Was bedeutet Hintz und warum heisst jemand Kunz? Haben Sie sich auch schon gefragt, was Ihr Familiennamen bedeutete? Unsere Namenexpertin weiss Antworten. Mit dem Namen "Mahler" geht unsere Serie weiter.
Die
Familie Mahrer möchte gerne wissen, woher ihr Name kommt. Der Familienname
gehört zu den seltenen Namen und ist in der Schweiz nicht sehr weit verbreitet.
In Möhlin, Basel, Genf und Zürich ist der Name belegt, ursprünglich kommen aber
alle aus der Gemeinde Möhlin im Aargau. Der Name gibt es auch in einer anderen
Schreibvariante, nämlich «Marrer». Diese Namensform ist mehrheitlich im Kanton
Solothurn; dort in Boningen, Dulliken und der Stadt Solothurn vorherrschend,
kommt aber auch vereinzelt in Basel und Zürich vor. Der Familienname Mahrer
oder Marrer ist von der Berufsbezeichnung des «Marchers» abgeleitet.
Der Marchstein-Setzer
Ein
Marcher bezeichnet eine Person, die Marchsteine setzt. «March» leitet sich vom
althochdeutschen Wort „marc“ oder „marca“ ab, das Grenzscheide, Grenze oder
Zeichen meint. Während im Mittelalter zunächst natürliche Merkmale wie
etwa Felsstürze, Höhenzüge oder Wasserläufe einen Grenzverlauf bestimmten,
wurden dort, wo solche natürlichen Merkmale fehlten, Marchsteine gesetzt. Im
Laufe der Zeit wurden die Besitzverhältnisse komplexer und die Grenzen mussten
genauer abgesteckt werden. Den richtigen Verlauf dieser Marchsteine wurden von
den so genannten Gescheidsleuten überprüft. Sie bildeten gemeinsam ein
Marchgericht, das normalerweise dem Vogt unterstellt war.
Beim so genannten
Grenzuntergang wurden diese Marchsteine gehoben und die darunterliegenden
Zeichen, beispielsweise Tonscherben, Knochen oder Ziegelstücke, die den genauen
Standpunkt der Marchsteine festlegten, geprüft. Nur die Gescheidsleuten wussten
über diese Zeichen Bescheid und hüteten ihr Wissen wie ein Geheimnis. Der
Brauch des Banntages,
bei dem die Gemeindengrenzen abgeschritten und kontrolliert werden, geht auf
diese Zeit zurück. Ursprünglich war es Bürgerpflicht, regelmässig zu
kontrollieren, ob Grenzsteine verschoben wurden. Gleichzeitig wurde bis etwa
1529 vom Dorfpfarrer eine Flursegnung durchgeführt.
Nur der Familienname blieb übrig
Mit dem Aufkommen der
modernen Vermessung verlor dieser Brauch allmählich an Bedeutung und ging
verloren. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde diese Tradition in
vielen Gemeinden wiederentdeckt und zu einem Volksbrauch umgestaltet. Die
ursprüngliche Berufsbezeichnung des Grenzsteinsetzers lebt also nur noch im
Familiennamen Mahrer bzw. Marrer weiter.
Beatrice Hofmann-Wiggenhauser
Beatrice Hofmann-Wiggenhauser, aus Allschwil, ist Journalistin und Sprachwissenschaftlerin. Sie studierte Germanistik und Medienwissenschaften an den Universitäten Basel und Zürich und schrieb eine Dissertation zum Namengebrauch als immaterielles Kulturerbe. Zurzeit arbeitet sie an der Universität Basel in der Forschungsstelle Solothurnisches Orts- und Flurnamenbuch als Namenforscherin. Wenn sie nicht das Archiv nach historischen Namen durchstöbert, trifft man sie auf den solothurnischen Feldern und Äckern auf der Suche nach neuen Flurnamen.
Was bedeutet Ihr Name?
Möchten auch Sie wissen, was Ihr Familienname bedeutet? Senden Sie uns ein Mail mit dem Betreff «Familiennamen». Oder fragen Sie uns per Post: Schweizer Bauer, «Familiennamen», Dammweg 9, 3001 Bern. Die interessantesten Namn werden von Beatrice Hofmann-Wiggenhauser ausgewählt und auf schweizerbauer.ch besprochen.


