgeflügelfleisch wird gemäss SGP aus Brasilien, Ungarn, Frankreich und Deutschland bezogen. Die Inlandproduktion wird gemäss Verband fast ausschliesslich durch Produzenten der Micarna, Bell, Kneuss, Frifag und AEVI (Region Genf) sichergestellt. Rund 1100 Geflügelproduzenten sind Mitglied im 1999 gegründeten Verband. Die SGP vertreten die Interessen der Geflügelproduzenten gegenüber Politik, Markt, regionalen und nationalen Behörden, Organisationen und Konsumenten.
-> Mehr zur Geflügelhaltung und zu den Anforderungen gibt es auf der Seite des SGP
Import wird schwieriger
Die Nachfrage wird vor allem von der Generation Z getrieben, also den 15- bis 30-Jährigen. Zudem wurde Mitte September die Lebensmittelpyramide angepasst. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) empfiehlt hat den Fleischkonsum zwar auf maximal 360 Gramm Fleisch pro Woche gesenkt. In der Pyramide wurde aber das Steak durch eine Pouletbrust ersetzt.
Adrian Waldvogel ist Präsident der Geflügelproduzenten
zvg
Experten gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Pouletfleisch weiter zunehmen wird. Derzeit liegt der Pro-Kopf-Konsum bei knapp 15 Kilo. Doch die höhere Nachfrage könne nicht einfach durch Importe befriedigt werden, sagt Waldvogel. «Der Import aus den klassischen europäischen Exportländern wird schwieriger, da auch dort die eigene Nachfrage steigt und die erhöhten Tierschutzauflagen die Produktion bremsen», sagte Adrian Waldvogel zur «NZZ am Sonntag».